Fünfter Spieltag, Standortbestimmung. Die 3-1 Seattle Seahawks treffen im heimischen Lumen Field auf die 3-1 Tampa Bay Buccaneers – ein Duell, das Augenhöhe, Kampf und auch ein bisschen Stardust versprüht. Kann die in den letzten Wochen so gelobte Mike Macdonald-Defense der Seahawks es mit der gut geölten Bucs-Offense rund um Quarterback Baker Mayfield aufnehmen?
Schafft es andersrum auch die Seahawks Offense nachhaltig in Tritt zu kommen und die NFL-weit stärkste Laufverteidigung zu attackieren? Neben die 49ers sind die Bucs wohl das bisher stärkste Team, auf das die Seahawks treffen – der ideale Zeitpunkt, um nach den letzten Wochen der Glückseligkeit noch einmal reinen Wein eingeschenkt zu bekommen und einen Indikator in Richtung Playoffs zu fühlen…
Die Ausgangslage:
Die Bucs gewannen die ersten drei Spiele gegen die Falcons, Texans und Jets, verloren dann aber in Woche vier erstmals gegen die Eagles. Ein knappes Spiel, bei dem sie fast noch zurück gekommen wären. Insgesamt stehen die Bucs auf einem fairen (und deutlichen) ersten Platz in der NFC South und werden diese aller Voraussicht nach wohl auch zum fünften Mal in Folge gewinnen.
Anders die Seahawks: Nach der Auftaktniederlage gegen die 49ers wurden Gegner wie die New Orleans Saints und die Arizona Cardinals dominiert, das Team schwimmt auf einer kleinen Erfolgswelle. Es handelte sich hier allerdings um tendenziell schwächere Gegner – die große Frage lautet also: Kann es dieses Team auch gegen die Bucs aufnehmen?
Das Spiel:
Das Spiel beginnt mit zwei Drives mit ersten First Downs und gelungenen Pässen – auf Seiten der Bucs garniert mit einem Field Goal, Jason Myers verkickt seines allerdings. Nach einem weiteren Bucs-Field Goal müssen die beiden Punter erstmals ran und schenken dem eigenen Team jeweils eine gute Feldposition. Im anschließenden Seahawks-Drive kommt Jalen Milroe als Spezialwaffe der Seahawks erstmals aufs Feld und fumbled den Ball leider sofort – den anschließenden Drive tragen die Bucs erstmals zum Touchdown in die Seahawks-Endzone. Vor der Halbzeit schafft dann Sam Darnold noch einen 2-Minute-Drill und kann die Seahawks wieder heranführen, zur Halbzeit steht es „nur“ 7:13 aus Sicht der Seahawks.
Nach der Halbzeit beginnt dann das Touchdown-Festival: insgesamt fünf Drives in Folge enden abwechselnd auf beiden Seiten mit einem Touchdown, sodass es zu Beginn des vierten Quarters ausgeglichen 28:28 steht. Dann beginnt die Dramatik: Die Bucs können erstmals seit dem Fumble im zweiten Quarter einen Drive nicht mehr in einen Touchdown ummünzen und punten perfekt bis an die gegnerische 1. Die Seahawks allerdings ergreifen die Chance und gehen erstmals mit einem Touchdown Abstand in Führung. Die Bucs schaffen das neuerliche Comeback und erzielen wieder einen Touchdown, lassen aber rund eine Minute Zeit auf der Uhr. Vor der Halbzeit hatte Darnold noch bewiesen, dass er diese Drills beherrscht, nun, kurz vor Schluss allerdings der etwas wilde Wurf und die daraus resultierende Interception… Die Bucs schnappen sich das Lederei, erzielen noch ein paar Yards und können den Ball schließlich per Field Goal zum Gamewinner durch die Stangen bringen.
Die Highlights:
Die 12s sind wieder da! Nach einigen schwierigen Saisons im heimischen Lumen Field scheint die Fanbase wieder wach geküsst worden zu sein – unter anderem Dank Touchdowns wie diesem hier von Tory Horton:
Guys, the press box was shaking after this touchdown. The 12th Man has rediscovered their roar. #Seahawks pic.twitter.com/xVSGnRxMpk
— Kole Musgrove (@KoleMusgrove23) October 5, 2025
Die Darnold-JSN-Verbindung ist for real:
It doesn’t get more locked in so far in 2025 than Sam Darnold to Jaxon Smith-Njigba pic.twitter.com/bCXoTm483x
— SleeperSeahawks (@SleeperSeahawks) October 5, 2025
Und auch AJ Barner durfte wieder mehrfach zuschlagen – Touchdowns Nummer 3 und 4 für den Tight End. Eine echte Red Zone-Waffe :-)
Show 'em how it's done @_ajbarner_ 🤝
First multi-touchdown game of his career.📺: @NFLonCBS pic.twitter.com/GGXpbgEgtz
— Seattle Seahawks (@Seahawks) October 5, 2025
Die letztlich spielentscheidende Interception von Sam Darnold:
Sam Darnold gets intercepted and loses the game for the Seahawks 🤯
Lavonte David did it. pic.twitter.com/8JdyYMzY56
— SM Highlights (@SMHighlights1) October 5, 2025
Das Spiel war auch der 50ste Geburtstag des Teams aus dem Pacific Northwest und das wurde natürlich auch gefeiert: Mit jeder Menge Stars der vergangen Jahre – wie man auf den folgenden Bildern schön sehen kann:
Every name, a chapter in Seahawks history. @SeahawksLegends pic.twitter.com/0Q78CCWVPI
— Seattle Seahawks (@Seahawks) October 5, 2025
Das Wichtigste:
- Die Quarterbacks auf beiden Seiten: Sowohl Sam Darnold als auch Baker Mayfield waren beide absolut auf der Höhe. Zwei nahezu perfekte Spiele, echte Leader, Comeback-Qualitäten – gestern Abend konnte man auf beiden Seiten alles sehen, was einen modernen Quarterback ausmacht. So absurd das klingen mag: Die beiden zu Beginn ihrer Karriere bereits abgeschriebenen Erstrundenpicks sind voll in der Liga angekommen und aktuell in den Top 10 der Quarterbacks anzusiedeln. Bei Darnold kommt der eine kleine Malus, die Interception vor Spielende, hinzu. Aber sonst war das wieder eine sehr beeindruckende Leistung.
