Seahawks-Draft Check 2024 – Die Offensive Line-Klasse unter der Lupe

Draft 2024 Offensive Line Troy Fautanu

© Alika Jenner/Getty Images

Lasst uns mit einem Sorgenkind der Seattle Seahawks beginnen, welches im Rückblick auf die Saison 2023 mit einem bildlichen Vergleich starten könnte, zum Beispiel mit einem Blick auf eine Käsetheke. Mit vielen Löchern versehen, ein ständig wechselndes Angebot und am Ende war mit der Auslage keiner so richtig zufrieden. Verletzungsbedingt musste das Team zu oft Lücken füllen, die durch die Ausfälle von T Charles Cross, T Abe Lucas oder anderen entstanden. Hier konnten in der Offseason mit den Verpflichtungen von Veteranen Tackle George Fant, C Nick Harris oder G Laken Tomlinson offensichtliche Nöte bedient werden, so dass man im kommenden Drafting nicht nur nach „Needs“ draften muss. Ein Blick auf die Klasse der Offensive Line 2024 lohnt aber dennoch, wie der Blick auf eine kleine Auswahl von verfügbaren Spielern zeigen soll.

Der neue starke Mann im Draft Room ist nach dem Abgang von „Legende“ Pete Carroll ohnehin GM John Schneider und dessen Strategie dürfte lauten: der beste verfügbare Spieler wird verpflichtet. Die Varianz an Offensive Linemen in diesem Jahr ist dennoch beachtlich, vor allem für die Teams, welche Offensive Tackle suchen oder auch einen Center. Für einen Guard wird man dieses Jahr wohl bis in Runde drei warten müssen in einem Draft, der doch eher im Zeichen der Quarterbacks steht. Starten wir dennoch mit einem Überblick und einer subjektiven Top fünf Auswahl, darunter vier Tackle und ein Center.

Troy Fautanu (23) Tackle, Washington

Was läge näher, als nähme OC Ryan Grubb seine ehemaligen Schützling Troy Fautanu erneut unter seine Fittiche? Fautanu, steigerte sich über die letzten Jahre kontinuierlich auf der Position des Left Tackle und kann durch seine Agilität auch der Position des Guards eingesetzt werden. 13 Spiele (bei 845 Snaps) standen für ihn letzte Saison zu Buche, bei welchen er je zwei Quarterback Hits und Sacks zuließ, sowie 15 Quarterback Hurries. Beachtlich seine Fähigkeiten in der Pass Protection, hier gewann er Duelle durch taktisches Umsetzen sowie proaktivem Handeln, das heißt er versetzte den Gegner durch eigenes Handeln in Zugzwang, statt „nur“ zu reagieren.

Stärken

Trotz seiner physischen Präsenz und starker Hände behielt er sich bei, durch agile Fußarbeit und schnelles Handeln zu glänzen und hatte auch großen Anteil daran, dass QB Michael Penix eine so starke Saison, insbesondere über die erzielten Yards via Pass spielte. Das ist, Stand jetzt, seine größte Stärke, denn Teams welche bevorzugt über das Passspiel agieren, hilft er von Tag eins an. Welch wendige Moves er vollziehen kann, trotz seines Gewichtes von 317 Pfund weiß er zu verdeutlichen:

Schwächen

Bedeute im Umkehrschluss, dass seine Fähigkeiten im Runblocking noch ausbaufähig sind. Durch seine vorschnelle Art des Handelns sieht er sich „strategisch“ eingestellten Runningbacks oft Nachteile gegenüber, welche seinen Spielstil lesen, bzw entschlüsseln. Spielt er also in einer „traditionellen“ Offensive Line muss er sowohl an seiner Technik, als auch seiner Geduld arbeiten. Geduld ist hier gefragt, wenn er die richtigen Coaches an seiner Seite hat.

Fazit zu Troy Fautanu:

Sollte Fautanu an Position 16 noch zu haben sein und John Schneider und co. sich gegen einen Pass – Rusher entscheiden, wäre der Tackle eine logische Wahl, denn Ryan Grubb (neuer OC) weiß, wie er seinen ehemaligen Schützling formen kann und konnte das gemeinsam bei den Huskies unter Beweis stellen. Mit des 23 Jahre Athleten, der auch als Volleyballer startete, ist in der Mitte der ersten Runde zu rechnen.

