„Traded.“ – Jimmy Graham kommt nach Seattle

Die Nachricht kam überraschend, schlug ein wie eine Bombe und hallt noch immer nach: Tight End Jimmy Graham wird von den New Orleans Saints zu den Seattle Seahawks getraded. Alle relevanten Informationen zu dieser spektakulären Transaktion gibt es hier.

Die Konditionen:

Um den Trade besser analysieren zu können, darf dieser im Grunde genommen nicht als ein, sondern als zwei Trades betrachtet werden:

  • C Max Unger für einen Fourth-Round Pick
  • TE Jimmy Graham für einen First-Round Pick

In Person von Jimmy Graham erhält Seattle den wohl derzeit zweitbesten Tight End der NFL und gibt Quarterback Russell Wilson einen Go-To-Spieler, den er in seiner bisherigen NFL-Karriere noch nie hatte. Head Coach Pete Carroll schwärmt von seinem neuen TE: „Er hat eine so gute Präsenz auf dem Spielfeld, deshalb wirft man ihn an.“ Mit einer Größe von knapp über zwei Metern und 120 Kilogramm ist Graham der große Receiver, der vor allem bei 3rd Downs sowie in der Redzone sehr hilfreich sein kann. Mit seinen Maßen stellt er ein erhebliches Mismatch für die gegnerische Verteidigung dar.

Die Stats:

In den letzten vier Spielzeiten erzielte Graham mindestens 800 Receiving Yards pro Jahr und fing während dieser Zeit 46 Touchdowns. Zum Vergleich: John Carlson stellte 2008 mit 628 Receiving Yards in einer Saison den Franchise-Rekord der Seahawks für Tight Ends auf.

Eine schöne Statistik: Graham wurde neun Mal angeworfen, als sein Team an der gegnerischen 1-Yard Line stand. Acht Mal fing er einen Touchdown.

GrahamStats

Die Highlights:

Der Konflikt:

So weit, so gut. Aber es gibt auch Schattenseiten: Grahams Run Blocking ist unterdurchschnittlich, zudem wird ihm fehlende Toughness nachgesagt, worauf Pete Carroll direkt widersprach: Graham sei in New Orleans so oft angeworfen werden, dass er unglaublich viele Hits einstecken musste – deutlich mehr als viele andere Spieler. Dennoch verlor er kaum Bälle. Außerdem sei die Tatsache, dass er am College als Basketballer der beste Rebounder gewesen war, ein Beweis für Toughness, weil man keine Rebounds bekommt, wenn man nicht um den Ball kämpft.

Fraglich, wie Jimmy Graham in die Kultur des Teams passen wird. Vor dem Divisonal Playoff Game im Januar 2014 kam es während des Aufwärmens zum Disput zwischen Bruce Irvin und Jimmy Graham. Auch von Michael Bennett gab es nach besagtem Spiele keine freundlichen Worte in Richtung Jimmy:

Es bleibt abzuwarten, wie sich Graham ins Team integrieren wird.

Die Konsequenz:

Auf der einen Seite gewinnen die Seahawks eine wichtige Waffe für die Offense, auf der anderen Seite verlieren sie einen langjährigen Leader. Mit Max Unger verlässt nun auch der letzte Spieler das Team, der bereits vor der Carroll-Schneider-Ära in Seattle spielte.

Wenn wir auf die vergangenen zwei Spielzeiten zurückblicken, kommt Ungers Abschied aus Seattle gar nicht so überraschend. Verletzungsbedingt verpasste er bereits in der Super Bowl-Saison drei und in der zurückliegenden Runde zehn Spiele. Seine Verletzungsanfälligkeit sowie sein hoher Cap Hit ($6 Millionen) machten ihn zum Kandidaten für einen Trade. Dass es auch ohne Unger geht, zeigte das Team in der letzten Saison: Acht von zehn Spielen, in denen Unger fehlte, wurden gewonnen.

Max Unger was probably going to be a cap casualty, believe it or not. If you’re bringing in anybody that’s going to be a $6 million-plus player, one has to go, and Unger is one of the highest-paid centers, one of the best centers in the league. (John Clayton, ESPN)

Die Zukunft:

