Seahawks Fashion Files – Alles Retro, oder was?

Retro Jersey Seahawks

Foto: Rod Mar/Seattle Seahawks

Ein Seahawks-Trikot im Retro-Look? Ja, das geht! Zumindest, wenn man auf die Ränge des Lumen Field schaut. Dort tragen schließlich viele 12s das ikonische, königsblaue Jersey mit dem grün akzentuierten Logo. Auf Spielerseite sieht das aber ganz anders aus. Seit dem Ende der NFL-Saison 2001 wurde der Dress, den Steve Largent und seine Kollegen seit Mitte der 1970er-Jahre auf dem Feld trugen, nicht mehr von Seattles Spielern getragen. Zumindest nicht auf dem Rasen:

Dabei ist es schon länger ein offenes Geheimnis, dass der Wille der Verantwortlichen im Pacific Northwest durchaus da ist, die alten Trikots wieder aus dem Schrank zu holen. Einziges Hindernis wie so oft: Roger Goodell. Gut, das mag jetzt etwas übertrieben sein. Aber auf jeden Fall verhindert die Liga aktuell noch den temporären Trikotwechsel, nicht nur in Seattle. Der Grund: die „One-Helmet-Rule“. Und wer sich jetzt fragt: Was hat bitte der Helm mit dem Trikot zu tun? Für den wollen wir an dieser Stelle etwas Aufklärung betreiben und auch ein wenig Hoffnung machen.

Das Problem der Seahawks mit der „Ein-Helm-Regel“

Die besagte Regel kam im Jahr 2013 ans Tageslicht. Kurz zuvor hatten die Tampa Bay Buccaneers verkündet, dass sie nicht wie geplant ihre orangen Retro-Trikots bei einem Regular-Season-Spiel tragen würden. Das Problem dabei war der weiße Helm, der Teil des traditionellen Dresses ist. Den hätten die Spieler statt des angestammten grauen Models, das zu den damals aktuellen Trikots gehörte, auf dem Feld getragen. Doch die NFL zog dem Plan des Teams aus Florida schnell den Stecker, indem man die offenbar heimlich still und leise eingeführte „One-Helmet-Rule“ präsentierte.

Zuvor war die von zwei Sicherheitskomitees, dem „Head, Neck and Spine Committee“ und dem „Player Safety Advisory Panel“, empfohlen worden. Die Experten argumentierten dabei, dass die Anzahl der Helme, die ein Spieler während der Saison tragen könnte, auf einen limitiert werden müsste. So seien neue Helme, die gerade frisch aus der Verpackung kämen, unsicher, bevor sie nicht über einen längeren Zeitraum in Benutzung waren. Sprich vom Spieler im Training oder eben auf dem Feld „eingetragen“ worden wären.

Nachdem die Liga bereits im Jahr 2002 Jerseys aus vergangenen Zeiten auf dem Feld erlaubt hatte, nutzten einige Teams das in der Folgezeit immer wieder aus. So ist es mittlerweile fast schon Standard, dass die Chicago Bears, die Green Bay Packers oder auch die Pittsburgh Steelers regelmäßig ihre Retro-Trikots auf dem Spielfeld tragen. Schließlich haben sie bis jetzt nicht ihre Helmfarbe geändert. So spielen zum Beispiel die Steelers ab und zu in den wenig beliebten „Bumblebee“-Trikots, die das Team schon 1934 trug. Und dazu trugen sie damals wie heute eben auch den schwarzen Kopfschutz:

Und genau an dieser Stelle steht ein Team wie die Seahawks eben auf dem Schlauch. Denn während Russell Wilson, Bobby Wagner und Co. im Jahr 2021 den farblich passenden Helm zu marineblauen Trikots tragen, lief Steve Largent in den 70er- und 80er-Jahren zwar in Königsblau auf. Allerdings trug er dabei einen silbernen Helm…

Die Trikot-Geschichte der Seattle Seahawks

In ihrer Premierensaison im Jahr 1976 trugen die Seahawks das Trikot, das heute als „Retro“ angesehen wird. Neben den königsblauen Heimtrikots mit weißen Nummern gab es ein Auswärtstrikot, das dabei insofern gleich war, als dass es eine weiße Grundfarbe und blaue Nummern hatte. Dazu trugen die Spieler graue Hosen und die besagten grauen Helme mit dem charakteristischen Fischadlerkopf-Logo. Das (für alle Freunde von unnützem Wissen) der traditionellen Kunst der indigenen Ureinwohner von British Columbia – den Kwakwaka’wakw – nachempfunden wurde.