Joe Alt, Tackle (21), Notre Dame

Er gilt als DER Ausnahme Tackle dieses Jahrgangs und hat dies bereits eindrucksvoll unter Beweis gestellt: Joe Alt`s zwei aufeinanderfolgende Nominierungen in das „First All American Team“ standen für den Left Tackle zu Buche und dieser ließ im letzten Jahr nur zwei Sacks und fünf Pressures zu. Alt gilt als kompletter Tackle, sowohl in der Pass Protection, wie auch im Runblocking und seine Fähigkeiten in einem Wort zusammengefasst wäre: Dominanz. Dabei spielt er die Position des Tackles erst recht kurz, denn in der Vergangenheit spielte er noch als Tight End und war früher bereits als Basketballer aktiv. Dennoch blieb das Talent in der Familie, denn sein Vater John Alt spielte bereits bei den Kansas City Chiefs für 13 Jahre in der NFL.

Stärken

Seine Athletik, auch durch seine frühere Position des Tight Ends bedingt, verhilft ihm zu einer Explosivität und einer seltenen Gabe, rasch ergebende Fenster oder Spielsituationen, auch gegen flinke Edge Rusher schnell und effizient zu schließen und so zu einer Art Prototyp eines „Quarterback – Bodyguards“ zu reifen. Seine physische Präsenz hinterlässt ebenfalls Eindruck, was auch die Spannweite seiner Arme untermauert.

Schwächen

Kein Spieler kommt ohne Schwächen aus, so auch in diesem Falle: Joe Alt wird an seiner Technik arbeiten müssen, insbesondere den Händen im Run Blocking, hier lässt er trotz seines imposanten Auftrittes seinem Gegenüber zuviel Spielraum. Durch seinen postitionsbezogenen Wechsel von Tight End auf Tackle arbeitete er aber konsequent in den letzten Jahren an diesen technischen Fähigkeiten, um auch letzte Zweifel zu beseitigen.

Fazit zu Joe Alt

Wer einen Tackle in Runde eins, ggf. sogar recht früh holt, erntet selten Stürme der Begeisterung oder treibt Trikotverkäufe in die Höhe. Doch es wäre mehr als eine Überraschung wenn Alt nicht in den Top 10 vom Draftboard ginge. Ein realistisches Ziel wären die New York Giants oder die Los Angeles Chargers. Alt wird, wenn er konsequent die Technik verfeinert, zu einem DER Top Spieler auf seiner Postion werden, Gesundheit und Fom vorausgesetzt.

Olumuyiwa Fashanu (21), Tackle, Penn State

„Olu“ Fashanu startete seine Highschool Karriere in dereinst gemeinsam mit QB Caleb Williams, den viele als den Nummer eins Pick sehen und entschied sich gegen eine Basketball – Laufbahn und für die Position des Left Tackles, womit er in prominenter Runde im diesjährigen Draft ist. Bei Penn State startete er mit einigen Verletzungen in die College Karriere, was ihn aber nicht davon abhielt an seinem NFL Traum zu arbeiten. Fashanu kämpfte sich zu seinen Einsätzen und gewann insbesondere durch eine Fähigkeit die Aufmerksamkeit seiner Coaches, die so viele schätzen: Konstanz.

Stärken

Es sind zudem seine Instinkte, auf welche sich seine Mitspieler bei den Nittany Lions verlassen konnten. Fashanu gewann zusätzlich durch präzise Fußarbeit und die (angeborene) Fähigkeit, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Mit Fashanu bekommt man einen kompletten Spieler, der nicht „nur“ durch physische Präsenz oder Schnelligkeit dominiert, aber bereits jetzt ein ziemlich kompletter Spieler ist, der vielen Teams auf Anhieb weiterhelfen wird.

Schwächen

Seine physische Präsenz wird als „gut“ aber nicht „großartig“ gesehen, was ihn insbesondere im Runblocking immer limitieren wird. Begegnet man ihm jedoch mit jener Aggressivität im Spiel, so lässt er sich davon durchaus beeindrucken und manchmal sogar aus der Bahn werfen. Auf seine Fähigkeiten wird er sich also entweder mehr verlassen müssen oder dem rauen Wind in der NFL entsprechend antworten.

