Recap: Regular Season 2025 (Week 15) – Colts @ Seahawks

Colts

Comeback des Jahres! Der Autor dieses Recaps ist fünf Jahre nach seinem letzten Spiel-Rückblick wieder an der Tastatur. Naja, und Philip Rivers meint im Alter von geschmeidigen 44 Jahren – und gerade gegen diese Seahawks-Defense –, dass eine NFL-Rückkehr für die Colts eine super Idee ist. Zum wahren Grund des Comebacks kommen wir später. Jetzt schauen wir erst mal, wer sich dabei besser anstellt.

Gezockt wurde nämlich auch noch. Nach Startschwierigkeiten, die die gesamte Partie über anhielten, gelang Seattle auch im vierten Spiel nacheinander gegen einen dankbaren Gegner der Sieg. Im Lumen Field war jedoch ein gewaltiger Arschtritt von Opa Rivers nötig, damit die Seahawks aus dem Tiefschlaf erwachten und die Colts zu der eindimensionalen Mannschaft machten, die sie mit einem leicht übergewichtigen Rentner als Spielmacher und einem Running Back als Alleinunterhalter sein sollten.

Richtig wach war aber an diesem Abend in Seattle nur ein Seahawk.

Die Ausgangslage:

Die wundersame Auferstehung von Daniel Jones endete bei den Colts (8-5) vergangene Woche mit einem Achillessehnenriss. Aber vielleicht ist das Glück im Unglück, denn seit dem Besuch in Berlin und dem Live-Auftritt von Scooter im Olympiastadion hängt der „Döp, döp, döp,  dö-dö, döp, döp, döp!“-Fluch über dem zwischenzeitlichen Topteam der AFC. Niederlagen gegen die inzwischen auch rechnerisch aus dem Playoff-Rennen ausgeschiedenen Chiefs (awww), die Texans und die Jaguars holten Indy zurück auf den Boden der Tatsachen und jetzt kann zumindest niemand mehr den zuletzt abgekühlten Jones dafür verantwortlich machen. Dödöp!

Bei den Seahawks (10-3) standen seit der bitteren Hinspiel-Niederlage gegen die Rams die Aufbaugegner Schlange wie Fußballer vor dem VAR-Monitor. Gegen die Titans, Vikings und Falcons gab’s ungefährdete Siege. Die wahre Standortbestimmung wartet am frühen Freitagmorgen deutscher Zeit im Rückspiel gegen Los Angeles.

Das Spiel:

Nachdem sich alle wieder an die abenteuerliche Wurfbewegung von und hochamplitudige Ballrotation bei Phipsie Rivers gewöhnt hatten (Nein, das kommt nicht davon, dass er alle seine zehn Kinder als Babys auf dem Arm hielt – DER HAT IMMER SCHON SO GEWORFEN!), rückte der Sport in den Mittelpunkt. Die Kurzfassung:

  • Fußball im ersten Viertel: Zwei Field Goals brachten die einzigen Punkte und das lauflastige Play Calling die Seahawks-Fans auf die Palme. Also alles wie immer. 3:3
  • Reha-Sport im zweiten Viertel: Offensive Coordinator Klint Kubiak ordnete Mitte des Quarters die Krisensitzung an der Sideline an – nach vier Drives mit drei Three & Outs. Eine Seahawks-Halbzeit prädestiniert fürs „Do something“-Meme. Als der alte Mann dann einen Touchdown-Pass warf und die Indy-Führung zwischenzeitlich auf zehn Punkte ausbaute, roch es plötzlich verbrannt – „This is fine!“. 13:6 IND.
  • Fußball im dritten Viertel: Ein Seahawks-Kick für drei Punkte im ersten Drive nach der Pause. Nicht mehr, nicht weniger. 13:9 IND.
  • Fußball im vierten Viertel: JSN, AJ Barner und Speed Shaheed als Lichtblicke im Passspiel, aber nicht in der Endzone. Drei Field Goals für Seattle, eins für Indianapolis – und eine Interception von Coby Bryant, die den Sieg eintütet. Dieser Text erwähnt eingangs zwei Comebacks. Das Comeback der Herzen war aber der Heimerfolg der Seahawks. 18:16 SEA.

Die Highlights:

Der Autor dieses Recaps weigert sich, Field Goals in diese Sammlung der besten Spielszenen aufzunehmen. Eigentlich. aber für das Roberto-Carlos-Gedächtnis-Field-Goal von Jason FUCKING Myers zur 18:16-Führung kurz vor dem Ende kann man schon mal eine Ausnahme machen.

Rookie Nick Emmanwori trägt den Enforcer Kenny Easley auf dem Helm – und den Enforcer 2.0 im Herzen.

Call it Philip Rivers obsession, aber America’s Opa hätte einfach fast die beste Defense der NFL besiegt. Und dabei mit nur zwei Tagen Training nach vier Jahren Karriereende 18 von 27 Pässen für 120 Yards erzielt. Und an diesem Spieltag mehr Touchdowns als Patrick Mahomes und Joe Burrow zusammen geworfen. Also ich bin ein Fan. Always have been.

