© IMAGO Images/Steven Bisig


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Woche 8 der NFL-Saison liegt hinter uns und unsere Seahawks-Spieler durften am Wochenende die Füße hochlegen, weil sie ihre Bye-Week und aufgrund der Niederlage der 49ers sogar die Übernahme des ersten Platzes in der NFC West genießen durften. Jedoch bedeutet die Spielpause nicht automatisch, dass das Team um Trainer und Spieler einfach nur tatenlos rumsitzt und auf das nächste Spiel wartet. Denn traditionell wird die freie Woche genutzt, um sich einerseits zu erholen und Verletzungen auszuheilen, andererseits aber auch um das so wichtige Selbstscouting zu betreiben, damit man bestens vorbereitet und mit frischen Kräften in die entscheidende zweite Hälfte der Saison zu starten, in der am Ende der Kampf um die Plätze für die Play-Offs entschieden wird. Während letztes Jahr zu dieser Zeit maßgebliche Probleme behoben werden mussten (welche auch zu den massiven Personalrochaden – vornehmlich auf den Linebacker-Positionen – geführt haben), geht es dieses Jahr nach einem bisher schon erfreulichen ersten Halbjahr vor allem um Feintuning und darum, das Personal-Puzzle bestmöglich zusammen zu setzen. Auch wir nutzen die freien Tage ohne Seahawks-Football, um ein wenig zurückzublicken auf die erste Saisonhälfte unserer Defense. In welchen Bereichen haben unsere Verteidiger im zweiten Jahr unter Headcoach Mike MacDonald und Defensive Coordinator Aden Durde geglänzt und in welchen Units oder Bereichen gibt es noch Luft nach oben? Wie steht es um die verletzten Spieler? Welchen Einfluss können die Rückkehrer ausüben?
Um euch die Antworten auf all diese Fragen liefern zu können, sind wir tiefer in die Film- und Statistikanalyse eingetaucht. Außerdem haben wir sowohl eine detaillierte Einschätzung der einzelnen Spieler, als auch der verschiedenen Positionsgruppen in Gänze vorgenommen, um euch bestmögliche Aufklärung bieten zu können.
Wenn man unsere Defense zur Mitte der Saison in den Rankings finden möchte, muss man dieses Jahr in den meisten Kategorien nicht lange suchen. In den Teamstatistiken liegt die Verteidigung bis auf die Ausnahme der Passverteidigung (Platz 22) entweder in den Top 10, kratzt an den Top 5 oder ist bereits in diesen vertreten.
In Total Defense stehen nach Week 7 der 10. Platz mit durchschnittlich 306 erlaubten Yards pro Spiel bei 13 zugelassenen Touchdowns, bei gerade mal 1.60 zugelassenen Punkten pro Drive (4.) & 19.4 hergebenen Punkten pro Spiel (6.) auf dem Papier. Dies führt zu einem guten 6. Platz bei EPA per Play. Bei der Red Zone Defense teilt man sich den 4ten Platz mit den Steelers, die beide nur bei jeder zweiten Red Zone Possession auch wirklich einen TD hergeben. Obwohl sich die Zahlen schon recht gut lesen lassen, kann man in der Aufschlüsselung recht schnell den ersten Wermutstropfen finden. Denn während die Running Defense mit gerade einmal 530 Rushing Yards (75.7 Rushing Yards pro Spiel) und schlappen 2 TDs (welche beide aus dem einzigen Ausrutscher, wenn es um die Defensivleistung und Punktehergabe geht, gegen die Buccaneers stammen) zu Buche schlägt, zeichnet sich die Passverteidigung für ganze 1611 Passing Yards (230.1 pro Spiel) und 11 TDs verantwortlich. Mit der Rushing Defense steht man hier also was zugelassene Yards angeht auf Platz 2, bei den zugelassenen Rushing TDs auf einem geteilten ersten Platz mit den Los Angeles Rams.
Taucht man noch tiefer in die Statistiken dieser Rubrik ein, verdeutlicht es sich, dass dieser Teil der Defense bereits auf einem ziemlich elitären Level spielt. Mit 3.3 Yards per Carry gibt die Front Unit nämlich die wenigsten der ganzen NFL her, limitiert auch jegliche explosiven Plays, von dem es nur eins gab und 29 Yards betrug, was bei einer Run Stop Win Rate von 34% (#5 der Liga) nicht verwundert. Ansonsten wurden keine Runs über 20+ Yards an die Gegner abgegeben, was dazu führt, dass man Platz 2 sowohl in First Downs allowed (29), als auch in First Down % allowed (gerade einmal 18% der Runplays führten zu weiteren drei Versuchen für die konkurrierenden Teams), belegt. Limitiert man das Run Game in solch einer Regelmäßigkeit, führt dies logischerweise oft zu dritten (101 Versuche – was die meisten der Liga sind, von denen die Gegner gerade einmal 36 converten konnten) & vierten Versuchen (8 von 14 converted, fünft meisten Fourth Downs), die im besten Falle sehr lang sind, damit zum vorteilhaften Match-Up für die Defense führt, da man sich durch das eindämmen des Runs ziemlich sicher sein kann, dass einen der Pass bei solchen Situationen erwartet.
Vor diesem Hintergrund verwundert es dann natürlich, dass die Passverteidigung gerade in Erwartung solcher Plays nicht nur gegen die Buccaneers sehr viele Explosives hergegeben hatte und man den gegnerischen Teams so oft erlaubte, die Drives zu verlängern. Obwohl man mit bereits 40 Pass Break Ups auf Platz 6 in der Liga angesiedelt ist, hat man hier insgesamt bereits stolze 26 solcher Big Plays zugelassen (23 davon gingen über 20+ Yards – gleichbedeutend mit Platz 26 in der Liga – und 3 Stück sogar über ganze 40+ Yards, worunter ein 65-Yard-Play das Längste war und Platz 20 bedeutet). Damit hat man den Gegnern schon sage und schreibe 89 First Downs (Platz 29) durch die Luft geschenkt. Bedenkt man, das man sich bisher 180 Passversuchen entgegengesetzt sah, ergibt dies eine First Down-Quote von 49,4%. Faktisch führt also fast jeder zweite gefangene Ball dazu, das die Offiziellen an der Sideline die Marker zugunsten der Gegner neu positionieren. Die gegnerischen QBs kommen gegen unser Backfield auf eine ordentliche Completion Percentage von 65,2% (Platz 15), wobei die oben genannten 180 gefangenen Bälle Platz 31 und die 11 zugelassenen TDs Platz 21 für unsere Defense im Ligavergleich bedeutet.