Fazit zu Olumuyiwa Fashanu

Fashanu wird durch seine Instinkte immer die Pocket zu verteidigen wissen und gewinnt durch seine Athletik die entscheidenden Duelle als Left Tackle. Es ist die Kombination aus vorhandenen Fähigkeiten und (zu entwickelndem) Potential, welches ihm zu einem sicheren Pick zwischen Position zehn und zwanzig macht.

Jackson Powers – Johnson (21), Center, Oregon

Er gilt als der beste Center seines Jahrgangs und bildete mit QB Bo Nix für die Oregon Ducks ein famoses Duo: Jackson Powers – Johnson, der vier Sterne Rekrut krönte seine starke Saison in Portland mit dem Gewinn der „Rimington Trophy“ für den besten Center seiner Altersklasse im College. (Damit ist er direkter Nachfolger von Seattles Olusegun Oluwatimi)

Stärken

Schnelligkeit, gepaart mit Agilität und flüssige Bewegungen, insbesondere im Runblocking. Für einen Center spielt er aber nicht nur mit starken Händen und physischer Kraft, sondern weiß auch unter Druck seinen Mitspielern in engen Spielsituationen Halt zu geben. In seine direkten Mitspieler weiß er sich durchaus hineinzuversetzen, denn in der Highschool spielte er sowohl in der offensiven, wie auch der defensiven Front und legte sich erste 2022 endgültig auf die O-Line fest. Eine Demonstration von Kraft und Power konnten seine Gegenüber auch am eigenen Leibe spüren:

Schwächen

Durch mangelnde Fußarbeit verliert er durchaus manchmal die Balance, insbesondere wenn Stabilität gefragt ist. Es kommt auch vor, dass der junge Center zu forsch agiert und dadurch Löcher reißt, die der Pass Protection nicht gerade zuträglich sind. Hier steht ihm seine späte Festlegung auf die finale Position dann auch mal als Hindernis im Wege.

Fazit zu Jackson Powers – Johnson

Ein mehr als solider Mix aus Kraft, Technik und Athletik verhalfen dem 21 Jahre alten Center aus Oregon dazu, im letzten Jahr der etatmäßige Starter der Ducks zu werden und verhalf ihm dazu, der am Besten bewertete Center seines Jahrgangs zu sein. Die durchaus starke Saison von Oregons Quarterback Bo Nix hat sicher auch mit der Performance von Powers – Johnson zu tun und so tippen ihnen viele Experten als späten Pick der ersten Runde, was durchaus realistisch scheint.

JC Latham (21), Tackle, Alabama

Der „Außenseiter“ in der heute vorgestellten Riege der Offensive Line. Warum? Weil JC Latham entgegen seinen Vorgängern durchgängig auf der Position des Right Tackle agierte. Auf der Highschool pendelte der fünf Sterne Rekrut noch zwischen Offensive Line und Defensive End, doch seit 2022 war er bei „Bama“ gesetzt und dominierte mit seinen Team Kollegen die Line of Scrimmage.

Stärken

Den Wechsel von Guard zum Right Tackle konnte Latham überzeugend vollziehen und galt seither als sichere Bank. In der Saison 2022 ließen er und seine Kollegen in zwölf Spielen nicht einen Quarterback Sack zu. Diesen Wert wiederholte er noch ein Jahr später in dann sogar 13 Spielen. Die Stärke Latham`s in einem Wort beschrieben wäre: Effektivität.

Schwächen

In der Pocket war sein Quarterback zuletzt auch angreifbar, denn Latham  gegen den Bull Rush zeigte er sich durchaus verwundbar. Auch an seiner Disziplin galt es zuletzt zu arbeiten, doch ist der 21 Jahre alte Tackle durchaus in der Lage an seinen Fähigkeiten zu feilen. Dies bewies er an einem der besten Colleges der Liga durchaus eindrucksvoll und nachhaltig. Doch Masse und Größe alleine entscheiden nicht über ein Footballspieler, so muss Latham noch an seiner Fußarbeit werkeln.

Fazit zu JC Latham:

Körper, Statur, Spiel. Latham steht in Vielem für den Prototyp dessen, was Scouts in der heutigen NFL suchen. Mit seiner Präsenz und Physis sehen ihn viele Experten sicher in der ersten Runde. Tip in diesem Falle: um Position 20 herum geht der Right Tackle vom Board.

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