12 Beobachtung aus dem ersten Preseason-Spiel der Seahawks

NFL Preseason 2022 Seattle Seahawks Pittsburgh Steelers RB Deejay Dallas

PITTSBURGH, PA – AUGUST 13: DeeJay Dallas #31 of the Seattle Seahawks goes to the end zone for a 17-yard touchdown reception in the fourth quarter during a preseason game against the Pittsburgh Steelers at Acrisure Stadium on August 13, 2022 in Pittsburgh, Pennsylvania. (Photo by Justin Berl/Getty Images)

Seahawks-Football ist zurück. In der Nacht von Samstag auf Sonntag stieg das Team von Head Coach Pete Carroll in die NFL-Preseason 2022 ein. Bei den Pittsburgh Steelers war das Ergebnis (25:32) aber zunächst zweitrangig. Am Ende lieferte dieses Spiel dennoch einige Erkenntnisse, die nicht nur für Coaching Staff, sondern auch für die 12s interessant sein dürften. Die wichtigsten Szenen und Beobachtungen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) vom Spiel der Seattle Seahawks im gut besuchten Acrisure Stadium (ehemals Heinz Field), haben die German Sea Hawkers an dieser Stelle aufgeschrieben.

Die Beobachtungen:

  1. Charakteristisch für die Preseason ist die Tatsache, dass die Starspieler der Teams wenig bis gar keine Spielzeit sehen. Im Fall der Seahawks waren das in Pittsburgh auf der offensiven Seite des Balles DK Metcalf und Tyler Lockett. Und nein, die beiden Wide Receiver waren nicht verletzt. Zum einen sollen genau diese Blessuren durch die Schonung der Schlüsselspieler in der Preseason verhindert werden. Stattdessen wird den Spielern am unteren Ende des Depth Chart mehr Spielzeit gewehrt. So erlebten Metcalf und Lockett einen entspannten Abend an der Seitenlinie. Gesellschaft bekamen sie dort vom bestbezahlten Safety-Tandem der NFL, Jamal Adams und Quandre Diggs. Wie ihre Offense-Kollegen trugen die zwei Defense-Stars zwar auch Pads und Trikots, feuerten ihre Teamkollegen in diesem Dress aber lediglich vom Spielfeldrand an.
  2. Pete Carroll hatte es unter der Woche angekündigt. Zweitrunden-Pick Kenneth Walker III würde den Start als Running Back bekommen. Und der Head Coach hielt Wort. Mit seinen ersten Läufen in der NFL machte der Rookie zwar einige Yards, wurde aber durch das Play Calling nur auf Inside Runs geschickt. Entsprechend schnell lief er sich dadurch in den eigenen und gegnerischen Linemen fest. Seine Explosivität und Schnelligkeit im zweiten Level der Defense konnte Walker also noch nicht zeigen. Grund dafür dürfte auch seine Unerfahrenheit gewesen sein, denn…
  3. …an Stelle des Rookies spielten in der ersten Halbzeit Travis Homer und im zweiten Spielabschnitt Deejay Dallas auf Running Back. Und beide machten ihren Job mehr als anständig. Homer fand immer wieder freigeblockte Lücken und machte auch Yards als Passempfänger. Dazu sicherte er auf diesem Weg eine 2Pt-Conversion. Dallas dagegen nahm mehrheitlich bei Inside Runs viel Kontakt mit der Steelers-Defense auf und erzielte jeweils ordentlich Raumgewinn am Boden. Das Highlight war sein Catch-and-Run-Touchdown den er mit einem dynamischen Sprung in die Endzone krönte.
  4. Sowohl die Starter in der Offensive- als auch in der Defensive-Line machten in ihren Formationen einen guten Job. In der ersten Halbzeit hielt die O-Line die Pocket für Geno Smith größtenteils sauber, sodass er ohne großen Druck agieren konnte. Anspielstationen fand Smith trotzdem selten, was wiederum dafür sorgte, dass die Drives immer sehr schnell vorbei waren. Gegen Ende des zweiten Spielabschnitts änderte sich das allerdings. So verpassten zunächst zwei Backup-Tight Ends ihre Blocks, was zu einem Sack von Drew Lock führte. Ärgerlich, aber nicht so gravierend wie die Tatsache, dass Lock im ersten Snap des letzten Drives nach dem Turnover-on-Downs einen Blitz nicht erkannte und die Protection nicht veränderte. Die Folge war, dass der gegnerische Edge Rusher auf der Blind Side nicht geblockt wurde, dieser so dem Quarterback in den Rücken springen und dadurch den Fumble forcieren konnte, der letztendlich zum entscheidenden Steelers-Touchdown führte. Die D-Line konnte ihrerseits zwar bis zum Pausenpfiff ebenfalls nicht viel Zählbares in Form von Sacks vorweisen, doch der Druck auf die Steelers-Quarterbacks war durchaus konstant da.
  5. Rookie-Nervosität – Teil 1: Die Offensive Linemen Charles Cross und Abe Lucas machten ihre Sache wie bereits erwähnt sehr solide. Die frischgedrafteten Wide Receiver Bo Melton und Dareke Young waren dagegen wie Ken Walker etwas unsicher, und ließen ihrerseits jeweils einen sehr fangbaren Pass fallen, rehabilitierten sich aber später beide. Melton fing im ersten Snap von Drew Lock als Seahawks-Quaterback zunächst einen kurzen Pass und sprintete mit dem Lederei die Seitenlinie für einen großen Raumgewinn herunter. Und genau diesen Drive schloss dann Young ab, der einen kurzen Bullet-Pass von Lock an der Goalline zum Touchdown fing.