Jedoch gibt es auch Lichtblicke in der Passing Defense, was komisch erscheinen mag, ob der eben genannten Stats. Dies liegt aber wie im Run an unserer starken D-Line, denn diese dominiert eigentlich auch größtenteils gegen den Pass. So steht die Line mit einer Pass Rush Win Rate von 44% auf Rang 5. Einzig fehlte bisher, dass sie sich für die harte Arbeit und die konstanten Pressures belohnen. Dies gelang die letzten Spiele immer mehr und so fährt man nun konstant Sacks ein, steht mit deren 23 auf Tabellenplatz 4 (klappt das zu Ende bringen der Plays mal nicht, würde man sich bei gerade mal 2 runtergeschlagenen Bällen jedoch mehr beeinflussende Momente der Jungs an der Line of Scrimmage wünschen). Je mehr Druck QBs sich in der Liga nämlich ausgesetzt sehen, desto mehr tendieren diese natürlich auch, Fehler zu machen, welche in Form von Turnovern jeglicher Art bestraft werden können, mögen es Interception oder Fumbles sein. In erster Kategorie liegen die Seahawks mit 8 abgefangenen Bällen an vierter Stelle, jedoch konnte man bisher keine Bälle aus des Gegners Händen rausreißen, wodurch man mit 0 Fumbles auf dem geteilten letzten Platz verweilt. Ebenso ist es bis dato leider noch nicht gelungen, eine dieser Interceptions für einen Pick-Six in die gegnerische Endzone zurückzutragen, wodurch eine 0 bei TDs auf dem Scoreboard der Defense prangt.
Hier gehört aber auch zur Wahrheit, dass uns die Referees gegen die Texans unverständlicherweise einen Safety geklaut haben und Drake Thomas nach dem ersten verursachten Fumble die Chance auf die ersten Punkte für unsere Jungs aus der Verteidigung hatte und sich diese Inches vor der Endzone aus den Händen hat schlagen lassen.
Solche Fehler kann man in vielerlei Schubladen verordnen. Manche würden sie unter mangelnder Erfahrung abstempeln, manche würden sie als Unkonzentriertheiten abtun, die Möglichkeiten sind vielfältig. Egal wie man es bezeichnen mag, will man in Zukunft die Spiele dominant zu Ende spielen und ‚closen‘, darf man sich Fehler wie diese, aber auch zuletzt immer häufiger aufgekommene unnötige Strafen (20), verbrannte Time Outs durch Wechselfehler und verpasste/gebrochene Tackles (56) durch schlechte Winkel + Hebel, nicht weiter erlauben.
Dies rührt aber auch daher, dass die Starter nach dem frühen Loss von Emmanwori in Spiel 1 gegen die 49ers und den danach folgenden Verletzungen von wichtigen Stützen wie Devin Witherspoon, Julian Love, Derick Hall, Tariq Woolen und DeMarcus Lawrence gerade einmal 2 (!!) Drives in voller Besetzung bestreiten konnten. In dieser Zeit sind ganze 5 (ungedraftete) Free Agents oder vom Waiver ‚aufgesammelte‘ Spieler, die scheinbar keiner haben wollte als Starter oder Rotationsspieler in einer wesentlichen Anzahl an Snaps zum Zug gekommen und haben sich als solide Ersatzmänner präsentiert. So hat man mittlerweile 12 Spieler die Sacks und 4 Spieler, welche Interceptions auf ihrem Konto haben.
Undrafted #Seahawks thriving in Mike Macdonald's defense…
Josh Jobe: 52.1% comp. rate allowed, one interception, three pass breakups
Drake Thomas: 22 tackles, four pass breakups, five tackles for loss, two sacks
Ty Okada: 23 tackles, 1.5 sacks, two pass breakups— Corbin K. Smith (@CorbinSmithNFL) October 22, 2025
Diese Tiefe auf den meisten Positionsgruppen lässt also durchaus optimistisch in die Zukunft blicken!
Wie gut und tief die einzelnen Units in der Defensive wirklich aufgestellt sind, beleuchten wir nun in der Analyse der einzelnen Positionsgruppe, in der wir auch Bezug auf einzelne Spieler der verschiedenen Level nehmen. Hierbei versuchen wir die Verbindung, aber auch die Diskrepanzen zwischen eigenen Eindrücken (All-22/Eyetest), die Meinungen der Medienwelt und Player Grades von PFF bestmöglich herzustellen.
Wo sind die Seahawks gut aufgestellt, wo hapert es eventuell und wo sollte man sich möglicherweise doch noch nach Verstärkungen umsehen?
Defensive Line
Starten wir mit der vordersten Front und damit mit dem absoluten Prunkstück unserer bisher so starken Defensive: der D-Line! Wie bereits erwähnt, sind die schweren Jungs an der Line of Scrimmage, ein großer – wenn nicht der größte – Grund dafür, dass die Defensive in sovielen Bereichen solch überzeugenden Statistiken zu Papier bringen konnte.
Der Anführer, nicht nur Aufgrund seiner Erfahrung, trägt den Namen Leonard Williams. Wenn es darum geht, mit gutem Beispiel und Leistungen voranzugehen, gibt es zur Zeit wohl kein besseres Vorbild als Big Cat, der von vielen NFL-Experten als zur Zeit bester DT betitelt wird. Ein Mann, der gegnerischen Offenses und Playcallern zur Zeit wohl einige schlaflose Nächte bereitet. Egal ob in der Mitte oder wie gegen die Jaguars oft über außen, dieser Mann hat so viele Fähigkeiten, das er gefühlt auf jeder Position in der Line aufgestellt werden und dort auch dominieren kann. Seine Mischung aus Physis, Athletik und Intelligenz ist so außergewöhnlich, dass er sich als Game Wrecker etabliert hat und sich somit nicht selten in Double Team-Blocks wiederfindet. Doch auch das ist kein Allheilmittel, um diesen Mann aus dem Spiel zu nehmen. Auch wenn er noch nicht ganz die überragenden Stats wie in seiner letzten Saison auflegt, so spielt er definitiv wieder auf All-Pro-Niveau und knüpft nahtlos an die gezeigten Leistungen des letzten Jahres an. Zuletzt konnte sich Dan Orlovsky sogar bei der Live-Übertragung gegen die Texans nicht verkneifen seiner Meinung Ausdruck zu verleihen, dass Williams für ihn der Front Runner für den Defensive Player of the Year sein sollte, so sehr sorgt durch seine Leistungen dafür, dass gegnerische Game Plans nicht aufgehen, weil er mit seinen Plays Snap für Snap entweder durch eigene Aktionen dafür sorgt, dass nichts zu holen ist oder den Mitspielern den Raum verschafft, dass sie Plays machen können. Dies gilt besonders im Run, denn dort belegt Williams den fünften Platz aller NFL-DTs mit einer Run Stop Win Rate von 46%. Für einen DT respektable 3 Sacks stehen neben 16 Solo Tackles, 11 weiteren Assisted Tackles, 16 Stops, 14 Hurries, 6 Hits bei 24 Pressures für ihn bereits auf dem Stat Sheet. Egal ob Eyetest oder Statistik, Big Cat überzeugt in jeglicher Hinsicht und wenn er dieses Level halten kann, wird es kaum eine Offensive Line geben, die diesen Mann auf dem Weg zu einer möglichen First-Team-All-Pro und eventuell Defensive Player of the Year-Nominierung wird stoppen können, was sich auch in seiner guten Overall Grade von 75.3 widerspiegelt.
