Rookie-Klasse 2018

Die Saison der Seattle Seahawks ist vorbei. Mit einem Record von 10-6 qualifizierte sich das Team aus dem Pacific Northwest für die Playoffs, wo jedoch nach dem ersten Spiel Schluss war. Ein so gutes Abschneiden der Mannschaft haben Wenige für möglich gehalten. Die Seahawks waren, laut Experten, sogar Anwärter auf den ersten Pick im kommenden Draft. Doch dieses Szenario wurde nicht zuletzt auch durch solide Leistungen der Rookies abgewendet. Zum Abschluss einer zufriedenstellenden Saison werden die Leistungen der Rookies gecheckt.

1. Runde, Pick #27: Rashaad Penny, RB, San Diego State

Für Einige kam dieser Pick überraschend. Lief in vorherigen Saison gar nichts im Laufspiel, sollte es jetzt ein Rookie richten, zumal mit einer löchrigen O-Line? In der Preseason, die aufgrund eines gebrochenen Fingers nach dem ersten Spiel vorbei war, sammelte Penny lediglich 16 Yards. Aber auch zu Beginn der Regular Season lief es durchwachsen. So hatte Penny einige Spiele, in denen er gar keinen Raumgewinn erarbeitete oder unter zehn Yards Rushing blieb.

Die Spiele gegen die Arizona Cardinals und die Oakland Raiders waren Lichtblicke. In den beiden Partien waren für ihn 119 Scrimmage-Yards drin, 40 Yards mehr als in den restlichen sechs Spielen der ersten Saisonhälfte. Die zweite Saisonhälfte begann für Penny mit einer Nullnummer gegen die Detroit Lions. Es schien, als hätte Penny seine Chancen auf mehr Einsatzzeit verspielt.. Chris Carson war längst unangefochtener Starter und auch das Duell um Platz zwei gegen Mike Davis schien für Penny aussichtslos.

Doch in Woche 10 platzte der Knoten. Gegen die Los Angeles Rams lief er zum ersten Mal für über 50 Yards und machte auch sofort die 100 voll. Am Ende des Tages waren es 108 Yards und ein Touchdown. Bis Woche 15 bekam Penny mehr Spielanteile, danach stand er nur noch selten auf dem Feld. Am Ende der Saison steht der Rookie bei 494 Scrimmage-Yards, davon 419 Rushing, und zwei Touchdowns. Hinzu kommen noch 29 Yards aus der Niederlage in der Wild-Card Round.

GSH-Fazit: Penny zeigte, wozu er fähig sein kann. Vor allem bei Pitch-Spielzügen über die Außenbahnen war er erfolgreich. Jedoch blieb er insgesamt hinter den Erwartungen zurück, die man an einen First Rounder hat. Möglicherweise auch, weil ihn Experten und Fans nie für den richtigen Pick Seattles an erster Stelle hielten.

3. Runde, Pick #79: Rasheem Green, DL, Southern California

Angesichts der Tatsache, dass die Seahawks in der Offseason Michael Bennett und Cliff Avril verloren, war Green eine nachvollziehbare Wahl. Greens Saison verlief größtenteils unspektakulär im Schatten von Frank Clark, Quinton Jefferson und Dion Jordan. Green spielte nur rund ein Fünftel der Defensiv-Snaps, bedingt auch dadurch, dass er in sechs Spielen nicht eingesetzt wurde, und landete mit dem Wert an fünfter und letzter Stelle bei den Defensive Ends.

Sein stärkstes Spiel zeigte Green gegen die Green Bay Packers in Woche 11. Dort schaffte er einen Sack, einen QB-Hit, ein Tackle For Loss und insgesamt zwei Tackles. Am Ende der Saison stand Green bei neun Tackles und einem Sack.

GSH-Fazit: Auch bei Green gibt es noch deutlich Steigerungspotenzial. Die Grundlagen dafür sind jedoch vorhanden, doch der junge Verteidiger darf sich in der Offseason nicht auf Talent ausruhen.

4. Runde, Pick #120: Will Dissly, TE, Washington

Ein Hometown Hero bleibt zu Hause. Dissly, der einstige Husky, machte sich als einer der besten blockenden Tight Ends des Drafts einen Namen. Schlaue Wahl angesichts der Tatsache, dass die Seahawks zum Laufspiel zurückfinden wollten und sich ihre O-Line zu diesem Zeitpunkt noch nicht großartig verbessert hatte.

Doch Dissly hatte zusätzlich noch andere Pläne. Im ersten Spiel gegen die Denver Broncos erwies er sich auch als starker Receiver. Er beendete das Spiel mit drei Receptions für 105 Yards, eine davon für einen Touchdown. Es folgte noch ein starkes Spiel gegen die Chicago Bears. Ebenfalls verbuchte er dort einen Touchdown, ehe es etwas ruhiger um ihn als Receiver wurde. In Woche 4 gegen die Arizona Cardinals verletzte sich Dissly schwer am Knie. Der Patellarsehnenriss bedeutete das Saisonaus.. In seinen vier Spielen fing Dissly acht Pässe für 156 Yards und zwei Touchdowns.

