Recap: Postseason 2020 (Wild-Card Round) – Rams @ Seahawks

Recap Wild-Card Round, 2020 Los Angeles Rams

Schluss. Aus. Vorbei. Die Seattle Seahawks sind schon in der Wild-Card Round vor allem an sich selbst und nur in zweiter Linie am Gegner gescheitert. Gerade in der Phase der Saison, in der das Team Stabilität durch seinen Quarterback gebraucht hätte, brachte dieser genau das Gegenteil. Die Unruhe in der Offense verlor letztendlich das Spiel gegen die Los Angeles Rams.

Die Seahawks kamen schlecht ins Spiel. Sowohl in der (Run-)Defense als auch in der Offense funktionierte im ersten Quarter fast überhaupt nichts. Es bestätigte sich schon früh, dass die Partie recht magere Kost werden würde. Ein wahres Puntfestival erwartete die Zuschauer in der ersten Halbzeit. Viele Third-Down-Stops, viel schlechtes Laufspiel und wenig angebrachte Bälle – bis zum Pick Six ging fast nichts. Danach fing das Spiel endlich Feuer. Zwei Touchdowns auf beiden Seiten führten zur Rams-Halbzeitführung von 20:10.

Nach der Halbzeit gab es ebenfalls zuerst nur Punts und schlechte Offenses, die Seahawks schafften es erst Ende des dritten Viertels, überhaupt mal einen dritten Versuch in einen neuen ersten Versuch zu verwandeln. Auch in der zweiten Halbzeit funktionierte auf beiden Seiten des Spiels nicht viel, letztendlich entschied ein Fumble beim Punt-Return das Spiel zugunsten der Rams.

Der Spielverlauf:

  • 1. Quarter: Die Rams beginnen das Spiel mit vier Läufen, müssen dann aber schnell mit einem Punt vom Feld. Die Seahawks sind noch kürzer auf dem Feld und müssen ebenfalls punten. Danach laufen die Rams das Spielfeld runter und offenbaren erste Schwächen der Seahawks-Defense. Der Quarterback der Rams, John Wolford, verletzt sich bei einem Lauf und wird durch Jared Goff ersetzt. Die Rams beenden den Drive mit einem Field Goal von Matt Gay zum 3:0. Auch der zweite Drive der Seahawks geht durch Strafen und Sacks direkt in die Hose. Das Punt-Festival geht weiter.
  • 2. Quarter: Dann kommen die Seahawks zum ersten Mal nennenswert ins Spiel, kassieren aber einen Sack und punten erneut. Auf der anderen Seite schafft Goff es nicht, ein First Down zu erzielen. Die Seahawks holen danach in günstiger Feldposition immerhin mal 15 Yards und können ein Field Goal zum Ausgleich schießen – 3:3. Auch die Rams schaffen ein Field Goal zum 6:3. Der nächste Drive beginnt eigentlich gut, doch dann fängt Darious Williams einen Screen-Pass ab und retourniert ihn als Pick Six zum ersten Touchdown für LA (3:13). Als Reaktion darauf zaubert Wilson einen Traumpass auf DK Metcalf: Touchdown Seahawks, 13:10, Anschluss. Doch die Rams rollen wieder übers Feld und rennen Seattle zu Boden. Rookie Cam Akers findet so die Endzone und stellt den alten Abstand zum 20:10 her.
  • 3. Quarter: Die zweite Halbzeit beginnt mit einem super Return von D.J. Reed, doch die Seahawks bewegen den Ball erneut nicht gut. Ein Field Goal stellt auf 13:20. Die Rams müssen nach starkem Stop der Defense wieder punten, genauso wie die Seahawks und danach wieder die Rams. Abermals versaut sich Seattle dann den Drive durch Flaggen und muss den Ball wieder abgeben.
  • 4. Quarter: Ein vernünftig vorgetragener Angriff der Rams endet erst kurz vor der Redzone und Kicker Gay bleibt perfekt: 23:13 für die Rams. Danach punten erneut beide Teams schnell. Den Punt der Rams will Reed retournieren, verliert dabei aber den Ball. Den Fumble nehmen die Rams auf – in guter Feldposition. Goff verwandelt diese schnell in einen Touchdown auf Robert Woods. Die Passverteidigung der Seahawks pennt. In der Garbage Time des Spiels erzielt Metcalf noch einen Touchdown zum 30:20. Den folgenden Onside Kick sichern die Rams. Zwei Turnover on Downs und das Abknien der Rams beenden das Spiel.