.@Buccaneers @Seahawks @leonardwilliams Is anyone bringing more juice to the party and having more fun than Big Cat Williams?? #BaldysBreakdowns pic.twitter.com/1IcWOWnPVw
— Brian Baldinger (@BaldyNFL) October 21, 2025
Neben Leonard Williams startet dieses Jahr sein kongenialer Partner Byron Murphy II. Unser First-Round-Draft-Pick aus dem letzten Jahr wurde von vielen bereits als Bust abstempelt, da er als Rookie trotz zumeist trotz guter bis sehr guter Leistungen noch keine Zahlen liefern konnte. Wer sich jedoch regelmäßig mit dem All-22 auseinandersetzt, hat beim Eyetest schon erahnen können, welch Potenzial in diesem jungen Mann steckt und sollte daher von dem Break-Out-Year nicht gänzlich überrascht sein. Nicht umsonst hatte Sean McVay den Plan, im Draft mit einem Trade an uns vorbeizuziehen, damit er Byron als Nachfolger eines gewissen Aaron Donald installieren hätte können. Zum Glück ging dieser Plan nicht auf, denn genauso wie Leonard Williams besitzt Murphy eine einzigartige Mischung aus Power, Schnelligkeit und einem absoluten Kampfeswillen. Für ihn ist das Play erst vorbei, wenn die Refs auch wirklich pfeifen. Egal ob es Double Teams sind, die Byron im Rungame frisst, um Lanes geschlossen und Gegenspieler engaged zu halten, damit andere die RBs im Backfield stoppen können, er diese selber besiegt und Plays für Minus Yards macht oder er im Pass Rush (in denen er dieses Jahr endlich mehr aufgestellt wird, um seine Fähigkeiten dort auch unter Beweis stellen zu können) die Pocket kollabieren lässt, um mit einer für DTs ungemeinen Athletik gegnerischen QBs hinterherzujagen, auch Byron macht wie Leonard Williams dieses Jahr alles, was man als D-Liner nur so machen kann. Mit diesen Leistungen wird Byron Murphy II dieses Jahr als 23. bester Pass Rusher gegradet, mit einem Wert von 78.3 und einem Overall Grading von 72.9. Er besitzt hierbei eine Pass Rush Win Rate von starken 13.2% (Platz 11 unter den DTs), mit der er bei 23 Pressures starke 4.5 Sacks eintüten konnte (welche ihn Platz 18 in der gesamten Liga bescheren). Zu diesen Zahlen gesellen sich 17 Solo & 6 Assisted Tackles, 19 Stops, 15 Hurries und 2 Hits. Aufgrund dieser Statistiken ist es nicht schwer zu erahnen, dass wir dieses Jahr eins der besten, wenn nicht sogar das beste DT-Tandem in der Liga haben und eine lange bestehende Schwachstelle in der Defensive mittlerweile zu unseren absoluten Stärke geworden ist.
Komplettiert werden die zwei durch ihre zuverlässigen Back-Ups Jarran Reed II und Mike Morris. Während erstgenannter Reed schon eine ganze Weile in der Liga und bei unserem Team verbracht hat, deswegen schon viel gesehen und gelernt hat und somit sowohl im Run, als auch im Pass die erste verlässliche Alternative darstellt, hat Mike Morris nach bisher sehr mauen Jahren, durch die er dieses Jahr kurz davor stand, seinen Platz im Roster zu verlieren, unter seinem Lehrmeister Mike (der sein Defensive Coordinator in Michigan war) endlich den Turnaround geschafft und sich vor allem als solider Ersatzmann für Running Downs etabliert. Während Jarran Reed auf 14 Solo & 4 Assisted Tackles, 7 Stops, einen Sack, 8 Hurries, 10 Hits und 13 Pressures kommt, sind es bei Mike Morris 5 Tackles (4 Solo/1 Assist), 4 Stops, 3 Hurries bei einem Hit und 4 Total Pressures.
Wenn man Leonard Williams als den Anführer der DT-Gruppe bezeichnet, muss man bei den Edges hier unseren Neuzugang aus Dallas, DeMarcus Lawrence nennen. Dieser kommt mit 10 Jahren Erfahrung nach Seattle und gilt besonders bei Run Plays als absolut dominante Waffe. Viele hatten hier die Sorge, dass er nach der schweren Verletzung, die er letztes Jahr im fortgeschritten Alter erlitten hatte und damit den Großteil der Saison verpasste, über seinen Zenit hinaus sei und dieser D-Line absolut keinen Mehrwert mehr bieten könnte. Nach 7 Spielen kann man konstatieren, dass diese Ängste völlig unbegründet waren. D-Law wirkt kaum, als hätte er bereits 33 Jahre auf dem Buckel, wirft in jedem Snap alles in die Waagschale, ohne Rücksicht auf sich oder die Gegenspieler zu nehmen. Mit seiner powervollen Art zu spielen und die Edges zu setten, damit das Rungame nicht nach außen ausweichen kann, bringt er ein neues und extrem wichtiges Element nach Seattle und trägt so vor allem mit zur Verbesserung der Run Defense bei. Dies erleichtert den Jungs in der Mitte nämlich enorm das Leben, da sie sich auf ihre primäre Aufgabe innen konzentrieren können und nicht ständig mit einem Auge nach außen schielen müssen. Sein Impact ist aber mit 3 Sacks auch im Pass Rush spürbar. Hinzu kommen 11 Solo Tackles, 6 Assists, 13 Stops, 12 Hurries, 3 Hits und 19 Pressures. Durch die ständige Gefahr, die D-Law ebenso wie Byron und Leonard ausstrahlt, sorgt er also auch dafür, dass gegnerische Offenses sich entscheiden müssen, welche Gefahr sie als die Größte ansehen und somit Löcher für andere aufreißen.
