See A Hawk: DeeJay Dallas

DeeJay Dallas (Foto: imago)

Die Seattle Seahawks führten auch in diesem Jahr eine kleine Tradition fort und pickten erneut einen Running Back: In Runde 4 mit dem 144. Pick wählten sie DeeJay Dallas von den Miami Hurricanes aus. Diese Vorgehensweise auf der Läufer-Position ist in Ordnung und gleicht der der vergangenen Jahre. Jede Saison wählen die Seahawks mit Mid- bis Late-Round Picks ein Spieler auf dieser Position aus, die nicht gerade für Langlebigkeit bekannt ist. Seattle stattet den Kader über den Draft mit jungen und frischen Beinen aus und hat nur die Kosten eines günstigen Rookie-Vertrages. Aus der Reihe fiel 2018 Rashaad Penny, der als Erstrundenpick den Weg in den Pacific Northwest fand und diesen Draft-Status – falls das auf der Running Back-Position überhaupt möglich ist – nicht gerechtfertigt hat.

In der Rubrik „See A Hawk“ stellen wir in unregelmäßigen Abständen Spieler der Seattle Seahawks – oftmals Draft-Neuzugänge – etwas genauer vor.

RB DeeJay Dallas

Kurzinfos:

  • Alter: 21 Jahre (16. September 1998)
  • College: Miami (2017-2019)
  • Größe: 178 cm
  • Gewicht: 98 kg
  • Armlänge: 78 cm
  • Handgröße: 23 cm
  • Draft: 4. Runde, Pick #144

College-Statistiken (2019):

  • Spiele: 10
  • Läufe: 115
  • Yards: 692
  • Fänge: 14
  • Yards: 140
  • Touchdowns (Rushing/Receiving): 8/2

Werdegang

DeeJay Dallas verbrachte drei Jahre an „The U“ bei den Miami Hurricanes. Im ersten Jahr am College vollzog Dallas die komplette Umschulung zum Running Back. Beim Rekrutierungsprozess war Dallas schlicht als „Athlete“ (statt einer bestimmten Position zugeordnet) eingestuft worden. Zuvor hatte er an der High School noch sämtliche Positionen gespielt: Wide Receiver, Running Back, Quarterback, Returner und zeitweise auch in der Defense. Im ersten Jahr sah Dallas hinter späteren Draft-Picks wie Mark Walton und einem alten Bekannten und aktuellen Spieler der Seattle Seahawks, Travis Homer, kaum das Feld. Dies änderte sich jedoch ab seinem Sophomore-Jahr, in dem er 109 Laufversuche verzeichnete und diese Zahl im Junior-Jahr mit 115 Läufen erneut steigerte.

In der Saison 2019 war Dallas dann sogar Team-Captain in Miami, was für seinen guten Charakter spricht. Interviews, in denen Dallas sich zu College-Zeiten respektvoll und wortgewandt zeigte, bestätigen diesen Eindruck.

Während seiner College-Karriere blieb Dallas weitgehend verletzungsfrei. Nur in seinem letzten Jahr laborierte er an einem ausgerenkten Ellbogen. Auf der Position des Running Backs, auf der nicht ohne Grund von eine hohen Verschleiß gesprochen wird, ist das keine unwichtige Randnotiz. Führt man sich die vergangene Saison bei den Seahawks vor Augen, findet man Chris Carson, Rashaad Penny und C.J. Prosise auf der Verletztenliste – die drei in der Depth Chart am höchsten aufgeführten Läufer. Alle drei verpassten also zumindest Teile der Saison.

Videoanalyse

Dallas ist mit geringer Körpergröße und dazu üppigem Gewicht ein Spieler, den ich als guten Contact Runner sehe. Er kann folglich viele Yards nach dem Kontakt erlaufen und sich auch regelmäßig von Tackles lösen. Versucht der Verteidiger nur ein Arm-Tackle gegen Dallas, hat er das Nachsehen – Dallas zieht davon. Seine Vergangenheit als Wide Receiver ist für mich auch der große Pluspunkt, den Dallas mitbringt. Er ist dementsprechend in der Lage, seinen Catch-Radius zu erweitern und kann Bälle außerhalb seine Reichweite fangen. Sehr beachtlich war der einhändige Catch im Spiel gegen Florida bei einem verzögerten Screen-Pass, den Dallas – als wäre es das Natürlichste auf der Welt – herunter pflückte und anschließend noch für einige Yards Raumgewinn nach vorne trug.

Laut eigener Aussage liebt es Dallas zu Blocken. Das sieht man tatsächlich. In der Pass Protection ist er schon sehr weit. Er scannt hervorragend das Feld, reagiert gut auf heranstürmende Verteidiger und ist in der Lage, den Blitz der Verteidigung aufzunehmen. Blocks setzt er dazu noch sehr hart und brutal, lässt den Verteidiger nicht an den Quarterback heran. Das sieht man bei Running Backs, die frisch vom College kommen, oft nicht mit der Zuverlässigkeit, wie Dallas sie zeigt.