Die Hauptdarsteller:

Die Defenses auf beiden Seiten: … machten ein ziemlich gutes Spiel und ließen gerade über den Pass bis auf einzelne Big Plays überhaupt nichts zu. Die Rushing Defense der Seahawks war zwar nicht so gut, wie bisher in der Saison gewohnt, hielt sich aber trotzdem halbwegs gegen einen glänzend aufgelegten Cam Akers und die O-Line der Rams. Für Fans des offensiven Footballs war das ein ganz trauriger Abend.

Third-Down Conversions: Über das ganze Spiel gab es fast keinen richtig langen Drive, es wurde insgesamt 15 (!) mal gepuntet. Das lag natürlich an guten Defensivreihen beider Teams, aber vor allem auch daran, dass es beide Teams in der Offense nicht schafften, dritte Versuche in neue erste zu verwandeln. Die Rams schafften drei von 15 Third Downs, die Seahawks gar nur zwei von 14.

Play Calling: Das offensive Play Calling war grausam. Nichts Überraschendes, nichts Neues aus dem Play Book. In der ersten Halbzeit liefen die Rams-Verteidiger die Routen der Seahawks teilweise blind mit. Das spricht dafür, dass verdammt viel Material auf Tape schon verfügbar war. Das spricht auch für wenig Kreativität in der Abteilung Attacke und für ein weiteres Meisterstück von Brandon Staley, dem Defensive Coordinator der Rams. Brian Schottenheimer lieferte als Play Caller einen starken Saisonbeginn ab, ließ aber deutlich nach. Anders LA: Cam Akers konnte dank stark designter Runs, offenen Rush & Cutback Lanes immer wieder auch tiefen Raumgewinn erzielen. So macht man das, Hut ab, Sean McVay und Kevin O’Connell!

Die Nebendarsteller:

Ehrenvolle Erwähnung: Der Pass Rush der Seahawks für recht guten Druck auf Jared Goff. Immerhin drei Sacks konnten die Spezialisten rund um Jarran Reed verzeichnen. K Jason Meyers für eine perfekte Saison in Field Goals und insgesamt nur vier verpasste Extrapunkte. Heute tacklete er sogar bei Returns. Ganz ganz stark.

Stets bemüht: CB D.J. Reed machte einen wirklich guten Return, verlor allerdings auch den Ball beim Return in der Crunchtime. Die letzten Wochen war er verdammt stark, heute leider in einer Situation nicht gut genug. P Michael Dickson sah den Rasen viel zu häufig. Und zeigte gerade zu Beginn Schwächen bei der Länge seiner Punts. Ungewohnt für den sonst so stark agierenden Punter.

Meh: QB Russell Wilson zeigte erneut nichts, was seinen hohen Vertrag rechtfertigt. Er wirkte weiterhin unkonzentriert, ohne Fokus und ohne Gefühl für den Pass Rush in der Pocket. Dazu auch noch schlechte Würfe, die nur knapp nicht intercepted wurden und nach vorne allgemein zu wenig. Was zur Hölle ist mit dem „Let Russ Cook“-Spielmacher passiert? SS Jamal Adams freute sich nach dem letzten Spiel gegen die Rams noch über das Erreichen der Playoffs, verletzte sich dann im Spiel gegen die 49ers – und lieferte heute mal so überhaupt nicht ab. Missed Tackles, broken Coverage – fast alles was in der Defense schlecht lief, lief über Jamal Adams. Das hatten wir uns beim Trade anders vorgestellt. Die Offensive Line der Seahawks machte ein richtig schwaches Spiel und wurde an der Line of Scrimmage komplett vermöbelt (genau wie Seattles D-Line übrigens). Wilson hatte viel Druck innerhalb und außerhalb der Pocket und auch das eigene Pass Blocking waren schlecht. Obwohl alle fünf Starter von Beginn der Saison fit waren, gelang fast nichts. LG Mike Iupati wurde zwischenzeitlich sogar gebenched und durch Jordan Simmons ersetzt. Warum die Seahawks mit geplanten Rollouts nicht für Entlastung sorgten, bleibt ihr Geheimnis.

Die Highlights:

Das, was Russell Wilson und seine Receiver zu Saisonbeginn immer wieder schafften, klappte heute wenigstens einmal: Einen eigentlich schon gebrochenen Spielzug verlängert Wilson durch eine improvisierten Flucht aus der Pocket und holt dann den langen Wurf auf den freien DK Metcalf aus dem Köcher.