Der größte Profiteur dieser sich ergebenden Räume ist momentan gewiss Uchenna Nwosu, der nach seiner langen Leidenszeit in Week 2 zurückgekehrt ist und sich durch starke Leistungen schnell wieder viele Snaps erarbeitet hat. Seit Woche 4 hat er sich bei jedem Match-Up in dieser Kategorie eingetragen und landet so bei nicht zu verachtenden 5 Sacks in 6 Spielen, also fast einem Sack pro Spiel. Damit zeigt er, warum er vor seiner Verletzung und der Ankunft von Lawrence unser Nummer 1 Edge-Rusher war und so schmerzlich vermisst wurde. Denn auch im Run ist er durch konstant sauberes Tackling wie damals eine absolute Bank. So kommt er in seinen bisher limitierten Snaps bereits auf gute 9 Tacklings + einen Assist, 8 Stops, 15 Hurries, einen Hit bei schon herausragenden 23 Pressures. Zudem wurde ihm der Safety gegen Stroud von den Referees geklaut, was den ersten defensiven Score der Saison bedeutet hätte. Er bietet der D-Line also in der Abstinenz von Derick Hall eine vierte, komplette Starteroption mit mehr Finishing Skills (belegt mit den 5 Sacks schon Platz 13 aller Spieler in der NFL).
Eben genannter Derrick Hall war letztes Jahr unsere nach Sacks (8.5) beste Option auf den Außenpositionen und hatte unter Mike nach schwacher erster Season ein gefühltes Break-Out-Jahr. Deswegen war die Hoffnung groß, dass er sich als wahre Nummer 1 etabliert und uns den Unterschiedsspieler auf Edge bietet, nach dem wir uns in Seattle seit der Zeit von Michael Bennett und Cliff Avril so sehnen. Obwohl jedoch nach gerade mal 153 vor der Verletzung gespielten Snaps schon akzeptable 12 Pressures zu Buche stehen, konnte Hall keines seiner Plays in diesem Jahr bis zum Ende durchziehen, weswegen bisher kein Sack gelang. Da das Potenzial beim Eye-Test allerdings mehr als Sichtbar ist, stirbt die Hoffnung hier zuletzt, dass Hall nach der Rückkehr das Ruder in einer tiefen Rotation, die jedem die nötige Frische bewahren sollte, herumreißen kann und sich mit zählbaren belohnen wird.
Der letzte Mann in dieser tiefen Rotation hört auf den Namen Boye Mafe und steckt mitten in einem Contract Year, von dem die Seahawks und er selbst sich bestimmt um Längen mehr erhofft haben. Während Mafe Zeit seiner Karriere immer Flashes gezeigt hat, bekommt er auch in Jahr vier einfach keine Konstanz – vor allem was das finishen seiner Aktionen angeht – in seine Leistungen. Das größte Paradoxon dieses Jahr besteht darin, dass Mafe als geteilter fünftbester Spieler in der Pass Rush Win Rate mit Josh Sweat hinter so illustren Größen wie Nick Herbig, Will Anderson Jr., Nik Bonitto, Danielle Hunter und noch vor Myles Garrett, Micah Parsons, Jonathan Greenard, Trey Hendrickson und Maxx Crosby liegt (24%-Quote). Doch während sein Effort wie bei Hall zu vielen Pressures führt (23), schlagen diese ebenfalls nicht auf der Sack-Seite zu Buche, weswegen dort immer noch die 0 auf der Haben-Seite steht. Will Mafe sich also für einen zweiten Contract empfehlen, muss er das zweite Halbjahr und die Erholungspause nutzen, um sein Spiel auf das nächste Level zu heben und sich für seine Mühen zu belohnen.
Mit dieser Tiefe und Qualität, die die nötige Frische in Spielen bewahrt, kann in voller Personalstärke aber mindestens dieselbe Leistung, mit dem drehen an den richtigen Stellschrauben sogar noch einiges mehr erwartet werden!
Linebacker
Springen wir nun ins zweite Level zu den Linebackern, die wohl die dünnste Unit darstellt und neben Ernest Jones wohl das einzig größere Fragezeichen aufwirft. Denn während man an der Line of Scrimmage und im defensiven Backfield den Ausfall von wenigen Leistungsträgern einigermaßen durch eine gewisse Tiefe solide auffangen kann, würde der Ausfall von Ernest Jones den Linebacker-Room fundamental erschüttern.
Ebenjener Jones war es nämlich, der letztes Jahr Mike nach seinem Trade in der Bye-Week geholfen hat die bis dato vorherrschenden Probleme & Schwachstellen in der Defensive zu beheben und die Unit auf ein neues Niveau zu heben. Als Playcaller und verlängerter Arm von Mike auf dem Feld sortiert er mit seiner guten Übersicht die Defensive und sorgt mit guter Kommunikation dafür, dass jeder seine Aufgaben im Auge hat. Die Aufgabe, die er am besten ausführte und immer noch ausführt, war die bis dahin löchrige Run-Defense mit zustopfen. Im Ranking der Linebacker liegt er hier mit einer elitären Grade von 83.6 auf dem 10ten Platz und damit gerade noch in den Top-10 der NFL.
Sein Impact ist aber auch im Passing Game deutlich spürbar, liegt er doch mit bereits drei gefangenen Interceptions auf dem geteilten dritten Platz in der Liga, was diese Kategorie angeht und konnte ebenfalls einen geteilten Sack verbuchen (0.5). Trotzdem ist immer noch Luft nach oben, denn wie viele andere Spieler, hat auch er dieses Jahr schon einige Tackles aufgrund unsauberer Technik verpasst. Darauf wird in der Bye-Week bestimmt das Hauptaugenmerk gelegen haben, denn mangelnden Effort kann man ihm nicht vorwerfen, sieht man ihn doch bis zum ertönen des Pfiffs durchspielen und auch Spieler bei Passing Plays regelmäßig downfield hinterherjagen, wodurch er auch noch 5 weitere Pässe rausgeschlagen oder vor dem ankommen gehindert hat. So steht am Ende ein guter Passer-Rating-Allowed-Wert von 73.3 auf seiner Habenseite, was noch Luft nach oben lässt, aber auch weit entfernt von schlecht ist. So einen versatilen Mann als Nummer 1 zu haben ist in der NFL wichtig und das wir seinen Vertrag verlängern konnten ist definitiv Gold wert.