- WR Jaxon Smith-Njigba: Darnold und JSN sehen so aus, als würden sie schon seit Jahren zusammen spielen. Schon wieder deutlich über 100 Yards bei acht Pässen und einem Touchdown. Das Duell mit Bucs-Rookie und Seattle-local Emeka Egbuka ging Unentschieden aus – die beiden Star-Receiver hatten beide einen guten Abend. Was bei JSN besonders gefällt: Er schafft es fast in jedem Spielzug Abstand zu seinen Verteidigern zu erzielen. Das ist sicherlich auch auf das Play Calling zurückzuführen, doch seine Routen läuft er ziemlich perfekt und schafft es so immer wieder die Knackpunkte der gegnerischen Defenses zu treffen. Besonders schön war natürlich die 54-Yards-Bombe von Darnold, die er sicher fangen konnte.
- Die Seahawks-Defense: …war heute leider einfach nicht auf der Höhe. Das Team ging vor allem in der Secondary deutlich ersatzgeschwächt in die Begegnung und den Ausfall von Devon Witherspoon und Julian Love konnte man an allen Ecken und Enden merken. Auch der Pass Rush fand an diesem Abend überhaupt nicht statt – was außergewöhnlich ist, hatten doch die Bucs in ihrer O-Line auch mit einigen Ausfällen zu kämpfen. Ob hier die Verletzung von Hall auch eine Rolle gespielt hat? Es waren insgesamt zu viele vogelwilde Spielzüge in der Defense dabei, die hochgelobte Run-Defense hatte in der Redzone Probleme mit Rachaad White, dem Backup der Bucs. Doch vor allem durch die Luft mangelte es an Coverage, Disziplin und Execution. Ein echter Abend zum Vergessen.
- Schon zu Beginn des Spiels erwischte es Derick Hall mit einer Verletzung an den Bauchmuskeln und er konnte nicht mehr weiter spielen
- Riq Woolen erlitt eine Gehirnerschütterung und musste das Spiel verlassen
- Nehemiah Pritchett und Ernest Jones stießen bei einer gemeinsamen Verteidigungsaktion mit den Köpfen gegeneinander – Pritchett konnte zuerst nicht weiter spielen, war dann später aber wieder auf dem Feld
- Nick Emmanwori konnte ebenfalls ein paar Snaps nicht spielen, nachdem er nach einem Spielzug auf dem Feld behandelt werden musste. Nach kurzer Zeit war er allerdings wieder mitten im Geschehen.
- „I feel like that was bad quarterback play on the last snap.“ Seahawks-QB Sam Darnold nimmt die Verantwortung für den letzten Spielzug und damit auch die Niederlage im Spiel auf seine Schultern. Er hatte vorher mal wieder einen richtig guten Job gemacht, doch die Defense war diese Woche einfach nicht auf der Höhe. So ist es am Ende ein Zeichen von Führungsqualität, dass Darnold trotz seiner guten Leistung Fehler eingestehen kann.
Das Fazit:
Am Ende steht eine sehr frustrierende Niederlage. Mit einer Minute auf der Uhr und ausgeglichenem Resultat den Ball zu bekommen spricht eigentlich dafür, wenigstens einen Shot auf das Field Goal zu bekommen – stattdessen steht man nun 2-3 und ist bereits zwei Spiele hinter den San Francisco 49ers, die die NFC West souverän anführen. Das direkte Duell hat man auch bereits verloren und damit rückt die Krone im Westen leider schon wieder in weite Ferne.
Die Defense, die bisher in der Saison einen so guten Job gemacht hatte, hatte einen gebrauchten Tag erwischt. Mike Macdonald übernahm dafür in der Pressekonferenz als Leader die Verantwortung, doch jeder Spieler muss sich hier auch individuell fragen, was falsch gelaufen ist. Das Bucs-Spiel war jedenfalls der Gradmesser, den alle erwartet hatten. Wir wissen: Da ist noch erhebliches Potenzial zu heben. Und: Für die Wild Card müssen wir die gesamte Saison kämpfen.
Ausblick: In Week 6 gastieren die Seahawks am 12.10.2025 um 19:00 Uhr in Jacksonville bei den Jaguars.