Nachdem Seattle sich in den ersten Runden bereits auf zahlreichen Positionen verstärken konnte, war in der fünften Runde nun nach Elijah Arroyo ein zweiter Tight End an der Reihe. Auch Drittrundenpick Jalen Milroe freute sich sichtbar, in Zukunft einen Mann an seiner Seite zu haben, auf den er noch vor wenigen Monaten erfolgreich Touchdown-Pässe geworfen hatte: Robbie Ouzts von der Alabama Crimson Tide wurde an Position 175 im diesjährigen Draft von den Seahawks ausgewählt.

Recht schnell nach dem Pick zeigte sich: Ouzts mag vielleicht in Alabama Tight End gespielt und zum Ende seiner vier Jahre dort auch den einen oder anderen Ball gefangen haben – in Seattle kann man ihn sich allerdings auch als Fullback vorstellen. Eine essenzielle Position im System des neuen Offensive Coordinators Klint Kubiak. Denn der deutete schon in seinen ersten Interviews an, dass er dies auch in Seattle fortsetzen und notfalls auch Tight Ends als Fullbacks einsetzen möchte – genau das scheint jetzt zu passieren.

Die Mehrzahl seiner Snaps bei Alabama spielte Ouzts als Run Blocker, meist in Sets als sechster Offensive Lineman oder blockender Tight End. Zusätzlich spielte er verschiedene Pass-Sets und wurde auch als Route Runner eingesetzt. Auch in den Special Teams konnte er in verschiedenen Coverage-Rollen ausprobiert werden. In Alabama war er als „Schweizer Taschenmesser“ bekannt. Doch wer ist denn Robbie Ouzts genau?

In der Rubrik „See A Hawk“ stellen wir in unregelmäßigen Abständen Spieler der Seattle Seahawks – oftmals Draft-Neuzugänge – etwas genauer vor.

Robbie Ouzts, Fullback

Kurzinfos:

College-Statistiken (2024):

Werdegang von Robbie Ouzts

Ouzts wuchs in South Carolina auf und ging dort in Rock Hill zur Highschool. Er spielte Basketball als Power Forward und wurde Drei-Sterne-Rekrut, als er von der Schule zum College wechselte. Er wählte dort die Alabama Crimson Tide und mit Tuscaloosa eine Stadt, die nur 700 km von seiner Heimat entfernt ist – für die USA ist das gewissermaßen „um die Ecke“.

Der Tight End schloss sich damit dem über Jahre extrem erfolgreichen Trainergespann um Nick Saban an und spielte mit der Crimson Tide von Anfang an um Titel in der SEC und NCAA. In allen vier Jahren im College spielte er meist von Beginn an, wurde dabei aber weniger auf Skill-Rollen eingesetzt. Vermehrt durfte er nämlich als Blocker sowie Special Teamer ran, und so fing Ouzts in den vier Jahren am College insgesamt nur 16 Pässe für unter 200 Yards mit drei Touchdowns. Dennoch wurde er von seinem späteren Head Coach Kalen DeBoer immer über die Maßen gelobt.

Sein Draft-Profil sieht ihn nicht als besonders produktiven Receiver, sondern eher als hart-arbeitenden Blocker, der in vielerlei Hinsicht anderes Produktives zum Gelingen beigetragen hat. Egal, ob Line Blocking als zusätzlicher O-Liner oder als Fullback – Robbie Ouzts überzeugt durch eine gute Blocking Base und physischen Willen. Von den Scouts erhält er eine Bewertung von 5.86 und ist damit lauf NFL NextGen Stats in der Lage, ein durchschnittlicher Backup oder Special Teamer zu werden.

Videoanalyse zu Robbie Ouzts

In der fünften Runde ist es manchmal schon schwer, überhaupt Videomaterial zu den Picks zu finden, was bei einem großen College wie der Alabama Crimson Tide natürlich nicht der Fall ist. Speziell bei Robbie Ouzts ist es allerdings schwierig, Bewegtbilder von ihm als Fullback zu finden, einfach weil er diese Position nur sporadisch gespielt hat.

Das Highlight-Video aus seinem Senior-Jahr am College zeigt zwar sämtliche Catches und Touchdowns, die er hatte, ist als Bewertungskriterium aber komplett nutzlos. Eben weil er in der NFL wohl selten so frei geschemed werden kann, wie das am College bei Gegnern wie den Mercer Bears möglich ist. Auch Vergleiche mit anderen Tight Ends in Rankings machen da wenig Sinn.