Der Nachfolger von Max Unger könnte sich mit Patrick Lewis bereits im aktuellen Kader befinden. Patrick Lewis startete unter anderem das Spiel in Arizona, in dem die Offense einen neuen Franichse Record für Total Yards (596) sowie Rushing Yards (267) aufstellte. Sicher kann sich Lewis aber nicht sein. Wie mehrere Quellen berichten, befindet sich Stefen Wisniewski derzeit in Seattle. Wisniewski spielte in den vergangenen vier Jahren für die Oakland Raiders. Da er sowohl Center als auch Guard spielen kann, ist er ein sehr interessanter Spieler für die Seahawks – insbesondere nach dem Abgang von O-Liner James Carpenter zu den New York Jets. Ob es zu einer Verpflichtung kommen wird, hängt viel von Wisniewskis Gehaltsforderungen ab. Sollte er einen ähnlichen Vertrag (5 Jahre, $44 Millionen) wie Rodney Hudson, der ihn in Oakland beerben wird, fordern, ist eine Verpflichtung eher unwahrscheinlich. Ein derartiges Arbeitspapier wird schwer unter die Salary Cap passen, vor allem wenn Russell Wilson und Bobby Wagner während dieser Offseason mit langfristigen Verträgen ausgestattet werden sollen.

Der Haken:

Der Haken muss gesucht werden, das gehört einfach dazu. Als Percy Harvin 2013 nach Seattle kam, war die Freude riesengroß. Als er ein paar Wochen später verletzt war, kam die erste Ernüchterung. Als er im Super Bowl XLVIII einen keinesfalls schlechten Kickoff noch in einen Touchdown verwandelte, feierten die Fans ihn und versprachen sich für die darauf folgende Saison große Taten von ihm. Als diese ausblieben und Harvin getraded wurde, zeigte sich das ganze Ausmaß des Experiments.

Was wir damit sagen wollen? Percy Harvin hatte eine schwierige Persönlichkeit, die nicht auf den ersten Blick zu erkennen war. Das werden wir Jimmy Graham nicht unterstellen, ohne ihn besser zu kennen. Doch in Betracht ziehen muss man es schon. Graham wurde in New Orleans verehrt, Graham dunkte gern nach einem Touchdown, auch wenn das Strafen für ihn und damit für sein Team bedeutete. Graham geriet vor einem Spiel in eine Auseinandersetzung mit Bruce Irvin.

Das muss alles nichts bedeuten, kann aber. Der Haken könnte vorhanden sein – oder auch nicht. Wir wollten es nur gesagt haben.

Die Reaktionen:

Zunächst wurde von vielen Fans befürchtet, dass Graham nicht glücklich sein würde über den Trade. In seinem Twitter-Profil änderte er den Status zunächst von „New Orleans Saints“ in ein trockenes „Traded“. Inzwischen steht an dieser Stelle jedoch „Seattle Seahawks“ und der Tight End hat sich in einem Conference Call mit Seahawks-Journalisten bereits sehr positiv über sein neues Team geäußert.

Max Unger verabschiedete sich derweil über Twitter von seinen Fans in Seattle:

Was die Seahawks-Spieler zum Graham-Unger-Trade sagten, sehr Ihr hier.

Der Song:

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird dieses Lied in New Orleans seit wenigen Tagen nicht mehr gesungen. Möglicherweise ist es an der Zeit für eine Neuauflage aus Seattle. Vorschläge?

Die Zahlen:

Der Graham-Trade hat auf die Salary Cap der Seahawks in diesem Jahr fast keine Auswirkungen. Seattle übernimmt seinen Vierjahresvertrag in Höhe von $40 Millionen. In diesem Jahr zählt er mit acht Millionen gegen die Gehaltsobergrenze. Durch den Abgang von Unger (4,5 Mio) sowie die Tatsache, dass Seattle (wahrscheinlich) keinen First-Round Pick aus dem diesjährigen Draft bezahlen werden müssen, spart das Front Office ungefähr die gleiche Summe ein.

Eine genaue Aufstellung der Kosten gibt es hier.

Das Fazit:

Ob sich dieser Trade auf lange Sicht als wertvoll erwiesen hat, wird sich erst in geraumer Zeit zeigen. Bis dahin kann man sich einzig und alleine mit einer Tatsachenanalyse begnügen:

Der Trade ist aus Sicht der Seahawks nachvollziehbar und sinnvoll. Mit Jimmy Graham erhält die Offense einen Big Play-Receiver und wird für die gegnerische Defense unberechenbarer. Zudem wissen Pete Carroll und General Manager John Schneider, was sie mit Graham bekommen und gehen nicht das Risiko ein, das ein Receiver in Runde eins des NFL Draft 2015 mit sich bringen würde. Der Abgang von Max Unger ist auf der anderen Seite bedauerlich aber verkraftbar – vor allem mit Blick auf seine Verletzungsakte und sein Gehalt.

Das Team hat sich verbessert ohne an finanziellem Spielraum zu verlieren. Dies ermöglicht John Schneider weitere punktuelle Verbesserungen in der laufenden Free Agency vorzunehmen. Es bleibt also weiter spannend in Seattle.


Abschließend noch ein paar interessante Links zur Person Jimmy Graham: