Preview: Playoffs 2022 (Wild Card Round) – Seahawks @ 49ers

Playoffs 2022 San Francisco 49ers Seattle Seahawks Wild Card Round

Wild Card Round! Wer den 12s vor der Saison gesagt hätte, dass die Seattle Seahawks in der Saison 2022 in den Playoffs stehen, hätte hier von einer Mehrheit wohl lediglich ein sarkastisches Augenrollen kassiert. Schließlich ging die Stimmung nach dem Trade von Russell Wilson und dem Abgang von Bobby Wagner klar Richtung Rebuild. Doch das Roster, das die Franchise aus dem Pacific Northwest am Ende zusammenstellte, war tatsächlich mehr oder weniger dafür gemacht, nach der Regular Season doch noch mindestens ein weiteres Spiel zu spielen. Genauso wie es Pete Carroll in der Saisonvorbereitung immer wieder gepredigt hatte.

Allerdings hatten mit dem kommenden Gegner aus der Bay Area aber nicht nur die Seahawks in dieser Spielzeit viel Mühe. Aktuell haben die San Francisco 49ers zehn Spiele in Folge gewonnen. Eines davon in Seattle, das von einigen individuellen Fehlern der Seahawks geprägt war, die hauptsächlich TE George Kittle spielentscheidende Big Plays ermöglichten. Dadurch gewannen die Niners vor einigen Wochen trotz des ziemlich einseitigen Spielverlaufs ungewöhnlich knapp. Ob das Team von Head Coach Pete Carroll dem, besonders offensiv, am Samstag mehr entgegenzusetzen hat, bleibt abzuwarten. Eines steht allerdings schon vor dem Kickoff fest. Die Seattle Seahawks sind in der Wild Card Round der NFC absoluter Außenseiter. Und weil sie daher – anders als der Gegner – nichts, aber auch gar nichts zu verlieren haben, können sie das dritte Matchup in der Saison 2022 mit dem Divisionsrivalen eigentlich ganz entspannt angehen.

Das Spiel:

  • Kickoff: Samstag, 14. Januar 2023, 22.30 MEZ
  • Austragungsort: Levi’s Stadium, Santa Clara, CA (Freiluft, Naturrasen)
  • Wettervorhersage: 14 Grad Celsius, Regen/Gewitter
  • Schiedsrichter: Alex Kemp
  • Empfang: NFL GamePass, ProSieben, ran.de, DAZN
  • Wettprognose: Seahawks +10
  • Hashtag: #SEAvsSF

Der Injury Report:

Nach 17 anstrengenden Spielen der Regular Season stehen die Seattle Seahawks im Hinblick auf Verletzungen glücklicherweise relativ „gesund“ da. Fraglich für einen Einsatz in der Wild Card Round in Santa Clara sind tatsächlich nur vier Spieler: G Phil Haynes (Knie), RB DeeJay Dallas (Knöchel, Quadrizeps), CB Xavier Crawford (Oberschenkel) und DE Shelby Harris (Knie).

Ähnlich sieht es bei den San Francisco 49ers aus, bei denen Head Coach Kyle Shanahan nur auf CB Ambry Thomas (Knöchel) verzichten muss.

Die Matchups:

Seahawks-CB Tariq Woolen vs. 49ers-TE George Kittle: Gut, 49ers-TE George Kittle lief in den vergangenen Wochen nicht nur den Verteidigern der Seahawks, sondern auch jeder anderen Defense, auf die er traf, um die Ohren. Gleiches gilt für seinen Teamkollegen, DE Nick Bosa, auf der anderen Seite des Balles (mehr dazu in Kürze). In den letzten beiden Spielen gegen Seattle fing Kittle 13 Pässe für 274 Yards und vier Touchdowns! Bedeutet: Auch in der Wild Card Round wird der Tight End ein Problem für die Gäste aus dem Pacific Nothwest darstellen. Dementsprechend sollte sich Defensive Coordinator Clint Hurtt vielleicht einen „alternativen Plan“ ausdenken. Und so ungewöhnlich es auch klingen mag: Warum nicht Rookie-CB Tariq Woolen, der mit 1,93 Meter genauso groß ist wie der Niners-Star, konstant in Manndeckung schicken?