  6. Rookie-Nervosität – Teil 2: Auch das war angekündigt. Wegen der dünnen Personalsituation im defensiven Backfield durften die Rookies Tariq Woolen und Coby Bryant auf Cornerback starten. Und gegen die Nr. 1-Offense der Gastgeber, die hier ebenfalls einige Starter wie Chase Claypool schonten, zahlten beide direkt Lehrgeld. Woolen verpasste ein Tackle und wurde in den ersten beiden Drives gleich zweimal im Eins-Gegen-Eins von seinen Gegenspielern geschlagen. Bryant zog seinerseits gegen Pittsburghs Rookie-Receiver George Pickens in der Endzone den Kürzeren, der Seattles neue Nr. 8 für einen Toe Tap-Touchdown vernaschte.
  7. Ja, es ist die Preseason, doch der erste Kick von Jason Myers landete direkt am Goalpost und sprang von da durch die Torstangen. Wir denken uns einfach unseren Teil und hoffen, dass das kein schlechtes Zeichen ist. Auf der anderen Seite waren seine restlichen Kicks, seien es Field Goals oder Extrapunkte, allesamt sicher versenkt.
  8. Offenbar war der Coaching Staff der Seahawks zum Auftakt der Preseason sehr am Auftriff von Boye Mafe interessiert. Dementsprechend spielte der Rookie-Pass Rusher vom ersten bis zum vierten Quarter durch. Zunächst lief er sich dabei öfters in der O-Line der Steelers fest. Doch nach dem Two Minute-Warning im letzten Viertel hätte Mafe das Spiel fast zugunsten seines Teams entschieden. Bei einem Steelers-Fourth Down, zu dem es durch einen sehr fragwürdigen Spot nach einer vermeintlichen 3rd-Down-Conversion kam, schoss der Outside Linebacker durch die Line, machte durch seine Geschwindigkeit einige Yards auf Rookie-QB Kenny Pickett gut, sackte Pittsburghs-Hometown Hero und sicherte so den Turnover-on-Downs.
  9. Vor einigen Jahren waren die Seahawks auf eine Sache besonders stolz: die Fähigkeit, dass alle Spieler im Kader ausgezeichnete Tackler waren. Nach dem Abend in Pittsburgh scheint das allerdings bereits Lichtjahre entfernt. Die Anzahl der Situationen aufzuzählen, in denen Seattles Spieler entweder ihren Gegenspieler komplett verpassten oder sie aus einem sicher geglaubten Stopp entkommen ließen, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Zwei Beispiele seien aber genannt: So gelang es Darrell Taylor zu Anfang des Spiels nicht, Mitch Trubisky für einen Sack zu Boden zu bringen, weil er zu sehr darauf fokussiert war, ihm den Ball zu entreißen. Stattdessen drehte er sich mit einem Arm wie ein Jojo um den Quarterback herum und prallte an ihm ab. Gleiches schaffte auch Undrafted Rookie Josh Valentine-Turner. Wenige Sekunden vor Ende war es die Aufgabe des Cornerbacks den ihm zugeteilten Receiver nach einem Catch an der Seitenlinie zu Boden zu bringen. Doch auch Turner packte nicht richtig zu und ließ so den spielentscheidenden Touchdown zu.
  10. Während Jamal Adams und Quandre Diggs an der Seitenlinie Maskottchen spielten, durften der endlich wieder genesene Marquise Blair zu Beginn als Safety auflaufen. Im Rahmen dieser Snaps zeigte er, warum ihn Seattle 2019 in der zweiten Runde im NFL-Draft gepickt hatte. Nachdem seine Kollegen wie angesprochen teils reihenweise ihre Tacklings verpasst hatten, war es Blair, der in der letzten Verteidigungslinie ein ums andere Mal den Feuerwehrmann spielen und mit Geschwindigkeit sowie harten Hits aufräumen musste.
  11. Dafür dass so viele unerfahrenen Spieler für beide Teams auf dem Platz standen, mussten die Schiedsrichter kaum zu ihren gelben Flaggen greifen. Bei den Seahawks kassierte Linebacker Cody Barton direkt zu Spielbeginn ein Personal Foul für einen späten Hit, während Tariq Woolen wenig später einen Hands to the Face-Penatly zog. Und erst gegen Ende des dritten Quarters setzte es den ersten und einzigen False Start-Penalty für Seattles O-Line. Im letzten Drive der Steelers kassierte Backup-Defensive Tackle Myles Adams dazu noch eine einsame Roughing the Passer-Flagge.
  12. Manche Dinge ändern sich eben nie. So waren die 12s, die sich die Nacht auf Sonntag um die Ohren schlugen, kaum überrascht, dass die Seahawks auch 2022 wieder ihr unwiderstehliches Game Management in petto haben. Vor Seattles vierten offensiven Snap des Spiels musste Geno Smith direkt ein Timeout nehmen, weil die Spieluhr auszulaufen drohte und er den geänderten Spielzug nicht rechtzeitig ansagen konnte. Zu der Entscheidung von Pete Carroll eine feststehende Touchdown-Entscheidung zu challengen und so ein Timeout zu verschwenden ist zu seinem Verständnis von Regelkunde und seinem Spielverständnisses nicht mehr viel zu sagen…