Was passiert, wenn Russ einen Screen auspackt, Freddie Swain aber seinen Tackle verpasst und Darious Williams den Ball einfach mehr will: Pick Six – der Spielzug der ein bisschen Feuer in ein bis dato doch recht langweiliges Spiel brachte.

Der Spielzug, der die Begegnung beendete:

Die Randnotizen:

  • HC Sean McVay steht als Cheftrainer der Los Angeles Rams jetzt 37-0 in Spielen, in denen sein Team zur Halbzeit führten. Tolle Bilanz, die auch die Seahawks nicht brechen konnten.
  • Die Rams holten in der ersten Halbzeit 79 Yards. 78 Yards davon entstanden, wenn SS Jamal Adams der zuständige Verteidiger war. Second-Team All-Pro Safety?
  • Die Seahawks verloren das Turnover-Battle und damit auch das Spiel. Nur eine einzige Partie konnten die Seahawks in dieser Saison trotz negativer Ballverlust-Bilanz gewinnen.
  • Wie die chinesischen Seahawks-Fans über das Spiel denken? Bei Twitter kann man es erahnen:

Frei übersetzt (Danke, Google Translator!): „Beten Sie zu meiner Statue von Präsident Xi Jinping, der Widder wird nächste Woche in die Luft gesprengt.“ Danke. Genau so fühle ich mich gerade.

Die Verletzten:

Zwischenzeitlich musste Linebacker Bobby Wagner kurz in die Kabine. Das Knie schien aber letztlich doch kein Problem zu sein, denn er konnte direkt nach der Halbzeit zurückkehren. Fullback Nick Bellore (meist nur in den Special Teams eingesetzt) musste das Spielfeld ebenfalls verlassen, genauso wie Right Guard Damien Lewis und Defensive Tackle Poona Ford.

Auf Seiten der Rams verletzte sich Quarterback John Wolford schon früh im Spiel bei einem sauberen Hit von Strong Safety Jamal Adams. Der noch angeschlagene Spielmacher Jared Goff musste daher früher als erwartet aufs Feld. Auch Defensive Tackle Aaron Donald verletzte sich in der zweiten Halbzeit und konnte nur für ein paar wenige Snaps wieder zurückkehren. Kurz vor Schluss musste dann auch Wide Receiver Cooper Kupp noch verletzt vom Feld.

Das Zitat:

„Two weeks ago you saw them smoking cigars and getting all excited about beating us and winning the division and we’re able to come up here and beat them in their own place. It feels good.“ -Quarterback Jared Goff von den Los Angeles Rams über die Motivation seines Teams

Der Tweet:

Was soll man sagen? Beide Quarterbacks fanden den Rasen häufiger als die eigenen Receiver.

Das Fazit:

Schlechtes Coaching, schlechte Execution, schlechtes Spiel. Gegen einen schwachen Gegner schon in der ersten Runde der Playoffs auszuscheiden, tut verdammt weh. Aber selten war es so verdient, weil eigenverschuldet, wie heute.

Was nun, Seattle Seahawks? Vor dem Team liegt eine verdammt lange Offseason, die sich niemand so gewünscht hatte. Die Verantwortlichen setzten mit dem teuren Trade für Jamal Adams vieles (oder alles?) auf eine Karte und werden die Konsequenzen erst in den kommenden Monaten zu spüren bekommen. Sie stehen vor Jahren ohne Flexibilität beim finanziellen und Draft-Kapital. Und die Verantwortlichen stellten die Offensive zugunsten von Russell Wilson um – und kamen am Ende dennoch nicht weiter als in den vergangenen zwei Jahren. Das ist das Frustrierende.

Pete Carroll hat gerade einen neuen Vertrag bis 2025 unterschrieben, der Kader ist so gut wie seit dem Reload nicht mehr, die Philosophie auf den Star-Quarterback zugeschnitten – und doch scheint die Rückkehr in den Super Bowl ohne dramatische Veränderungen in weiter Ferne zu liegen.

Ausblick: Ein letzter Blick zurück auf den abgeschlossenen Spielplan – und dann auf in die Offseason. Wie gewohnt erhaltet Ihr auf dieser Website in den kommenden Wochen von uns Einschätzungen zur abgelaufenen Saison, zum NFL Draft im April sowie zu Offseason-Trades. Schaltet den Podcast ein und beehrt uns wieder im redaktionellen Teil dieses Onlineauftritts.