Klar, in Bezug auf seine Kraft ist George Kittle einem Tariq Woolen wortwörtlich stark überlegen. Allerdings hat der Rookie in dieser Saison bewiesen, dass er mit körperlich dominanten Receivern mithalten kann. Sechs Interceptions und 15 abgewehrte Pässe kommen schließlich nicht von ungefähr. Heißt: Den Raum, den Kittle vielleicht mit einem Push an der Line of Scrimage gut macht, holt Seattles Passverteidiger mit seiner Geschwindigkeit locker wieder auf. Und dass das Projekt „Cornerback gegen Tight End“ aufgehen kann, bewiesen vor einigen Jahren die New England Patriots. So ließen die im AFC Championship Game gegen die Kansas City Chiefs Stephon Gilmore über die komplette Spielzeit nur Travis Kelce decken und nahmen ihn so als Passempfänger fast komplett aus dem Spiel.

Seahawks-Offensive Line vs. 49ers-DE Nick Bosa: Wenn ein Spieler den Award für „Defensive Player of the Year“ in der Saison 2022 in der NFL verdient hat, dann höchstwahrscheinlich DE Nick Bosa. Als Anführer der vielleicht besten Defense der Liga, war der Pass Rusher in der Regular Season einfach nicht zu stoppen. Vor der Wild Card Round verbuchte Bosa hier bislang 18,5 Sacks und 48 QB-Hits (beides Nr. 1 in der NFL). In den letzten vier Spielen bekamen das auch die Seahawks in Form von Russell Wilson und später dann auch Geno Smith zu spüren, die vom Defensive End der Niners hier insgesamt fünfmal gesacked wurden. Und um diese Schwachstelle zu eliminieren, könnten Seattle auch an dieser Front vielleicht zu ungewöhnlichen Mitteln greifen.

Statt Rookie-OT Abe Lucas auf der rechten Seite der Offensive Line im Eins-gegen-Eins mit Nick Bosa auf einer einsamen Insel versauern zu lassen, sollten sie ihn mit zwei oder drei Mann verteidigen. Hier könnte der Coaching Staff insofern in die Trickkiste greifen und neben der normalen O-Line-Formation einen weiteren Offensive-Liner oder einen zusätzlichen Tight End aufs Spielfeld zu schicken. Sicher: Diese Taktik würde an anderen Stellen Löcher in der Line reißen. Doch wem trauen die Seahawks hier eher zu, sie zu schlagen? Bosa oder einen seiner anderen, zugegeben qualitativ hochwertigen, aber doch nicht so disruptiven Kollegen aus der D-Line der 49ers?

Seahawks-Running Game vs. 49ers-Run Defense: Wenn die Offense der Seahawks in der Wild Card Round eines nicht werden darf, dann ist das zu eindimensional zu sein. Gegen eine dominante Defense wie der 49ers hat Seattle nur eine Chance, wenn Geno Smith und Co. schwer einzuschätzen sind. Sprich, um das Passspiel über die WR Tyler Lockett und DK Metcalf in Gang zu bringen, muss auch das Running Game funktionieren. Und genau das war in den ersten beiden Spielen 2022 gegen San Francisco das Problem. In Week 2 erlief die Truppe von Laufspiel-Connoisseur Pete Carroll am Boden gerade einmal 36 Yards. Dazu wurde es in Week in Seattle allerdings auch nicht viel besser, als die Defense aus der Bay Area die Seahawks auf 70 Rushing Yards limitieren konnte. Das A und O wird zum Auftakt in die Playoffs also sein, das Laufspiel über Ken Walker in Gang zu bringen. Und den Rookie dabei vor allem auch einmal seine Spritzigkeit über Outside Runs beweisen zu lassen, anstatt ihn bei langen Downs stumpf durch die Mitte zu schicken, wo die ausgezeichnete Front Seven der Gastgeber wahrscheinlich schon wartet.