Die Highlights:

Pete Carroll will in der NFL-Saison 2022 das Laufspiel etablieren. Eine Philosophie, die Seahawks-Quaterback Geno Smith gut verinnerlicht hat und zum ersten Touchdown in die Endzone segelte.

Das Resultat des ersten kompetitiven Passes von Drew Lock als Quarterback in Seattle? Bitteschön:

Kollaboration zwischen zwei Neu-Seahawks: Drew Lock auf Rookie Dareke Young.

Carroll bliebt eben Carroll…

„Air Dallas“ mit der Landeerlaubnis für die Steelers-Endzone:

Rookie-Rusher Boye Mafe hatte Kenny Pickett genau im Visier:

Die Verletzten:

Keine, bis auf Wide Receiver Cody Thompson, der wegen Schulterproblemen nicht weiterspielen konnte. In der Preseason solch eine erfreuliche Bilanz die absolute Hauptsache und kann sogar fast als ein Sieg erachtet werden.

Das Fazit:

12s, die jetzt nach diesem Spiel die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sich auf den Nr. 1-Pick im NFL-Draft 2023 freuen, denen sei gesagt: Es ist die Preseason. Dass die Saison im Jahr 1 nach Russell Wilson und Bobby Wagner einen unangenehme wird, ist absolut klar. Sicher ist aber auch, dass die Seahawks in den Formationen wie in Pittsburgh so nie wieder zusammen spielen werden. Stattdessen ging und geht es in der Saisonvorbereitung darum zu sehen, wie sich junge Spieler entwickeln und wie sie sich in einer Wettbewerbsumgebung präsentieren. All das wurde gegen die Steelers erreicht. Und jetzt gilt es auf den guten Ansätzen (Performances der beiden Lines) aufzubauen und die Fehler (indiskutables Tackling-Verhalten) abzustellen.

Ausblick: In Week 2 der Preseason empfangen die Seahawks am 19. August um 2 Uhr deutscher Zeit die Chicago Bears im Lumen Field.