Statistik der Woche: Saisonmitte-Stats

Shaquill Griffin (Foto: Seattle Seahawks)

Die ersten zehn Spiele der Regular Season sind absolviert und die Seattle Seahawks stehen mit einer sehr guten 8-2-Bilanz und guten Playoff-Chancen auf dem zweiten Rang der NFC West. Wie haben sich die einzelnen Positionsgruppen bislang geschlagen? Ein Blick auf die Zahlen.

Quarterback:

Russell Wilson spielt die beste Saison seiner Karriere. Er hat die höchste Completion-Rate (68,5 Prozent) und das obwohl seine „Intended Air Yards per Attempt“ (9,1 IAY/A) nochmal höher sind als in seinem ersten Jahr unter OC Schottenheimer. Das heißt, er bringt so viele Bälle an wie noch nie und das mit der größten durchschnittlichen Distanz. Dazu liegt auch Wilsons Touchdown-Quote mit sieben Prozent auf dem zweithöchsten Wert seiner Karriere. Außerdem versteht er es diese Saison noch besser, Ballverluste (Fumbles und Interceptions) zu verhindern – seine zwei Picks bedeuten eine Interception-Quote von 0,6 Prozent. Vor der Spielzeit 2019 lag Wilsons Bestwert bei 1,5 Prozent. Diese Superlativen kann man immer fortführen, man landet auch nach den Metriken DVOA oder QBR bei Karriere-Bestwerten. Es ist hauptsächlich Russell Wilsons „Schuld“, dass die Seahawks in dieser Runde erst zwei Spiele verloren haben. Somit ist es auch berechtigt, dass er gemeinsam mit Lamar Jackson von den Baltimore Ravens der Hauptfavorit auf den MVP-Titel ist.

Running Backs:

Seattle will sich durch den Lauf identifizieren und versucht das auch weiterhin indem das Team bei 46,44 Prozent aller Spielzüge läuft (nur vier Teams laufen prozentual häufiger). Dafür wird mehrheitlich Chris Carson genutzt, der 200 der insgesamt 257 Laufversuche* bekommen hat. Weiterhin eine Stärke von Chris Carson ist es, Tackles zu vermeiden oder zu brechen. In dieser Saison hat er bereits 22 Tackles gebrochen und kommt damit alle 9,1 Laufversuche auf ein abgewehrtes Tackle und damit auch auf 595 Yards nach dem Kontakt, was 2,4 Yards pro Lauf nach Kontakt entspricht. Weil er sich oft noch weiter durchkämpfen will und dann auch von mehreren Gegenspielern von verschiedenen Seiten attackiert wird, offenbart Carson in dieser Saison aber auch eine Schwäche: Ballsicherheit. Schon sechs mal verlor er den Ball – doppelt so oft wie in der vergangenen Saison. Das führt auch dazu, dass Pro Football Focus (PFF) ihm die schlechteste Fumble-Note aller Running Backs mit mindestens 100 Laufversuchen gibt. Die anderen Läufer der Seahawks spielen sowohl im Pass- als auch Laufspiel aktuell nur eine untergeordnete Bedeutung.

*bei der Grundgesamtheit sind die Laufversuche von Russell Wilson ausgeklammert, da diese nicht zu den klassischen Laufversuchen zählen, weil sie grundsätzlich aus Passversuchen resultieren

Wide Receiver & Tight Ends:

Nach dem Karriereende von Doug Baldwin musste Tyler Lockett den Job als Nummer-eins-Receiver übernehmen und das macht er mit Bravour. Er wird von allen Seahawks-Passempfängern am häufigsten gesucht. Auch Football Outsiders listet Lockett nach Effizienz als einen der besten Wide Receiver der Liga mit einem DVOA-Wert von 31,4 Prozent (Rang 5). Von allen 306 Pässen der Seahawks gingen 75 in die Richtung von Tyler Lockett, davon fing er 62 für insgesamt 793 Yards. Auf einem ähnlichen Kurs wäre auch Tight End Will Dissly, der nur sechs Spiele aktiv war und immer noch die viermeisten Targets (26) und Catches (23) bei Seattle hat. In Sachen Yards ist er mit 262 sogar noch auf Rang drei aller Seahawks-Receiver. Eine etwas andere Rolle spielt sein Ersatz Jacob Hollister, der eher als Option für die kurzen Pässe dient und auf insgesamt 8,1 Yards pro Fang kommt. Damit liegt er vor den beiden Running Backs Chris Carson und C.J. Prosise liegt. Eine wiederum andere Aufgabe hat Rookie-Receiver DK Metcalf, der mit 17 Yards pro Reception die Passempfänger mit mindestens zehn Catches anführt. Jedoch fing er nur 56,5 Prozent aller Targets (darunter fünf Pässe für Touchdowns).