Der X-Faktor: Complementary Football

Wenn die Seattle Seahawks in der Wild Card Round gegen die San Francisco 49ers eine Siegchance haben wollen, dann müssen sie „complementary football“ spielen. Heißt: Alle drei Units – Offense, Defense und Special Teams – müssen auf einem konstant hohen Level spielen. In vielen der 17 Regular Season-Spiele 2022 fiel aufseiten der Seahawks immer mindestens eine der drei Einheiten, meistens die Offense oder die Defense, im Vergleich zu ihrem Gegenpart leistungstechnisch zu sehr ab. Gegen schwächere Teams ist solch ein Ungleichgewicht durch einen überdurchschnittlichen Auftritt von einer der anderen Units wohl noch zu kompensieren. Top-Teams wie die Niners nutzen diese Schwächen allerdings schonungslos aus. Deshalb gilt es für Seattle im Levi’s Stadium, in allen Phasen des Spiels Fehler abzustellen und die eigene, geschlossene Mannschaftsleistung am Ende zum X-Faktor werden zu lassen.

  • Spieler des Spiels: Bei den Seahawks sollte RB Ken Walker von den wahrscheinlich widrigen Wetterbedingungen während der Wild Card Round-Partie in Santa Clara profitieren. Am Ende stehen für den Rookie deshalb über 130 Rushing Yards und ein Touchdown.
  • Statistik des Spiels: Vor ziemlich genau zwölf Jahren übernahm ein gewisser Peter Clay Carroll in Seattle das Amt des Head Coaches der Seahawks. Im Anschluss transformierte „Big Balls Pete“ zusammen mit seinem Staff und dem Front Office ein Mittelfeldteam der NFL innerhalb weniger Jahre zu einem Powerhouse der Liga. Das Resultat: Seit dem 11. Januar 2010 erreichten die Seattle Seahawks in zwölf Jahren neunmal die Playoffs, darunter im Jahr 2022 unerwartet die Wild Card Round.
  • Anekdote des Spiels: Das letzte Mal, als sich die Seattle Seahawks und die San Francisco 49ers in den Playoffs – vor der Wild Card Round jetzt in Santa Clara – gegenüberstanden, war am 19. Januar 2014. In diesem NFC Championship Game im damaligen CentruryLink Field beendete der Tip von Richard Sherman die Super Bowl-Träume der Gäste aus der Bay Area. Seattle stempelte mit dem 23:17-Heimsieg dagegen sein Ticket zum Spiel der Spiele ab und holte schließlich die erste Vince Lombardi-Trophy an den Puget Sound.

Der Hype-Faktor: Playoff bound!

Keiner hat den Seattle Seahawks vor der Saison eine Playoffteilnahme zugetraut und trotzdem hat es das Team geschafft. Da lässt sich die Stimmung dann mal mit einem Hypevideo pushen!

Das Fazit:

Eigentlich haben die Seahawks in der Wild Card Round keine Chance. Die Niners scheinen einfach zu übermächtig. Zweimal haben gerade DE Nick Bosa und TE George Kittle die Gäste aus Seattle im Jahr 2022 bislang an der Nase übers Footballfeld geführt. Und auch das Saisonaus von zwei Starting-Quarterbacks scheint den Siegeszug von San Francisco nicht stoppen zu können. Stattdessen rockt QB Brock Purdy die Shanahan-Offense so, als ob Mr. Irrelevant nie etwas anderes gemacht hätte. Wie will die Truppe vom Puget Sound also dagegen ankommen?

Hoffnung dürfte den 12s in den vergangenen Wochen gerade die eigene Defense gemacht haben, die ihren Winter-Blues im alten Jahr gelassen zu haben scheint. Und was die Seahawks-Offense auch gegen Spitzenteams er NFL zu leisten imstande ist, hat sie gerade zu Beginn der Spielzeit 2022 gezeigt. Kombiniert Seattle diese Leistungen am Samstag in Santa Clara, könnte die Partie enger als bislang angenommen werden. Doch am Ende dürfte die Saison im Regen von Kalifornien für Pete Carroll und Co. dort dann wohl trotzdem ausklingen.

Prognose: Die Seattle Seahawks schlagen sich wacker, doch die 49ers sind einfach zu stark und gewinnen im eigenen Stadion mit 23:16.