GSH-Fazit: Es bleibt abzuwarten, wie gesund Dissly zurückkommt. Sollte er an die vorherigen Leistungen anknüpfen, haben die Seahawks drei blockstarke Tight Ends und Russell Wilson bekommt eine neue Waffe im Passspiel.

5. Runde, Pick #141: Shaquem Griffin, LB, Central Florida

Der Pick, auf den Fans in Deutschland gewartet und den sich viele Seahawks-Fans erhofft hatten. Die Seahawks holten den Zwillingsbruder des ein Jahr zuvor verpflichteten Shaquill Griffin nach Seattle. Shaquem Griffin ist der erste einhändige Spieler der NFL. Beim Scouting Combine, zu dem er ursprünglich nicht eingeladen war, überzeugte er mit Schnelligkeit und Kraft.

Nach vielversprechender Vorbereitung kam Griffin in Woche 1 zu einem unverhofften Start, weil K.J. Wright verletzt war. Hatte er in der Preseason noch einige starke Tackles hingelegt, sah das gegen die Broncos etwas anders aus. Über seine Seite ging viel für Denver. Die gegnerische Offense machte ihn als einen der Schwachpunkte aus.

GSH-Fazit: Griffin war nach seinem durchwachsenen Auftakt in der Defense eine feste Größe in den Special Teams. Bei Punts spielt er meistens die Positions des Upbacks. Zum Saisonende stehen insgesamt elf Tackles auf dem Konto von Griffin. Durch seine Schnelligkeit und Kraft wird er wohl wichtiger Teil des Special Team bleiben. Die Offseason wird darüber entscheiden, ob er 2019 auch in der Verteidigung häufiger zum Einsatz kommt.

5. Runde, Pick #146: Tre Flowers, S, Oklahoma State

Wie Dissly ein Pick, der sofort sinnvoll erschien. In der Offseason verabschiedete Seattle sich von Cornerback Richard Sherman. Flowers weist ein wichtiges Merkmal von Sherman auf, das elementarer Bestandteil des defensiven Konzeptes von Pete Carroll ist: Flowers und Sherman sind ungefähr gleich groß, relativ schnell und haben enorme Reichweite. Nach dem Draft wurde klar, dass Flowers Cornerback spielen sollte, obwohl er am College noch als Safety eingesetzt worden war.

Was zunächst nicht aufzugehen schien, änderte sich während der Saison. Zu Beginn seiner Karriere wurde Flowers von gegnerischen Quarterbacks bombardiert, gegnerische Receiver schlugen ihn des Öfteren. Doch der Rookie verbesserte sich stetig. Er etablierte sich als Nummer-eins-Cornerback auf der rechten Seiten. Sein Flügel wurde deutlich seltener angespielt als zu Beginn der Saison und falls doch, war er oft zur Stelle. Flowers beendete die Saison mit 67 Tackles, sechs verteidigten Pässen, drei Forced Fumbles und zwei Fumble Recoveries.

GSH-Fazit: Wie sein Mitspieler Shaquill Griffin wird auch Flowers den legendären Sherman nicht eins-zu-eins ersetzen. Doch der Rookie war eine der Überraschungen der Saison, weil niemand von ihm viel erwartet hatte, er aber viel zeigte und nicht mehr durch Fehler auffiel als der erfahrenere Griffin auf der anderen Seite.

5. Runde, Pick #149: Michael Dickson, P, Texas

Berichten zufolge sollen die Verantwortlichen der Broncos gelacht haben, als Seattle mit dem 149. Pick, den sie sich zuvor von Denver geholt hatten, einen Punter auswählte. Dickson hat erst 2015 mit American Football angefangen. Der gebürtige Australier gewann dann aber sogar den MVP-Titel eines College Bowls.

Dickson verdrängte in der Preseason den von den 12s geliebten Kanadier Jon Ryan. Er ist nach nur einer Saison nicht nur einer der besten Punter in der NFL, sondern auch Publikumsliebling in Seattle. 28 seiner 78 Kicks endeten innerhalb der gegnerischen 20-Yard-Linie und seine Punts fliegen durchschnittlich 48,2 Yards weit, was den zweitbesten Ligawert darstellt.

Highlights der Saison waren neben seinen grandiosen Punts die Aufwärmübungen, bei denen er schon mal per Dropkick ein Field Goal erzielt. Aber auch ein Lauf für einen First Down war für den Rookie kein Problem. Dickson ist mit seinem Repertoire an Kicks wenig berechenbar und man kann sich bei ihm sogar auf einen Punt freuen, wenn es sonst nichts zu bejubeln gibt. Ein großartiger Spieler für hoffentlich lange Jahre.

