„Thanks for asking!“ – Quo vadis, Seahawks?

Kommentar

Meine Mama hat immer gesagt: Bevor du etwas sagst, das dir hinterher leid tut, schlaf lieber drüber. Morgen sieht die Welt ganz anders aus.

Meine Mama hat viele kluge Dinge gesagt, aber das mit dem Drüber schlafen funktioniert irgendwie nicht so richtig. Besonders nach schlechten Spielen meines Lieblingsteams.

So wie gestern. Und letzte Woche. Ja, ich weiß, die Saison hat erst angefangen, wir fangen immer schwach an und steigern uns dann – alles gut und schön.

Aber ich bin der Meinung, dass wir uns in unruhigen Gewässern befinden und dass hier unbedingt gegengesteuert werden muss.

Lasst uns ein Jahr zurückgehen.

In der Vorbereitung zur vergangenen Saison wurde Jimmy Graham nach Seattle geholt. Für ihn gab man Center Max Unger nach New Orleans ab – also Herz und Hirn der Offensive Line. Ich war von vorne herein nicht besonders begeistert über diesen Deal. Nicht dass ich Jimmy Graham nicht mag, ich halte ihn für einen ausgezeichneten Tight End, wenn er gesund ist auf einer Stufe mit Gronk. Nein, was mir Sorgen machte war, dass unser Spiel gar nicht auf einen Spieler seines Formats ausgelegt war. Wir waren, wir sind ein Running Team. Wir leben vom Laufspiel. Das hat sich auch bis heute nicht geändert. Zeit, um für die Zukunft zu planen, war mehr als genug! (Stichwort Playbook!)

Die Konsequenz also war, dass die O-Line neu aufgestellt werden musste. Dies dauerte fast drei Viertel der vergangenen Saison, und auch am Ende war die Leistung meist durchwachsen. Trotzdem war unser Spiel nach wie vor lauflastig. Ich hätte nun erwartet, dass man hier zur neuen Saison nachbessert. Insbesondere nach dem Abgang von Marshawn Lynch hätte man hier Qualität holen müssen, um unseren jungen Running Backs den Weg vernünftig freizublocken. Stattdessen bekam Doug Baldwin seinen Zahltag, man draftete Spieler, die die O-Line verstärken sollen und holte mit J’Marcus Webb vermeintliche Erfahrung aus Oakland. Kann gut gehen, muss aber nicht.

Denn wie man sieht, ist die O-Line bisher nicht gerade sattelfest, um es vorsichtig zu sagen. Und unser Running Game wird allzuoft bereits hinter der Line of Scrimmage gestoppt. Als Sahnehäubchen muss unser QB noch angeschlagen spielen – ein Risiko das vermeidbar wäre!

Versteht mich nicht falsch, ich stehe zu den Seahawks. In guten wie in schlechten Zeiten. Keine Frage.

Quo vadis, Seahawks?

Ich befürchte, dass sich unsere sportliche Leitung diesmal verspekuliert haben könnte. Da unsere Turnover-Produktion gleich null ist, fehlen folgerichtig mögliche und wichtige Punkte zum Sieg. Die Durchschlagskraft unserer Offense ist momentan nicht der Rede wert. Und von Disziplinlosigkeiten, die zu Strafen führen, rede ich noch gar nicht. Das muss intern angesprochen werden, in aller Deutlichkeit.

Ich hoffe, unsere Coaches drehen an den richtigen Stellschrauben. Wir sind meilenweit entfernt von unserer Topform, selbst deutlich von unsere Durchschnittsform der vergangenen Jahre. Wir müssen vielleicht mal raus aus der Komfortzone, vielleicht muss der Ton mal rauher werden. Sonst wird das nicht reichen, um den erneuten Einzug in den Super Bowl zu schaffen.

So wird das nicht mal für eine 8-8-Saison reichen. Da kann ich so oft drüber schlafen wie ich will.

von Tobias Neumann