Während sich letzte Saison Tyrice Knight als Rookie mit überraschend guten Leistungen den Starting-Spot als zweiter Linebacker geschnappt hatte, dachte man sein zukünftiges Tandem für die nächsten Jahre gefunden zu haben. In der Vorbereitung wurde Knight jedoch einige Zeit von einer Knie-Verletzung ausgebremst und war danach auf dem Feld nicht mehr derselbe. Während er im Run-Game immer noch solide Leistungen zeigte, häuften sich in Coverage und im Tackling (höchster Missed Tackling Wert von 22.2%) Fehler, was ihm nach Week 5 den Job kostete. Die Frage ist hier, wie viel dieses wesentlich schlechtere Spiel an Nachwirkungen der Verletzung hängen oder einfach die Limitierung Knights zeigen. Die Zukunft wird zeigen, ob er sich durch bessere Trainingsleistung wieder in die Mannschaft wird kämpfen und Snaps verdienen können.
Der Platz in der Mannschaft gehört nun nämlich erstmal dem dritten erwähnenswerten Spieler, Drake Thomas. Thomas kam nach dem Roster-Cutdown vor der Saison 2023 von den Raiders, die ihn als UDFA aus North Carolina unter Vertrag genommen hatten. Drake hat sich bisher mit jedem Snap, den er mehr gespielt hat, weiter in seiner Leistung gesteigert und bietet vor allem im Passing Game einen absoluten Mehrwert gegenüber Tyrice Knight. Gerade im Spiel gegen die Texans glänzte er neben Jones mit 5 Tackles, wobei 2 dafür für Raumverlust waren, 3 Pressures mit einem QB-Hit und 3 Pass Break Ups in Coverage. Natürlich waren hier und da noch einige Fehler in seinem Spiel inbegriffen, bedenkt man aber, dass dies erst sein zweites Spiel als Starter war, lässt diese steile Lernkurve mit den reichlichen Trainingssnaps über die Bye-Week auf mehr hoffen.
Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Leistung nach der Pause weiterentwickelt und ob eins der größten Fragezeichen intern gelöst werden konnte. Sieht man hier Handlungsbedarf, ist das die Position, die per Trade mit dem größten Nachdruck angegangen werden sollte. Nicht nur um die Leistungen weiter zu stabilisieren, sondern im Fall der Fälle auch auf Verletzungen reagieren zu können.
Defensive Backs
Wie wichtig Tiefe sein kann, zeigt dieses Jahr der Blick auf die Defensive Backs, in der wir bisher besonders vom Verletzungspech der wichtigsten Spieler wie Devin Witherspoon, Jordan Love, unserem Second Round Rookie Nick Emmanwori & zeitweise auch Tariq Woolen betroffen waren und sind.
Der Ausfall, der wohl am meisten schmerzt, ist der von unserem Pro-Bowl-Safety Julian Love. Nimmt man diesen raus und blickt auf die Liste, fällt auf, dass wir auf den Positionen der Cornerbacks und Safeties mit durchschnittlich 25 Jahren doch eher jung besetzt sind. Mikes Scheme ist jedoch bekannt dafür sehr komplex zu sein und einiges an Kommunikation zu erfordern. Für diese zeichnete sich Love als Veteran im Backfield zuständig. Er sorgt mit seiner Erfahrung dafür, dass jeder weiß, was er zu tun hat und so können sich die Spieler schlicht darauf konzentrieren, diese Aufgabe bestmöglich durchzuführen. Das hob das Spiel vieler DBs auf ein neues Level (wobei Coby Bryant das beste Beispiel hierfür ist). Durch seine Abwesenheit merkt man gerade gegen die Buccaneers bei extended Plays, das mit zunehmender Dauer eines Play durch fehlende Zuordnung und ausbleibender Absprache einiges an Big Plays abgegeben wurde, da Receiver teilweise ungedeckt lange Completions fangen durften. Doch nicht nur als Anker fehlt Love auf dem Feld, sondern auch als Spieler und als solcher ist er einer der vielseitigsten Safeties der Liga. Egal ob Passverteidigung, im Run Stop oder auch im Pass Rush, Julian Love zeigt in allen defensiven Situationen sein Können und kam in seinen drei Spielen vor der Verletzung auf 15 Tackles, 3 Assists, einen Sack, ein Tackle for Loss, zwei verteidigte Pässe und sogar einen geblockten Kick. Deswegen bleibt zu hoffen, dass sein vermeldeter Rückschlag an der Verletzungsfront nicht allzu schlimm ist und wir ihn nach den bereits 4 verpassten Spielen bald wieder auf dem Feld bewundern dürfen.
Seine Verletzung ausgeheilt hat hingegen Devin Witherspoon, er konnte endlich wieder ein komplettes Training absolvieren und steht gegen die Commanders vor der Rückkehr in die Aufstellung. 5 Spiele fehlte unser bester und vielseitigster CB, der nicht nur innen auf Nickel, sondern auch auf den Außenpositionen die beste Option darstellt. Sein unbändiger Wille, gepaart mit der physischen Art Football zu spielen und der enormen Atlethik sorgt dafür, dass er wie Julian Love ebenfalls in allen Playsituationen ein Top-Competitor ist (11-bester Overall CB, 29ter Covercorner, 31. Run Defender auf CB und zweitbester Blitzer laut PFF). Mit seinem enormen schnellen Antritt, der auffallenden Wendigkeit, durch die er bei Richtungwechseln kaum an Top-Speed (welcher auch sehr hoch ist) verliert, ist er gerade aus dem Slot eine der gefährlichsten Waffen der Defense in der Run-Verteidigung und im Pass Rush. Selbst ein extrem flinker QB wie Kyler Murray von unseren Division-Rivalen kommt regelmäßig ins Schwitzen, wenn er es mal schafft aus der Pocket auszubrechen, um dann zu erkennen, dass Witherspoon ihm mit Volldampf auf den Fersen ist. So sorgt er mit seinem impactvollen und selbstlosen Plays oft dafür, das andere Mitspieler Plays machen können, da in letzter Sekunde eine impulsive, falsche Entscheidung getroffen wird, um seinem Druck zu entgehen. Dadurch fehlen ihm nicht selten die großen Statistiken in seiner Liste, auch wenn diese sich nach 2 Spielen mit 12 Tackles, 5 Assisted Tackles, einem Tackle for Loss, 0.5 Sacks und einem verteidigten Pass alles andere als schlecht lesen.