Offensive Line:

Das Sorgenkind der Offensive ist weiterhin die Angriffslinie. Nach PFF landet Seattles O-Line beim Lauf-Blocking auf einem guten 13. Rang, beim Beschützen Russell Wilsons ist es dagegen nur der 30. Platz. Ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt, dass der viel und oft gescholtene Germain Ifedi tatsächlich das Sorgenkind der Offensive Line ist. Er lässt mehr als doppelt so viel Druck (39 Pressures) auf den Quarterback zu als jeder andere O-Liner (18) und hat mit acht Flaggen auch die meisten aller Spieler gesammelt. Für die meisten Sacks ist übrigens Guard D.J. Fluker verantwortlich, der zwar insgesamt nur acht Mal Druck auf den Quarterback zuließ, die hälfte resultierte aber in Sacks. Gerade in Anbetracht dieser Schwächen wird man wohl auch in den kommenden Spielen viele schnelle und kurze Pässe sehen, was bedeutet, dass Seattle sich teils der Chance auf tiefe Würfe beraubt.

Defensive Line: 

Die meisten Fragezeichen in der Defense vor der Saison gab es in der Verteidigungslinie – und die sind trotz der starken Saison von Neuzugang Jadeveon Clowney berechtigt. Sein bisher bestes Spiel zeigte der oft gedoppelte Edge Rusher gegen die San Francisco 49ers, als er auf insgesamt elf Pressure-Vermerke in der Statistik kam. Das sind 25 Prozent seiner Stats in dieser Spielzeit. Clowney hat zuletzt von der Rückkehr Jarran Reeds profitiert, der in vier Spielen auf zwei Sacks kommt und damit nur hinter Clowney und Linebacker Mychal Kendricks liegt. Enttäuscht hat dagegen bislang Neuzugang Ezekiel Ansah, der immer noch nicht bei 100 Prozent Fitness angekommen zu sein scheint und in sieben Spielen nur auf eine Pass-Rush-Produktivität von 3,5 kommt. Im Gegensatz dazu stehen Clowney und Rasheem Green bei 7,4 und 4,6.

Linebacker:

Head Coach Pete Carroll ist stolz auf seine drei Starting-Linebacker und deshalb spielen die auch häufig. Wie häufig? Bobby Wagner hat noch keinen Snap verpasst, K.J. Wright stand in 94 Prozent aller Snaps auf dem Feld und Mychal Kendricks in 73,5 Prozent aller Snaps. Das ist quasi die defensive Variante von „Establish the Run“. Auch hier gehen die Seahawks komplett gegen den Trend. Während die meisten anderen Teams immer mehr Sub-Pakete spielen, also Formationen, in denen zusätzliche Defensive Backs statt Linebackern eingesetzt werden), spielen die Seahawks immer mehr Base-Formation (obwohl sie 2018 bereits bei über 60 Prozent Sub-Pakete waren). Diese Entwicklung zeigt sich auch auf dem Spielfeld, denn Seattle hat eine sehr gute Laufverteidigung. Das ist bei drei Linebackern auf dem Feld auch nicht ungewöhnlich, denn diese werden von Beginn ihrer Football-Karrieren an darauf erzogen, primär den Lauf zu stoppen. Aus genau diesem Grund funktioniert übrigens die Play Action auch ohne gutes Laufspiel. Nach den defensiven EPA-Wert hat Seattle die sechstbeste Laufverteidigung der Liga. Gegen das Passspiel sieht es jedoch anders aus. Die Seahawks liegen hier nach EPA nur auf Rang 20.

Defensive Backs: 

Cornerback Shaquill Griffin spielt eine klasse Saison, nachdem er in der vergangenen Runde einen Durchhänger hatte und man von ihm 2019 eine deutliche Leistungssteigerung erwartete. Diese hat er bislang gezeigt und wurde deshalb auch schon in der Statistik der Woche erwähnt. Seit seiner Erwähnung hat Griffin seine Werte sogar noch verbessert. Mit zwölf abgewehrten Pässen führt er die Liga an. Auf der anderen Seite muss sich nun Cornerback Tre Flowers noch steigern, denn er wird von allen Defensive Backs der Seahawks am häufigsten attackiert. Dabei hat er bereits sieben gelbe Flaggen kassiert und zwei direkte Touchdowns zugelassen. Durch den Trade für Safety Quandre Diggs, der in seinem ersten Spiel direkt eine Interception schaffte, dürfte Seattle auf Safety nun besser aufgestellt sein. Seahawks-Fans dürfen sich also Hoffnungen machen, dass Marquise Blair oder Ugo Amadi häufiger als fünfter Defensive Back in der Nähe der Line of Scrimmage eingesetzt werden.