Ein paar einzelne Videos zeigen Ouzts im Einsatz als Vorblocker, er nimmt hier schnell seine Aufgaben an und schafft es auch, Blocks zu Ende zu bringen. Selbst gegen die starke Georgia-Front schafft er von Anfang an Fakten und kommt auch im zweiten Level noch in seinen Block:

Auch dieser Lauf gegen die Tennessee Volunteers wird möglich gemacht durch den Fullback Robbie Ouzts (der dem Verteidiger danach auch noch schön ein wenig Trash Talk mit auf den Weg gibt):

Größte Stärke von Robbie Ouzts

Ouzts‘ größte Stärke ist seine vergleichsweise gute Vision. Er schafft es, als Vorblocker den richtigen Laufweg für seinen Running Back vorzugeben und dabei mögliche Blocker aus dem Weg zu räumen. Dies verbunden mit seiner Athletik, seiner Mobilität und seiner guten Base macht ihn zu einem wirklich guten Fullback-Prospect.

In diesem Spielzug sieht man schön, wie er durch die Defense läuft und dabei realisiert, welchen Weg er nehmen kann, zum Ende seinen Block setzt und damit dem Running Back den Touchdown ermöglicht:

Dieser Clip zeigt einen Trickspielzug, der ein neues First Down ermöglicht. Ohne den Vorblocker Robbie Ouzts wäre das so nicht möglich gewesen:

Größte Schwäche von Robbie Ouzts

Er ist nicht groß genug, um in der NFL ein O-Liner zu sein, weil große und physische Defensive Ends ihn schnell aus seiner Blockposition bringen werden. Daher auch der Wechsel zum Fullback. Auch wenn er am College Tight End gespielt hat, so hat er doch kaum Pässe gefangen und war für Jalen Milroe so keine veritabel sichere Anspielstation. So wird Robbie Outzs auch für die Seahawks daher wohl eher selten auf Passrouten geschickt. Zudem hat er keinen besonders großen Fangradius, denn auch hierzu fehlt ihm schlicht die körperliche Größe. Da er als Fünftrunden-Pick nach Seattle gekommen ist, ist weiterhin nicht zu erwarten, dass er besonders viele Snaps bekommt oder sofort Starter wird. Würde er ein größeres Skillset mitbringen, dann wäre er sicherlich früher im Draft gezogen worden.

Fazit zu Robbie Ouzts

Was Robbie Ouzts besonders auszeichnet, ist seine Mentalität. Nachdem er in einem Spiel gegen Missouri mal wieder einen Verteidiger weggeblockt und so einen Touchdown ermöglicht hatte, sagte er im Interview: „Es ist ganz einfach: Ich sehe das Ziel, ich haue das Ziel um.“ Und im weiteren Verlauf: „Mir macht es einfach Spaß, meine Gegner so hart wegzutacklen, wie es gerade noch erlaubt ist.“ Das sind wirklich hervorragende Eigenschaften für die Fullback-Position in der NFL.

NFL-Analyst Greg Zierlein schreibt über Ouzts, er sei „gebaut wie ein Stahlarbeiter, mit einem eigenen Fitnessstudio in der Garage, der kompakt und muskulös, dabei aber erstaunlich mobil ist“. Und das dürfte den Nagel bei ihm wirklich den Nagel auf den Kopf. Ouzts kann den 12s im Lumen Field Spaß machen, wenn er die Basis liefert, die er bereits mitbringt. Er wird kein Star mit hohen Yards-Zahlen oder vielen Receptions, aber er kann jemand werden, der den anderen zum Erfolg verhilft. In einem Interview sagte der heute 22-Jährige einmal, er habe kein Interesse an Touchdowns und anderen persönlichen Statistiken. Er wolle „derjenige im Team sein, der das Feld für den Ballträger aufräumt. Das macht mir Spaß.“

Enden muss dieser Text natürlich mit dem Verweis auf Robbie’s Bart … Der wunderschöne Oberlippenbart, im englischen Moustache oder „Stache“ genannt, scheint für die Seahawks ebenfalls ein wichtiger Faktor beim Auswählen des Spielers gewesen zu sein. Zumindest war das eine der ersten Botschaften, die Chefscout Aaron Hineline ihm am Telefon übermittelte: „Du wirst unser Starting Fullback und du darfst dir auf keinen Fall den Bart abrasieren, das ist Teil des Vertrags!“