Ravens vs. Seahawks oder „Battle of the Birds“. So lautete die Aufgabe für Seattle in Week 9 der NFL-Saison 2023. Und nach dem hart erkämpften Heimsieg gegen die Cleveland Browns in der Vorwoche stand jetzt am Sonntag erneut eine Reise an die US-Ostküste nach Baltimore an. Im frühen Timeslot mit Kickoff um 19 Uhr präsentierte sich das Team von Head Coach Pete Carroll in der Vergangenheit traditionell hellwach. Doch die Ravens, mit einer der besten Defenses der NFL und QB Lamar Jackson, legen die Latte als Gegner hier sehr hoch.

Für die Seahawks, die die Tabelle der NFC West und damit die eigene Division vor der Partie gegen die Baltimore Ravens erstmals im Jahr 2023 anführten, kam dieser Test zur richtigen Zeit. Schließlich wartet auf QB Geno Smith, LB Bobby Wagner und Co. im November mit Spielen in LA, in Dallas, gegen Philadelphia und zweimal gegen die 49ers ein wahres Mammutprogramm. Ob Seattle der Start in diese Wochen der Wahrheit in Bezug auf die eigenen Ambitionen zum Ende der Regular Season gelungen ist, verraten wir Euch im folgenden Recap …

Der Spielverlauf:

Die Hauptdarsteller:

QB Geno Smith: Es war das vierte Spiel in Folge, in dem Smith mindestens eine Interception warf. Insgesamt liest sich seine Statistik mit 13 angekommenen Pässen bei 28 Versuchen für 157 Yards und einem Quarterback Rating von 49,3 an diesem Sonntag alles andere als gut. Natürlich beginnt die Beurteilung der Offense-Leistung immer beim Quarterback, aber Football ist eben ein Mannschaftssport und gegen die Ravens wurde Geno Smith zum ersten Mal in dieser Saison von seiner Pass Protection und seinem Offensive Coordinator wirklich im Stich gelassen (siehe unten).

DE Boye Mafe: Ja, die Seahawks haben im Jahr 2023 tatsächlich einen Pass Rush. Gegen die Ravens reichte es zwar nur zu einem Sack, aber Mafe stellte damit einen neuen Franchise-Rekord auf. Denn seit 1976 hatte noch nie ein Seattle-Verteidiger in sechs aufeinanderfolgenden Spielen mindestens einen Quarterback-Takedown. Und in Baltimore lieferte Boye Mafe auch noch den Strip-Sack und eroberte selbst den Fumble von Lamar Jackson.

O-Line: Die meisten Bodyguards von Geno Smith waren seit Saisonbeginn immer wieder verletzt, so dass die Seahawks sogar den 41-jährigen OT Jason Peters aus der Halbrente holen mussten. Und nachdem sich die O-Line sieben Spiele lang, auch dank des hervorragenden Coachings von Andy Dickerson und seinem Staff, weitgehend wacker geschlagen hatte, ging es gegen die Ravens steil bergab. Konstanter Druck auf Geno Smith, der am Ende zu drei Sacks, einem Strip Sack, vier Quarterback-Hits und sieben abgewehrten Pässen führte, zeigte, dass die Pass Protection ihren Quarterback zum ersten Mal in dieser Saison im Stich ließ.

Die Nebendarsteller:

Ehrenvolle Erwähnung: P Michael Dickson hatte einen arbeitsreichen Tag. Er musste siebenmal für 320 Yards und einer durchschnittlichen Puntdistanz von 45,7 Yards punten, was weiter karriereübergreifend den besten Durchschnitt für einen Punter in der Geschichte der NFL bedeutet! WR Jaxon Smith-Njigba ließ zu Beginn des Spiels direkt einen Ball fallen, fing er am Ende alle weiteren fünf Bälle, die ihm zugespielt wurden, für 63 Yards. Damit war er Seattles bester Receiver an diesem Nachmittag.