GSH-Fazit: Heimlicher Star der Saison bei den Seahawks. Wären die Special Teams insgesamt stärker gewesen, hätte sich Dicksons Wirkung noch besser entfaltet. Macht er so weiter wie 2018, wird seine Statue eines Tages in Canton in der Pro Football Hall of Fame stehen.

5. Runde, Pick #168: Jamarco Jones, OT, Ohio State

So spät einen Offensive Tackle draften, wo die vielversprechenden Kandidaten alle bereits vom Board sind? Kann dieser Spieler weiterhelfen? Hätte Seattle ihn nicht auch als Free Agent bekommen können? Viele Fragen. Jones fiel im Draft aufgrund einer schwachen Performance beim Scouting Combine. Ursprünglich war er als Drittrundenpick eingestuft worden, teils sogar noch höher. Also ein Schnäppchen? Es bleibt abzuwarten, wie sich Jones nach der Reha entwickeln wird. Er verletzte sich im ersten Spiel der Preseason so schwer am Sprunggelenk, dass die Saison direkt wieder vorbei war.

GSH-Fazit: Jones hat zu wenig gespielt, als dass man ihn schon beurteilen könnte. Nächste Saison wird er einen neuen Angriff wagen – voraussichtlich im Duell um einen Stammplatz mit Germain Ifedi und George Fant.

6. Runde, Pick #186: Jacob Martin, DE, Temple

Eine kleine positive Überraschung. Martin kämpfte sich über die Special Teams in die Defense. Nach Barkevious Mingo spielte er die meisten Snaps in den Special Teams, aber kam auch regelmäßig in der Defense zum Einsatz. Da er relativ schnell ist, wird er als Pass Rusher eingesetzt, was man auch an seiner Statistik sehen kann. Er konnte drei Sacks und acht QB-Hits für sich verbuchen. Zusätzlich sammelte er zwei Tackles For Loss und verursachte zwei Fumbles.

GSH-Fazit: Trotz späteren Picks vielleicht der effizientere Pass Rusher, wenn man den Vergleich zu Rasheem Green sucht. Hoffentlich knüpft er 2019 an seine starken Leistungen, insbesondere solche wie gegen die Minnesota Vikings, an.

7. Runde, Pick #220: Alex McGough, QB, Florida International

McGough wurde von Head Coach Pete Carroll früh in der Vorbereitung unaufgefordert in einer Pressekonferenz erwähnt. Carroll ist mit öffentlicher Kritik meist sparsam, doch wenn er an einem Spieler in Anwesenheit der Presse etwas auszusetzen hat, dann bedeutet das nichts Gutes. McGough hatte Schwierigkeiten mit dem Playbook, zeigte aber tolle motorische Veranlagung. In der Preseason demonstrierte er diese gegen die Backups der Backups, für mehr reichte es aber nicht. Der im August 2018 geholte Brett Hundley wird zwar Free Agent, doch er passt Seattle und dürfte die zweite Quarterback-Position bei den Seahawks noch auf längere Zeit belegen.

GSH-Fazit: Mit neun von zehn Spielern aus der Practice Squad haben die Seahawks nach der Saison Verträge für die Zukunft abgeschlossen. McGough war nicht darunter. Und das, obwohl er 2018 mehr Gehalt als die restlichen Spieler im Trainingskader erhielt, um nicht von anderen Teams abgeworben zu werden. Nun wird er Free Agent.

Undrafted: DT Poona Ford, Texas:

Die Entdeckung der zweiten Saisonhälfte. Zu Beginn noch in der Practice Squad, dann im erweiterten Kader, dann am Spieltag aktiviert. Ford war am Ende der Runde sogar einmal Starter in der Verteidigungslinie. Nicht gedraftet worden war er, weil er mit “nur” 1,80m Körpergröße zu klein ist. Laut Experten hat er die Fähigkeiten, um in der NFL mitzumischen.

Ford bekam zum Saisonende Spielzeit, die er souverän nutzte und im Seahawks-Twitter-Universum zum Liebling wurde. Er macht sich gut in der Laufverteidigung, ist aber auch in der Lage, zum Quarterback durchzudringen. Für das Vertrauen der Trainer bedankte er sich mit 21 Tackles, davon drei Tackles For Loss und zwei QB-Hits.

GSH-Fazit: Ford besitzt eindeutig das Potential, sich neben Jarran Reed zu behaupten. Ein weiterer ungedrafteter Spieler, der von John Schneider und Pete Carroll entdeckt wurde und die Erfolgsgeschichte fortsetzen könnte.

Fazit:

Die Rookie-Klasse 2018, angeführt von einem herausragenden Michael Dickson und einem überraschend abgeklärten Tre Flowers, trug maßgeblich zum Erfolg der Seattle Seahawks in dieser Saison bei. Insgesamt sahen die meisten Neulinge in ihrer ersten Spielzeit grundsolide aus. Sie haben das Potenzial, das Spiel von Seattle über Jahre hinweg zu prägen. So wie einst die Klassen von 2010, 2011 und 2012.