See A Hawk: Marquise Blair

Marquise Blair (Foto: imago)

Schnell wie Earl Thomas und physisch wie Kam Chancellor? Marquise Blair ist ein eigener Charakter, der Attribute der zwei Akteure der historischen Legion of Boom mit bringt – und außerdem ein wenig an Marshawn Lynch erinnert. Der Rookie im Porträt.

In der Rubrik „See A Hawk“ (die fast „Meethawk“ getauft worden wäre) stellen wir in unregelmäßigen Abständen Spieler der Seattle Seahawks etwas genauer vor.

SS Marquise Blair

Kurzinfos:

  • College: Utah (2017-2018)
  • Alter: 22 (16. May 1997)
  • Größe: 1,85 m
  • Gewicht: 88 kg
  • Armlänge: 78 cm
  • Handgröße: 20 cm
  • Draft: 2. Runde, Pick #47

College-Statistiken (2018):

  • Spiele: 14
  • Tackles (Solo/Gemeinsam): 59 (44/15)
  • Tackles für Raumverlust: 2
  • Sacks: 0
  • Verteidigte Pässe: 2
  • Interceptions: 2
  • Forcierte Fumbles: 1

Werdegang

Über Marquise Blairs Vergangenheit mehr herauszufinden, sollte sich schwieriger als gedacht darstellen. Blair war schon im Rookie-Minicamp ein eher schweigsamer Zeitgenosse, leistete das erste Interview zwar freundlich, aber in fast Marshawn-Lynch-artiger Wortkargheit ab. Ein Mann der großen Worte ist Blair gewiss nicht.

Und wenn man sich durch seine Statistiken klickt fällt auf: Statistiken von Blair sind nur für die Saisons 2017 und 2018 von Utah aufgeführt. College-Spieler müssen aber mindestens drei Jahre auf dem College gespielt haben, um für den NFL-Draft verfügbar zu sein.

Den Blairs Weg war alles andere als üblich.

Blair spielte auf der Wooster High School sowohl Football als auch Basketball, wobei ihm Basketball sogar mehr gefiel. Sein damaliger Coach, Doug Haas, musste Blair davon überzeugen, Football weiter zu spielen. Blair spielte Football, verpasste zu dem Zeitpunkt aber schon drei Wochen Training und musste die gleiche Zeit erstmal auf der Bank Platz nehmen.

Da die Safety-Position anspruchsvoll ist startete er dann zuerst als Defensive End. Mit Erfolg: im ersten Spiel brachte es Blair auf sieben Sacks und recoverte einen Onside Kick.

Anschließend spielte Blair für den Rest der Saison Cornerback und in der darauffolgenden Saison wurde er dann zum Safety.

Als Defensive immer mehr ins Wanken geriet wurde Blair als LB aufgestellt, um näher an den Plays zu sein. Auch hier wieder mit Erfolg. Die Defensive stabilisierte sich zunehmend. Und doch war Blair noch immer nicht vollständig davon überzeugt, beim Football zu bleiben.

Durch seine guten Leistungen wurde Blair jedoch für verschiedene Colleges interessanter und bekam Angebote für Stipendien von Minnesota, Purdue, Kent State, Toledo und Syracuse.

Er entschied dich für Syracuse und wollte seine College-Karriere beginnen. Doch eine Sache stand ihm noch im Weg: Sein Noten-Durchschnitt.

Blair setzte alles daran nachdem er realisierte, dass Football sein Ticket zu den Profis werden kann und versuchte die Leistungen neben dem Platz, im Klassenraum, zu verbessern. Die NCAA machte ihm jedoch einen Strich durch die Rechnung und stufte ihn als nicht geeignet ein. Blair durfte somit kein Major College Football spielen.

Er lernte aus seinen Fehlern, nahm den Umweg über das Dodge City Community College in Kansas. Sein Coach aus dieser Zeit, Michael Starkey, ist voll des Lobes über Blair. Er beschreibt Blair als sehr lernwillig, coachable und bescheinigte ihm einen hohen Football-IQ. Er verstehe Schemes und Konzepte sehr schnell und setze sie so auch um.

Der Weg übers Community College trug nach zwei Jahren Früchte: Utah holte Blair in die Pac-12 Conference, damit spielte Blair endlich College Football auf hohem Niveau. Der Lohn harter Arbeit.

Waren seine Noten noch ein Problem auf der High School, war das auf dem College kein Thema mehr: Blair bekam eine Ernennung ins „conference’s honorable mention all-academic team“. Diese Auszeichnung erhält man mit einem guten Noten-Durchschnitt und als wichtiger Spieler in einem Team.

Videoanalyse

Blair ist sowohl auf Free Safety als auch auf Strong Safety einsetzbar. 2018 absolvierte er 163 Snaps in der Box als Strong Safety und 524 im offenen Feld als Free Safety.