Das Wichtigste:

  • QB Philip Rivers: Mal ehrlich: Mit 44 Jahren überhaupt noch Bock auf Prügel von 120-Kilo-Killern zu haben, grenzt an Selbstgeißelung. Das alleine verdient Respekt. Und USA-Level-smart ist es irgendwie noch dazu: Mit dem Comeback verlängert der Quarterback seinen Anspruch auf Krankenversicherung bezahlt durch die NFL. Dass Rivers nicht komplett planlos under center stehen und vor allem den Kurzpass forcieren würde, war zu erwarten. Dass seine Pässe trotz diverser Luftlöcher oft Colts-Abnehmer fanden, könnte man als Respekt der Seahawks-Defense vor dem Alter bezeichnen. Der Mann ist ohne Mist Opa, aber alt sah vor allem Seattle aus. NATÜRLICH wurde am Ende sein einziger tiefer Pass des Abends abgefangen.
  • RB Kenneth Walker und RB Zach Charbonnet: Agieren sie als Running Backs 1A und 1B oder gibt es eine klare Rangordnung? Das fragte man sich vor der Saison. Inzwischen sieht’s aus, als hätten die Seahawks ihre Läufer 2A und 2B (und in Rashid Shaheed 2C) gefunden. Zusammen sieben Läufe für einen Yard sind … wenigst. Das blasse Laufspiel wird spätestens in den Playoffs zum Problem. Oder halt direkt Donnerstagnacht.
  • DB Nick Emmanwori: Die nächste Bewerbung für Defensive Rookie of the Year, wenngleich diesmal anders als vergangene Woche ohne die ganz große Statline. Der Jungstar war überall, teilte legal Hits aus und agierte smart. Dadurch entging den Fans zwar ein spektakulärer Wrestling-Wurf, aber es blieb ihnen auch die unnötige Strafen erspart.
  • Schiedsrichter: Es ist unangenehm, das Thema ansprechen zu müssen, aber nach der Flagge gegen Cornerback Josh Jobe nach einer Lehrbuch-Abwehraktion war die Linie der Unparteiischen nicht mehr zu verteidigen. Zuvor hatte Rashid Shaheed bei einem tiefen Pass deutlich mehr Kontakt von seinem Gegenspieler gespürt und keine Strafe gezogen. Immerhin die Seahawks-Defense stachelte das an.
  • WR Jaxon Smith-Njigba: Wieder über 100 Yards und mehrere Big Plays für den Star der Offensive, doch am lautesten wurde es im Stadion bei seinem Drop früh im Spiel – so laut wie sonst nur bei seinen Touchdowns. Fehler von JSN sind selten, er lief seinen Fauxpas locker raus und ließ sich nix anmerken.
  • Jalen Sundell übernahm bei seiner Rückkehr nach Verletzung wieder die Center-Position. Die erhoffte Stabilität – vor allem fürs stockende Laufspiel – brachte das nur bedingt. Im zweiten Viertel mussten dann auch noch Right Tackle Abe Lucas mit einer Schulterverletzung und Pass Rusher Derick Hall mit einer Handverletzung vom Feld, kehrten aber beide zurück.
  • „Niemals daran gezweifelt, oder?!“ – Quarterback Sam Darnold eröffnet die Pressekonferenz nach dem knappen Heimsieg

Das Fazit:

Altersarmut ist real und die Rentenreform überfällig, aber Philip Rivers hat nicht das ins Comeback getrieben, sondern die Lust, eine in den vergangenen Wochen äußerst stabile Defense mit Retro-Ballsport ins Wanken zu bringen. Für eine Halbzeit gelang das ganz ordentlich, dann aber machte Seattles Abwehr den Laden dicht, sodass am Ende sechs Fields Goals und null (!) Touchdowns zum 18:16-Sieg reichten.

Die andere Lesart ist: Wahrlich keine Glanzvorstellung der Seahawks-Offensive, die zu oft in weiße Colts-Wände rannte und zu selten explosive Spielzüge produzierte. Eine Überdosis Play Action nach der Pause und Jason Myers Fuß verhinderten, dass Seattle zur Lachnummer der Liga wurde. Dreckige Siege und so … aber dieses Angriffsspiel macht den LA Rams keine Angst.

Womit wir bei der Konkurrenz aus der NFC West wären. Dort ging es punkte- und Touchdown-reicher zu. Die Niners (10-4) gönnten sich ein nie gefährdetes 37:24 gegen die Titans. Die Rams (11-3) kämpften sich gegen die Lions zu einem 41:34-Erfolg nach 14:24-Rückstand und sicherten sich den ersten Playoff-Platz der NFC (nicht den Seed #1). Die Ausgangslage ist vor den verbleibenden drei Regular-Season-Spielen also unverändert.

Ausblick: In Week 16 empfangen die Seahawks bereits Donnerstagnacht um 2.15 Uhr die Los Angeles Rams zum Rückspiel um die Tabellenführung in der NFC West – ein massiv wichtiges Duell mit gigantischen Postseason-Implikationen. In diesem Westküsten-Duell trägt Seattle außerdem sein Rivalries-Trikot.