Stets bemüht: K Jason Myers verschoss seinen letzten Kick in Week 4 gegen die Giants. Seitdem hat Myers alle seine 16 Kicks (Fieldgoals und Extrapunkte) versenkt, so auch gegen die Ravens. WR DK Metcalf bekam nach 14 Anspielen gegen die Browns vor einer Woche am Sonntag nur vier. Drei davon konnte er nicht fangen, aber einen für einen tollen Catch and Run über 50 Yards.

Meh: Seahawks-Offensive Coordinator Shane Waldron muss mit seinem Playdesign dafür sorgen, dass seine Offense um Geno Smith auch gegen eine überragende Defense wie die der Ravens mehr als drei Punkte erzielt. Aber mit 185 Offensiv-Yards in Baltimore kommt man in der NFL nicht weit. Die Seahawks-Run Defense war nach dem letzten Jahr die größte Sorge der 12s, die sich fragten, ob die Defense der Seahawks in der neuen Saison endlich den Lauf stoppen konnte. Doch 2023 waren nur wenige Units in der NFL in diesem Bereich besser als die aus Seattle, bis die Ravens ihnen am Sonntag 298 Rushing Yards einschenkten!

Die Highlights:

Boye Mafe, meine Damen und Herren. Strip-Sack und Fumble gesichert!

Irgendwann ist DK Metcalf dann selbst für die Monster-Defense der Ravens nicht mehr zu halten.

Odell Beckham konnte den Ball gegen Tre Brown nicht festhalten und Bobby Wagner sicherte das Lederei.

Die Randnotizen:

Die Verletzten:

LB DeeJay Dallas verletzte sich in Punt-Coverage an der Schulter und musste behandelt werden. Wie es um ihn steht, konnte Pete Carroll nach dem Spiel noch nicht sagen.

LB Jordyn Brooks fasste sich beim Aufstehen nach einem Tackling ans Knie und lief zur Seitenlinie, war aber nach wenigen Snaps wieder auf dem Feld.

LB Drake Thomas fuhr es nach einem Tackling im vierten Viertel in die Wade und er musste an die Seitenlinie humpeln.

DE Derick Hall blieb im vierten Viertel länger am Boden liegen und wurde dort auch behandelt, nachdem ihm ein Mitspieler auf den Oberkörper gefallen war. Er musste schließlich von den Physiotherapeuten auf die Bank gebracht werden.

Das Zitat:

„Yeah, I’m concerned about it.“ – Seahawks-Cheftrainer Pete Carroll auf die Frage, wie er die wiederkehrenden Interceptions von Geno Smith einordnet.

Der Tweet:

Ja, nach dieser Niederlage benötigten wir 12s durchgängig etwas Zuspruch …

Das Fazit:

Diese Standortbestimmung war eindeutig. Gegen eines der besten und komplettesten Teams der NFL wurden die Seattle Seahawks am Sonntag in Baltimore auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Die Ravens zeigten der jungen Truppe vom Puget Sound, dass sie 2023 zwar um die Playoffs mitspielen können, aber nicht um mehr. Denn egal ob in der Offense oder in der Defense, Lamar Jackson und Co. rieben Seattle ihre Überlegenheit deutlich unter die Nase.

Den Kopf in den Sand zu stecken, haben die Seahawks nach dieser verdienten Klatsche aber auch nicht nötig. Schließlich steht das Team zur Halbzeit der Regular Season mit einer Bilanz von 5 Siegen und 3 Niederlagen gemeinsam mit den 49ers an der Spitze der NFC West. Noch ist also nichts verloren, aber es gilt nun zu erkennen, wie weit man leistungsmäßig noch von den Super Bowl-Anwärtern der NFL entfernt ist. Diese Erkenntnisse müssen von Spielern und Coaches genutzt werden, um sich für den Rest der Saison wieder aufzurichten. Es wird also ein sehr harter „Tell the truth-Monday“ – also „Sag die Wahrheit-Montag“ – in der Analyse morgen im VMAC.

Ausblick: In Week 10 empfangen die Seahawks am 12. November 2023 um 22.25 Uhr die Washington Commanders.