Dallas ist am ehesten als geradliniger Läufer zu beschreiben. Richtungs- und/oder Tempowechsel sieht man bei ihm indes nicht häufig. Er verfügt auch nicht über ausreichend Speed, um ständig Big Plays zu erlaufen. Mit einer Zeit von 4,58 Sekunden beim 40-Yard Dash ist er nur Durchschnitt. Das gepaart mit seiner noch wenig ausgeprägten Entscheidungsfindung lässt viele Plays einfach verpuffen.

DeeJay Dallas ist ein solider Spieler, dessen größtes Verkaufsargument die wirklich gute Pass Protection sein sollte. Hier hatte beispielsweise Rashaad Penny zu Beginn seiner Profikarriere große Probleme, was ihn schlussendlich den Stammplatz kostete. Außerdem ist Dallas durch seine Stärken als Kontakt-Läufer mit der geringen Größe, aber dem hohen Gewicht, schwer zu Boden zu bringen. Das größte Potenzial nach oben hat er aber durch seine Fähigkeiten als Passempfänger.

Größte Stärke: Die größte Stärke von DeeJay Dallas sind seine Fähigkeiten in der Pass Protection. In der Regel sind Spieler, die frisch vom College kommen, in dieser Disziplin nicht sehr weit und nur wenig ausgebildet. Dallas hingegen schaut, aus welcher Richtung der Blitz kommen oder einer seiner Offensive-Line-Spieler geschlagen werden könnte und setzt dann seine Blocks zuverlässig. Der Druck kommt im folgenden Video durch die Mitte. Nach einer angetäuschten Ballübergabe rennt Dallas direkt in den Verteidiger hinein, blockt diesen hart und ausdauernd und lässt ihn sich nicht vom Block lösen. Dass der Spielzug am Ende nicht gelingt, ist nicht auf Dallas zurückzuführen, der seine Aufgabe hier zuverlässig erledigt.

Größte Schwäche: Dallas verfügt über kein besonders ansprechendes physisches Profil. Das gepaart mit seiner noch nicht stark entwickelten Entscheidungsfindung, die auf seine kurze Karriere als Running Back zurückzuführen ist, ergibt dann Plays, die einfach im Nichts verpuffen. Im folgenden Video läuft die Offense ein Stretch-Play nach rechts. Dallas bekommt den Ball, läuft einmal halbherzig Richtung geplante Lücke, die aber durch die Offensive Line nicht frei geblockt wird. Würde Dallas über einen explosiveren Antritt verfügen, wäre es hier eine erfolgsversprechendere Option gewesen, weiter nach außen zu laufen. Dallas jedoch läuft uninspiriert in einen Pulk von Spielern – kein Raumgewinn.

Seahawks-Vergleich:

Fazit

Ich hätte persönlich den ein oder anderen Running Back lieber bei den Seattle Seahawks gesehen. Namentlich wäre da auf jeden Fall Eno Benjamin zu nennen, der dem Laufspiel eine andere Dimension gegeben hätte. Zudem hätte er als Läufer über die Außenbahn Rashaad Penny Konkurrenz machen können. Apropos Penny: Der wird die anstehende Saison vermutlich auf der PUP-Liste (Physically Unable to Peform) beginnen. Chris Carson wird allem Anschein nach zu Saisonbeginn wieder fit sein. Verbleibend aus dem Roster der vergangenen Saison ist damit noch Travis Homer. Für mehr Tiefe haben die Seahawks – zur Verwunderung einiger Fans und Experten – Abhilfe geschaffen: Carlos Hyde kommt für ein Jahr und 2,75 Millionen US-Dollar garantiert. Mit Boni kann er bis zu 4 Millionen verdienen. Ein Vertrauensbeweis für das vorhandene Personal sieht anders aus.

In Summe sind die Aussichten von Dallas bei den Seahawks damit nicht so rosig. Er steht als Rookie im Kader weit hinten und muss erstmal an etablierten Spielern vorbeikommen. Sollten alle Spieler fit bleiben, wird die Situation für Dallas spätestens ab der Rückkehr von Rashaad Penny angespannt. Den Kaderplatz traue ich ihm aktuell noch zu, denn mit einem Viertrundenpick haben die Seahawks für einen Spieler, der vorrangig für Tiefe sorgen sollte, einiges an Draft-Kapital investiert.

Ich denke nicht, dass Dallas zu einem Starter in der NFL werden kann. Allein durch seine physischen Limitationen wird er recht früh an sein Leistungsmaximum kommen. Ich sehe in ihm einen Spieler, der dem Kader Tiefe geben kann, etwa als Third-Down Back. Als solcher kann der ehemalige Wide Receiver seine starken Hände und seine Blocker-Fähigkeiten gezielt einsetzen. Darüber hinaus fehlt mir aber die Fantasie vorherzusagen, in welcher Form und in welchem Ausmaß sich Dallas steigern müsste, um ein verlässlicher Starter zu werden.