Je nach Formation gibt es einen oder zwei weitere Starter auf Outside-Cornerback. Eine dieser Rollen nahm lange Zeit Tariq Woolen ein, da er durch seine seltene Mischung aus Größe (1.93m), langen Armen und für diese physischen Voraussetzungen ungewöhnlich hohen Speed (4.30 40-Yard-Dash), eine sehr seltene Option für die Außen-Position darstellt. Während er an guten Tagen mit konzentrierten Leistungen als Lockdown-Corner jeden WR1 decken und aus dem Spiel nehmen kann (z.B. gegen die Texans, als er bei 8 Targets nur 3 Receptions für 21 Yards zuließ und einen Pass Break Up produzierte), sorgt er an schlechten Tagen dafür, dass auch mal ein ganzer Gameplan ins Wanken geraten kann und das Team in Nöte gerät (Week 1 gegen die 49ers: 3 Receptions bei 4 Targets für 73 Yard, 1 TD mit 2 Penalties). So wurden dieses Jahr schon 6 Flaggen gegen ihn geworfen (2 PIs, 1 Holding, 1 Illegal Contact, 1 Illegal Use of Hands & eine Facemask für zusammengerechnet 89 Yards). Aufgrund dieser Leistungen, die zu einem Passer Rating Allowed von 98.9 führen, wurde er dieses Jahr bereits im dritten Jahr hintereinander gebencht und hat somit wohl im Contract Year endgültig seine langfristige Zukunft im Pacific Northwest verspielt (was durch den Fakt untermauert wird, dass die Seahawks bei einem guten Angebot wohl nicht abgeneigt wären, ihn vor der Trade Deadline noch per Trade abzugeben). Während ich (vor allem in Abhängigkeit von den Zahlen) mittlerweile auch eher gegen einen zweiten Vertrag Woolens in Seattle bin, wäre ich aufgrund der fehlenden Tiefe dahinter gegen einen vorzeitigen Trade, wenn er nicht einen anderen Cornerback, der eine Solidisierung der Position bietet, beinhaltet.
Der Spieler, der zwar nicht durch glänzende, aber durch recht solide und erwartbare Leistungen, der Nutznießer dieser Situation war, ist Josh Jobe. Am Ende des letzten Jahres übernahm er diese Rolle bereits und spielte sich da mit guten Leistungen als FA-Addition ins Rampenlicht. Im Gegensatz zu Woolen lebt Jobe weniger von Größe und Atletik, sondern mehr von seinem physisch geprägten Spiel, die ihn zu einem der besten CB im Run-Support machen, wo er mit einer Grade von 77.1 auf Platz 12 der Tabelle dieser Metrik geführt ist. Noch stärker ist sein Einfluss im Pass Rush, in der er sich in der exotischen Defense von Mike als weitere Alternative für simulated, disguised Pressures, die diese Defense so unausrechenbar und gut macht, angeboten hat. Mit Jobe haben wir den drittbest-gerankten Corner mit einer Grade von 89.6 in unseren Reihen (eine Grade von 90+ bedeutet übrigens First-Team-All-Pro-Niveau). In seinen bisherigen 3 Snaps im Pass Rush hat er einen halben Sack und 2 weitere Pressures gesammelt, also hatte in jedem seiner bisherigen Snaps Erfolg. Während er im Pass Rush jede sich bietende Gelegenheit nutzt, gibt es in der Coverage noch einiges an Luft nach oben. Dort lautet das Motto im Moment noch Boom or Bust. Bringt er sich bei guten Snaps auch durch gutes Timing beim drehen des Blickes zum und schnellen spotten des Balls in Position, kann er Plays im Pass Break Up oder für Interceptions machen. Obwohl er bereits eine INT gefangen und 3 Pass Break Ups hat, gehört hier auch zur Wahrheit, dass zwei weitere dieser PBUs in Interceptions hätten Enden müssen, weil er den Ball bereits in den Händen hatte und wieder fallen lies. Schafft er es, diese Probleme auszumerzen, kann er sich von einem CB3 in Zukunft zu einem echten CB2 entwickeln und sein gutes Passing Rating Allowed von 66.5 in Topregionen runterschrauben. Exposen die Gegner jedoch weiterhin die Pass Defense und Nutzen seine fehlende Größe und Geschwindigkeit für einen Outside Corner aus, kann es dauerhaft zu einem Problem führen. Bleibt zu hoffen, dass wir wie gegen die Texans einen aggressiven Jobe sehen, der durch seine Physis auch mal Top-Receiver wie Nico Collins nicht nur statistisch, sondern wortwörtlich aus dem Spiel nehmen kann (Nico Collins verletzte sich bei einem contested Snap gegen Josh Jobe und musste daraufhin das Spiel verlassen).
Dahinter bleibt Derion Kendrick als Rotational und Depth-Piece auf CB zu erwähnen, der von uns aufgenommen wurde, als er von den Rams rausgeworfen wurde, worüber die Fanbase gar nicht amused war. Wenn man auf die Flashes schaut, die er an den Tag gelegt hat, kann man diese Reaktion durchaus verstehen, hat er in begrenzten 120 Snaps bereits 2 INTs, 3 PBUs und ein Pressure bei einem Passer Rating von 19.9 produziert. Da die Sample Size bisher jedoch sehr gering ist, ist es sehr fraglich, ob diese Statline als Full-Time-Competitor ob der mangelnden und nicht immer sauberen Coverage (6 der 11 Targets, also mit 54.5% mehr als jede zweite angekommen) und teils mangelhaften Technik bei Tackles (38 Yards after Catch zugelassen) so zu halten wäre. Als Depth Piece für wenige ausgewählte Snaps (vor allem im Slot – wo er sich mit den 2 INTs auf Platz 10 der Covercorner gespielt hat -, auf Outside bisher deutliche Probleme aufgrund mangelnder Größe und Physis sowohl im Run – Platz 58 unter den CBs -, als auch im Pass) und als Special Teamer definitiv brauchbar, aber trotz allem könnte man hier noch auf Grund der Schwankungen mit hohen Höhen und tiefen Tiefen für ein wenig mehr Tiefe – vor allem für die Außenpositionen – sorgen.
Für den Slot hat sich unser Hybrid-Rookie Nick Emmanwori in absoluter Rekordzeit ins Schaufenster gespielt hat. Als Nickel-Safety belegt er für einen so unerfahrenen Rookie mit einer Overall Grade von 81.6 nach Woche 7 auf Platz 2 aller Safeties hinter keinem geringeren als Kyle Hamilton, dem Mike in seiner Zeit bei den Ravens als Do-It-All-Safety zum Durchbruch verholfen hat. Wie Hamilton scheint es bei Nick scheinbar nichts zu geben, was er nicht kann. Egal ob Pass Rush, Run oder Coverage: Nick Emmanwori scheint alles in seinem Repertoire an Können zu besitzen. Während der Pass Rush mit einer Grade von 64.7 noch seine größte Schwäche aufweist und auf Platz 30 liegt, gehört er in der Run Defense (83.9/#4) und der Coverage (79.2/#2) schon zur Elite der NFL-Safeties. Er sammelte bereits 12 Solo + 4 Assisted Tackles plus 9 Stops gegen den Run, wobei jeder dritte ein Tackle for Loss war (je 1 TFL in jedem Spiel). Er spielt mit so einer Hingabe und Voraussicht, dass er gefühlt immer richtig steht und dadurch auch erst ein Tackle verpasst hat. Dieselbe Hingabe kann man auch in jedem Special Teams-Snap sehen, in denen er bei diversen Kicks durch gutes Timing, seine Flexibilität und sein Tempo an so manchen Blocks und nur knapp an den Bällen vorbeigeflogen ist. Wenn er dieses Level beibehalten kann und in Zukunft durch viele Snaps Erfahrung sammeln kann, wird Emmanwori über lange Jahre eine extrem dominante Rolle spielen können. Bis dahin gilt es aber, ihm auch Fehler eingestehen zu können, die mit Sicherheit früher oder später auch mal kommen werden. Doch diese gehören zu jeder Entwicklung dazu und ich für meinen Teil bin mir ziemlich sicher, dass diese absolut positiv ausfallen wird.