Er hat eine eher schmächtige Figur, ist aber dennoch ein extrem harter Hitter, wenn man sich seine Tapes anschaut. Schnell wurden Vergleiche mit Kam Chancellor gezogen. An seiner Tackling-Technik wird Blair aber noch arbeiten müssen, so kassierte er auf dem College drei Platzverweise für Targeting. Er hält generell seinen Kopf immer sehr tief und das wird ihm, stellt er das nicht ab, auch in der NFL einige Strafen einhandeln. Auch in seinem eigenen Interesse sollte er das Senken des Kopfes abstellen, um Verletzungen vorzubeugen.

Durch sein forsches Tackeln hat man das Gefühl, dass jedes Tackle von Blair ein Alles oder Nichts-Tackle ist. Das kann in spektakulären Hits oder forcierten Fumbles enden, aber auch komplett ins Leere gehen und dem Gegner potenzielle Big Plays ermöglichen. Die richtige Dosis sollte hier das Mittel für Blair sein.

Neben dem physischen Spiel, welches Blair mitbringt, gefiel mir Blair zusätzlich sehr gut gegen den Lauf. Dort antizipiert er das Play sehr schnell, ist schnell in der Nähe des Balles und wenn er den Lauf erkannt hat ist er eher auf dem LB-Level zu sehen als ein paar Yards tiefer als Safety. Find Ball, See Ball, Get Ball beschreibt Blair dahin gehend gut.

Nicht nur im Laufspiel ist Blair aber gut in der Antizipation eines Plays. Dazu folgende Beispiele im Twitter-Thread:

Eine Eigenschaft, die ich gerne auf Tape sehe, ist der Einsatz eines Spielers. Und auch da hat Blair ein Play, welches mir in Erinnerung geblieben ist. Im Spiel gegen die Washington Huskies in der Regular Season spielt Washington einen Trickspielzug. In Folge dessen ist ein Spieler der Huskies frei, und kann über das freie Feld fast in die Endzone laufen. Blair gibt das Play jedoch nicht auf und stoppt den Receiver an der 2-Yard Linie und verhindert den eigentlich sicheren Touchdown. Und um sich selbst treu zu bleiben tut er das auch mit einem sehr harten Tackle.

Leider hat man die Ball Skills von Blair selten auf Tape gesehen. Gegen Northwestern liest er einen Passspielzug gut, der Ball wird getippt und Blair ist in perfekter Position um den Ball zu fangen und eine Interception zu erzwingen.

Auch seine Coverage-Skills hat man selten sehen können. Seine Athletik und sein Football-IQ erlauben es ihm, teilweise eng zu covern. Um das aber richtig beurteilen zu können, hätte man mehr Snaps in Coverage sehen müssen. Durch sein schnelles, fast überfallartiges Spiel besteht aber auch die Gefahr, sich von der Offense auf die falsche Fährte locken zu lassen.

Auch wenn es für mich nicht ersichtlich war, war Blair laut Pro Football Focus statistisch sehr gut in Coverage:

Fazit

Bei Blair stimmt schon vieles und man sieht auch in den Spielen, was die Seahawks an ihm finden und von ihm erwarten. Ob der Vergleich mit Chancellor fair oder zutreffend ist kann und will ich noch nicht beurteilen.

Ich finde es auch extrem schwierig einzuschätzen, ob Blair eher Strong oder Free Safety spielen wird. Er tackelt wie ein Strong Safety, der Körper und seine Geschwindigkeit sehen aber eher nach Free Safety aus.

Seine Laufverteidigung und seine Härte im Spiel sind enorm auffallend. Seine Athletik qualifiziert ihn auch für das nächste Level und seine Antizipation bildet eine solide Basis, um ihn weiter zu entwickeln.

Auf dem nächsten Level möchte ich von Blair eine Weiterentwicklung seiner Tackle-Technik sehen. Weniger verpasste Tackles, mehr regelkonforme Tackles zum Selbstschutz und zur Vermeidung von Strafen. Sauberes Tackling ist den Seahawks seit jeher sehr wichtig und daher denke ich, dass die Seahawks da auch ein ziemlich guter Spot sind, um ihn dahingehend weiter zu entwickeln.

Auch sein explosives Spiel, was Stärke aber auch Schwäche sein kann, muss richtig dosiert werden. Dazu zählt das schon erwähnte Tackeln, aber auch das zu schnelle Festlegen auf eine bestimmte Coverage oder einen bestimmten Lauf. Das wirkt im College-Football alles sehr schnell, aber auch dort wurde er schon das ein oder andere Mal in bestimmte Fallen gelockt. Das wird in der NFL je nach QB oder komplexerer Offense nicht weniger werden, sondern ihm das Lesen des Spielzugs eher erschweren. Auch dort muss er dann zulegen und lernen.