Im Prinzip blieb dieser Dress so 25 Jahre lang bestehen. Ab 1983 wurde das Teamlogo auch in die Streifen auf den Ärmeln integriert, während die seitlichen Trikotnummern auf die Schulter wanderten. Dazu wurde die Farbe der Gesichtsgitter von Grau zu Blau geändert, die Stutzen verloren ihre Streifen und wurden stattdessen Königsblau und Weiß. Eine Kombination, von der auch Russell Wilson träumt sie einmal auf dem Rasen tragen zu dürfen:

Der große Trikot-Umbruch kam dann für die Seahawks und die gesamte Liga im Jahr 2002. Hier trat ein neuer Ausrüstervertrag mit Reebok in Kraft, im Zuge dessen auch die Jerseys in Seattle komplett umgestaltet wurden. Doch nicht nur das. Auch das Teamlogo wurde redesigned und sieht seitdem (mit Ausnahme des linken unteren Abschnitts, der bis 2011 hellblau statt grau war) so aus, wie es die Fans weltweit heute kennen. Bei Heimspielen lief Seattle von nun an in „Seahawks Blue“ (Trikots wie Hosen) auf. Ärmel und Stutzen wurden in einem dunkleren „Seahawks Navy“ gehalten. Auf ewig sind diese Jerseys im folgenden Spielzug festgehalten:

Die Auswärtstrikots blieben dagegen weiß, ihre Ärmel wurden aber „Seahawks Blue“, während die Hosen ebenfalls in Weiß gehalten waren. Dazu wurden die Helme noch farblich an die neuen Heimtrikots angepasst. So entschieden es nämlich die 12s in einer Fan-Umfrage. Die letzte Erweiterung des Kleider-Kaders dieser Ära folgte dann 2009. Hier liefen die Seahawks zum ersten Mal in der Franchsie-Geschichte in „Lime Green“ und damit in einem Alternate-Trikot auf. Der Grund: Mit dem neuen Look wollte man einen Gruß an das zwei Jahre zuvor gegründete Schwester-Team Seattle Sounders FC aus der Major League Soccer (MLS) schicken, das in den gleichen Farben auflief.

Im Anschluss daran gilt der Trikot-technische Status Quo in Seattle nun seit 2012. Auch hier wechselte der ligaweite Ausrüster. Diesmal zu Nike, was auch die Seahawks zum Anlass nahmen ihre Kleiderkammer zu entrümpeln. Bei Auftritten im heutigen Lumen Field kommen dabei Trikots in der Farbe „College Navy“ zum Einsatz, die mit Elementen in „Wolf Grey“ und „Action Green“ ergänzt werden. Entlang der Nackenlinie und an den Seiten der farblich zum Jersey passenden Hosen sind stilisierte Federn aufgedruckt. Wer nachzählt, wird natürlich jeweils genau auf zwölf kommen, als Hommage an die 12s. Die Auswärtstrikots, in denen das Team Super Bowl XLVIII gewann, sind in Weiß gehalten und werden durch Elemente in „College Navy“ ergänzt.

Dazu gibt es mittlerweile zwei Alternativ-Trikots. Einmal das bei den Fans extrem unbeliebte Exemplar in „Wolf Grey“, zu dem es auch passende Hosen gibt. Und als die NFL im Jahr 2016 jedem Team ein Color-Rush-Outfit erlaubte, entschlossen sich die Trikot-Designer bei den Seahawks für einen Dress, der komplett – Trikots, Hosen und Stutzen – in „Action Green“ gehalten ist.

Das Seahawks-Trikot der Zukunft – Retro und Hightech

Wenn es nach dem Regelbuch der NFL geht, dann sind die Seahawks im Jahr 2021 fast schon überfällig, was neue Trikots angeht. Vorgabe der Liga ist, dass die Jerseys nach einem Design-Wechsel mindestens fünf Jahre lang so getragen werden müssen. Pflicht ist das aber nicht. Sprich: Wenn man in Seattle wollte, hätte man schon seit 2017 die Möglichkeit dazu gehabt neue Kleider zu tragen. Stattdessen gab’s bislang nur kleinere Anpassungen. Eine der Antworten auf das „Warum“ liegt schlicht in der Tatsache, dass die aktuellen Trikots einfach zeitlos sind und auch nach zehn Jahren zeitgemäß aussehen. Ein anderer dürfte sein, dass man sich einfach alle Optionen offen halten will.

Denn hier sind wir wieder bei der ominösen „One-Helmet-Rule“ angekommen. Die steht nämlich seit einigen Jahren offenbar auf der Kippe. So hat selbst die NFL in der jüngeren Vergangenheit schon vage angekündigt, dass man über Veränderungen des Regelwerks nachdenke. Vor einem Jahr wurde deshalb heiß spekuliert, ob die Regel schon 2021 fallen könnte. Doch das dementierte ein Liga-Sprecher schnell. Ganz aus der Welt reden wollte er das Thema aber auch nicht. So werden sogar brandaktuell weiter Schritte besprochen:

Für die Seahawks würde das bedeuten, dass sie beim Trikot für den Steve-Largent-Retro-Look nicht nur ihre dunkelblauen Helme grau umlackieren dürften. Auch Schwarz könnte hier eine Option sein. Zumindest wenn es nach einem von Seattles absoluten Führungsspielern – auch in Sachen Mode – geht:

Diese Idee von einem aggressiven, komplett schwarzen High­tech-Look, die Bobby Wagner 2020 bei einer Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel gegen die Arizona Cardinals fast schon bettelnd den Trikotmachern bei Nike präsentierte, kam auch bei den Fans bestens an. Denn wer kann (wenn wir alle mal ehrlich sind) schon dem Gedanken widerstehen, die Nummer 54 der Seahawks einmal im gefühlten Darth-Vader-Outfit über den Platz jagen zu sehen?

Cover-Foto: Rod Mar

Die Bilanz der Seahawks in allen Farbkombinationen.