Nick Emmanwori fully celebrated his TFL while also hopping around with an apparent foot injury. That's dedication.
— Mike Vorel (@mikevorel) September 7, 2025
Ebenjene positive Entwicklung hat auch Coby Bryant letztes Jahr nach zwei zähen Jahren unter Pete Caroll und ohne feste Position in der Defense durchlaufen, als Mike ihn während der Saison zum Starter als Full-Time-Safety neben Julian Love gemacht hat, nachdem er sich dieses Privileg durch gute & harte Trainingsarbeit und nach Rayshawn Jenkins verletzungsbedingten Ausfall dann auch unter Wettbewerbsbedingungen erarbeitet hat. Er fällt besonders durch seine Ballhawk-Künste auf, hat nach den letztjährigen 3 Interceptions dieses Jahr schon wieder 2 Stück gefangen und noch vier Pass Break Ups hinzugefügt. Auch bei Screens und Running Games (69.5 Grade) spielt er mit einem hohen Effort und sorgt so immer wieder für Stops (10) und negative Plays (4). Dabei kann es jedoch auch gerne mal vorkommen, dass er durch zu viel Aggressivität immer mal wieder am Ball Carrier vorbeifliegt und so das Tackle verpasst (7). Außerdem merkte man in den letzten Spielen ohne Julian Love, dass seine Spielintelligenz noch lange nicht am Ende der Entwicklung ist, sah er doch die letzten Wochen bei extended Plays – wenn sich die Routes mal vollständig entwickeln konnten – sehr lost aus und verlor seine zugeteilten Spieler hin und wieder mal aus den Augen. Ob seiner Entwicklung ist er vor allem an der Seite von Julian Love, wenn absolute Ordnung herrscht, ein zuverlässiger above-Average-Starter mit Upside für mehr und sollte bei einem für beide Parteien fairen Cap Hit als Homegrown Player in meinen Augen definitiv gehalten werden.
In der Abwesenheit von Julian Love spielte sich Ty Okada besonders im Spiel gegen die Texans in Week7 vor der Bye-Week als Quality Back-Up für die Safety Positionen in den Vordergrund. Er sammelte gegen Houston ganze 9 Tackles, sackte Stroud einmal, sammelte zwei weitere Pressures, wobei er bei einem nur wenig zu spät kam für seinen zweiten Sack und so nur einen QB-Hit gutgeschrieben bekam, plus einen Tackle for Loss und einen Pass Break Up. Insgesamt steht er so bei 1.5 Sacks und 3 Pressures, damit erarbeitete er sich mit einer Pass Rush Grade von 80.4 Platz 8 unter den Safeties und fügt abermals eine mögliche Waffe zum Arsenal von Mikes Blitzing Defense hinzu. Nimmt man die Overall Grade von 69.0 (#22), die Run Defense-Bewertung von 73.3 und die Coverage Grade von 63.1 mit ins Bild, braucht man nicht lange, um zu dem Entschluss zu kommen, dass Ty Okada sich mit seinen gezeigten Leistungen auch in Zukunft, wenn alle Starter zurückkehren werden, seine Snaps verdient hat und man ein gern gesehenes Problem haben wird, wenn es herauszufinden gilt, wie man jedem seine Rolle und Spielminuten wird geben können.
Am Ende dieser tiefen Safety-Rotation steht nämlich auch noch ein gewisser D’Anthony Bell, der seine Spuren zwar vorwiegend in den Special Teams hinterlässt, der bei seinen bisherigen 2 Pass Rush Snaps mit einem geteilten Sack und einem Pressure seine Spuren hinterlassen hat und somit Mike in eine absolute Traumsituation für die zweite Saisonhälfte bringt, eventuelle Engpässe auf anderen Positionen durch die vorhandene Safety-Tiefe mit alternativen Formation ein wenig ausgleichen zu können.
Das Coaching von Mike MacDonald und Aden Durde ist auch in Jahr 2 immer noch eine in der Entwicklung befindliche Arbeit. Jedoch sah man auch schon bei den Ravens in Baltimore, das Mikes komplexes Scheme eine gewisse Zeit braucht, um einerseits von den Spielern verinnerlicht zu werden und es andererseits auch erstmal an das vorhandene Personal anzupassen.
Und obwohl dieser Prozess immer noch nicht abgeschlossen ist und man noch nicht zwingend alle 100% passenden Spieler für die Spielidee von Mike hat, so sieht man doch, dass er es versteht, das bestmögliche aus dem Potenzial der ihm zu Verfügung stehenden Spieler herauszukitzeln. Damit verhilft er einigen jungen Spielern, die als Free Agents von der Straße aufgesammelt wurden und die bis dato keiner haben wollte, weil sie auf dem Turf bisher kaum sichtbare Spuren hinterlassen haben, dabei, sich die ersten Sporen und mögliche Break-Outs zu erarbeiten, während er den in die Jahre gekommenen Spielern, die viele aufgrund der unterschiedlichsten Gründen für Geschichte halten, zu ihrem zweiten Frühling verhilft. Allein dafür gebührt Mike schon jeglicher Respekt, denn jeder, der das Business NFL kennt, weiß, dass genau diese Spieler, die keine Stars, keine Early Round Selections und ähnliches sind, den Saisons am Ende die entscheidende Nuance geben können. Denn eine Taktik auszutüfteln und den Spieler zu überzeugen, ist das eine, den Menschen hinter dem Spieler jedoch zu verstehen, ihn auf deine Seite zu bringen, damit er alles aus sich rausholt und für dich kämpft, ist die andere Sache. Diese Fähigkeit hat nicht jeder Coach, jedoch unterscheiden genau diese Dinge einen guten Head Coach von einem Elite Head Coach. Denn als Head Coach musst du Menschen auch führen können und um das zu können, muss man Menschen verstehen und von seinen Visionen überzeugen können. All das scheint Mike binnen kürzester Zeit geschafft zu haben und das sieht man auch auf dem Feld, im Training oder aber bei Interviews und Press Conferences. Egal wo man hinhört oder schaut, man hört nur positives über Mike und jeder Spieler ist bereit, für ihn durch eine Mauer zu rennen und sein Herz auf dem Platz zu lassen. Das führt dazu, dass wir dieses Jahr, obwohl wir (geht man von dem symbolischen 6-Jahres-Vertrag, den die Parteien abgeschlossen haben) noch im absoluten Rebuild-Stadium sind, bereits wieder als ernstzunehmende Gefahr in der NFL-Landschaft wahrgenommen werden und zudem auf dem ersten Platz der NFC West stehen, kann man gar nicht anders, als positiv gestimmt zu sein. Denn die Leistungen die man zeigt, sind bei weitem noch nicht perfekt, aber dennoch bei weitem nicht mehr so willkürlich und glücklich, wie sie am Ende der PC-Ära waren. Größtenteils liegen diese knappen Ergebnisse und die noch schwankenden Leistungen wohl daran, dass man ein sehr junges Gerüst an Leistungsträgern in der Defense mit einigen wenigen etablierten Veteranen hat. Wenn dann trotz der oben aufgezählten Ausfälle dieser wichtigen Stützen weiterhin solch dominante, überzeugte Leistungen gezeigt werden können, dass man die Spiele mittlerweile größtenteils zu seinem Vorteil entscheiden kann, zeugt das definitiv von einem Reifeprozess, den dieses Team mental durchmacht. Das die Leistungen sich im Laufe dieses Reifeprozesses stabilisieren werden, steht für mich außer Frage, denn mit jedem Snap, wird er zum Wachstum des Teams und der einzelnen Spieler beitragen. Solch ein Wachstum durchlebt Mike aber auch selbst, denn es ist hinlänglich bekannt, dass Mike eigentlich ein Freund davon ist, ohne hohe Blitzing-Rates zu spielen (Blitzing bedeutet übrigens nicht zwangsläufig, dass ein LB oder CB den Passer mitrusht, sondern wird dadurch definiert, dass am Ende 5 oder mehr Spieler den QB attackieren, was auch durch eine 5-köpfige D-Line passieren kann). Hat diese Idee anfangs mit den traditionellen Lösungen nicht immer geklappt, fruchtet das Konzept mittlerweile doch immer mehr, weil Mike durch mutige und vielfältige Entscheidungen, in denen er D-Linern auch mal das Vertrauen in Coverage zu droppen schenkt und dafür Spieler andere Positionsgruppen, wie die unterschiedlichsten Safeties und CBs in den Rush schickt, dass die Defense nicht mehr so leicht berechenbar wird und den Playern durch die Möglichkeit, die verschiedensten Plays zu machen, enormes Selbstvertrauen und Momentum einhaucht. Zu erkennen, dass dein Plan Schwachstellen hat und an diesen zu Arbeiten, ist definitiv nicht jedermanns Sache und dafür darf man Mike auch den nötigen Respekt zollen. In der Vergangenheit haben wir dies nämlich auch schon anders erlebt und sind damit Stück für Stück Richtung Mittelmäßigkeit geschlittert. Man darf gespannt sein, was Mike sich in der Bye-Week ausgedacht hat, um die bestehenden Probleme in der Coverage, aber auch der Disziplin (was Penalties, Strafen, Probleme bei der Kommunikation und Auswechselfehler samt verbrannter Time Outs angeht) zu beheben. Denn ob und wie Mike diese Probleme wird beheben und das bevorstehende Luxusproblem mit dem Personal-Puzzle, wenn langsam aber sicher wieder alle Spieler verfügbar sein werden, wird lösen können, entscheidet am Ende, wie gut das Coaching von Mike wirklich ist. Was Aden Durdes Coaching angeht, ist es als außenstehender tatsächlich sehr schwer zu beurteilen, da man als außenstehender doch sehr wenig Insights mitbekommt. Was man ihm als D-Line-Guru aber definitiv hoch anrechnen muss, ist die Entwicklung unserer D-Line, die wie die O-Line jahrelang eines unserer Sorgenkinder war (vor allem was DT – bzw. Interiorplay anging) und nun zu unserem absoluten Prunkstück geworden ist. Durch das gute Coaching hat man mittlerweile eines, wenn nicht sogar DAS Beste DT-Duo der ganzen Liga in seiner Reihe. Wenn man es jetzt noch hinbekommt, den Jungs die Technik und die Hilfsmittel an die Hand zu geben, um noch konstanter die Sacks einzufahren, wird man am Ende der Saison nur hoffen können, dass Durde kein HC-Kandidat wird und wir durch bestehenbleibende Kontinuität im Coaching im nächsten Jahr nochmal einen weiteren Schritt zur besten Defense der Liga wird machen können.
Obwohl es auf defensiver Seite viele positive Leistungen und Prozesse zu beobachten gibt, ist noch nicht alles Gold, was glänzt.
Doch auch, wenn es gerade in der Passing Defense noch hapert und es einiges an Verbesserungspotenzial gibt, könnte das Problem aufgrund der Rückkehr wichtiger Spieler des defensiven Backfields schnell obsolet werden und das Gesamtbild könnte mit Sicherheit um einiges schlimmer aussehen. Schafft es die vorderste Front in Zukunft weiterhin so auf dem Gaspedal zu bleiben, wie sie es vor der Bye-Week war (vor allem was die Sacks angeht) oder noch eine Schippe draufzulegen, so kann man voller Überzeugung davon ausgehen das wir am Ende eine Top-5-Defense haben werden. Vor allem, wenn es zusätzlich noch gelingen sollte, durch die sich entspannende Personalsituation und das sich damit für Mike öffnende Playbook, mehr Turn-Over (vor allem im Bereich von Fumbles und Strip-Sacks) zu forcieren. Bleibt nur zu hoffen, dass sich auf dem weiteren Weg keiner der Leistungsträger verletzt, den um die höchsten Ziele zu erreichen, wird am Ende jeder Mann wichtig sein, um das Maximum aus dieser vielversprechenden Saison rauszuholen. Die Defense wird nämlich mit Sicherheit der Key Part des Erfolgs sein, denn wie man zu Sagen pflegt: Offense wins Games, Defense wins Championschips! Damit wünsche ich euch allen viel Spaß mit dem Rest der Saison und in diesem Sinne: GO HAWKS!