Nachruf: Paul Allen (1953-2018)

Paul G. Allen (Foto: imago)

Paul G. Allen (Foto: imago)

Paul Allen war für die Seahawks und Seattle mehr als ein NFL-Teambesitzer. Er war der, der das Team 1997 vor dem Wegzug bewahrte. Er war der, der das kulturelle Seattle mit gestaltete. Er war der, der einen Teil seines Vermögens in seine Heimatstadt, Forschung und wohltätige Zwecke investierte. Ein Blick auf Allens Lebenswerk.

Paul Allens Lebensweg

Paul Gardener Allen wurde am 21. Januar 1953 in Seattle geboren und wuchs als Kind einer Hausfrau und des stellvertretenden Bibliotheksleiters der University of Washington auf. Er besuchte die prestigeträchtige Lakeside School in Seattle und lernte bereits dort seinen späteren Weggefährten Bill Gates kennen. Später begann er zunächst ein Studium an der Washington State University, verließ diese aber nach zwei Jahren um kommerzielle Software für die neuen Personal Computer zu schreiben. Während er 1973 als Programmierer arbeitete, überrede er Bill Gates dazu, die Havard University zu verlassen. 1975 gründeten die Beiden die Firma Microsoft starteten gemeinsam die Erfolgsstory des Weltkonzerns.

Im Jahr 1983 wurde bei Allen ein Hodgkin-Lymphom diagnostiziert. In Folge dessen schied er bei Microsoft aus. Seine Erkrankung wurde durch mehrmalige Strahlentherapie und eine Knochenmarktransplantation erfolgreich behandelt. 2009 erkrankte Allen an einem Non-Hodgkin-Lymphom. Bis zur Rückkehr der Erkrankung im Oktober 2018 galt auch diese als erfolgreich behandelt.

Nach seiner Tätigkeit bei Microsoft gründete Allen noch weitere Unternehmen und engagierte sich, unter anderem mit der Paul G. Allen Family Foundation, in Seattle und im US-Bundesstaat Washington.

2010 schloss er sich der Kampagne „The Giving Pledge“ an und versprach ebenso, wie andere Milliardäre, mehr als die Hälfte seines Vermögens zu spenden.

Allen engagierte sich in der Kunst- und Musikszene Seattles, gründete das Museum of Pop Culture und spielte selbst Gitarre. 

1988 übernahm Allen das NBA-Team der Portland Trail Blazers für 70 Millionen US-Dollar von Larry Weinberg. 2009 stieg er als Mitbesitzer in das neugegründete MLS-Team Seattle Sounders FC ein. Sein größtes sportliches Projekt startete er aber 1997, als er die Seattle Seahawks übernahm. Was für Allen als eine „bürgerlicher Verpflichtung“ begann, wurde schnell zu einer Leidenschaft, wie er in seinen 2011 veröffentlichten Memoiren beschreibt („Idea Man: Die Autobiografie des Microsoft-Mitgründers“ ISBN 3593395398, Campus Verlag).

Paul Allen und die Seahawks

„Als Besitzer, der hier geboren und aufgewachsen ist, ist es ein ganz besonderer Moment und die Erfüllung eines Traums, nicht nur für mich, sondern für alle im Team“, sagte Paul Allen zu den Fans der Seattle Seahawks im CenturyLink Field am Ende der Parade zur Feier des Siegs der Seahawks im Super Bowl XLVIII. Es war eine Feier die, wie so viele andere Momente in der Geschichte der Seahawks, ohne Allen nie stattgefunden hätte.

Denn im Jahr 1997 waren die Seattle Seahawks nicht nur weit von einem Super Bowl Sieg entfernt sondern wären auch um ein Haar aus Seattle verschwunden. Der damalige Besitzer Ken Behringer beschloss die Franchise nach Los Angeles umzuziehen, um die im Vorjahr nach St. Louis abgewanderten Rams zu ersetzen. Als Grund erklärte Behringers, dass es nicht möglich sei die Finanzierung eines neuen Stadions oder der Renovierung des bröckelnden Kingdoms in Seattle zu sichern. Die Umzugskartons nach Anaheim waren schon gepackt, als der Umzug vor Gericht gestoppt wurde. Die Suche nach einem lokalen Besitzer im Nordwesten lief anschließend auf Hochtouren.

Allen war in dieser Zeit nicht auf der Suche nach einem NFL-Team. Auch war es nicht der mögliche, finanzieller Profit, der ihn dazu brachte diesen Schritt zu gehen. Es war die Erziehung durch seine Eltern, welche ihm und seiner Schwester Jody beibrachten, wie wichtig es ist, der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Als die lokalen Politiker auf Allen zugingen, war er, wenn auch zunächst zögerlich, mit an Bord. „Paul Allen trat vor!“, sagte der damalige Bürgermeister von Seattle Norm Rice. Voraussetzung für die Übernahme der Seahawks war ein Referendum über den Neubau eines Stadions in Seattle. Viel Lobbyarbeit und ein Konsens mit den Medien sicherten mit einem 51 zu 49 Ergebnis in dem Referendum den Neubau von CenturyLink Field und somit auch den Verbleib der Seahawks in Seattle.

„Paul Allen war nicht die letzte Person, er war die einzige Person die aufgestanden ist. Er ging eine Verpflichtung ein die nicht auf einer finanziellen Belohnung basierte, sondern auf den Werten, die seine Mutter und sein Vater ihm beigebracht haben. Wir sind Faye und Ken Allen (Namen der Eltern) genauso viel schuldig wie Paul.“ sagte einer der beteiligen Politiker, Pete von Reichbauer.

In der Zeit vor Allen waren die Seahawks ein durchschnittliches NFL-Team mit acht Winning Seasons, zwei davon mit mehr als zehn Siegen, vier Playoff-Teilnahmen, einem Divisonstitel und einer Teilnahme am AFC Championship Finale. Mit Allen als Eigentümer waren die Seahawks zwölf Mal in den Playoffs, gewannen neun Divisonstitel, schafften acht Saisons mit zehn oder mehr Siegen, spielten drei Super Bowls und gewannen den Super Bowl XLVIII nach der Saison 2013.

Die zwei Jahrzehnte in denen Allen Besitzer der Seahawks war, führte er die Franchise ohne Bevormundung und ohne große Einflussnahme. Er fand die richtigen Personen für die wichtigen Positionen im Team und ließ sie in Ruhe arbeiten. Er war ein zurückhaltender Teambesitzer – in der NFL und in der NBA.

Es war Allen, der Mike Holmgren 1999 von Green Bay nach Seattle brachte und so die erste erfolgreiche Ära der Seahawks einleitete.

Es war Allen der Pete Carroll 2010 davon überzeugte, die University of Southern California Trojans zu verlassen, ihn mit General Manager John Schneider zusammenbrachte und so eine noch erfolgreichere Ära des Footballs in Seattle einleitete.

Und während Allen keinen Einfluss nahm auf die Entwicklung im Team, sondern auf seine Leute im Front Office vertraute, hatte genau das und der neue Erfolg einen tiefen Einfluss auf die Fans der Seahawks im In- und Ausland.

Allen begann eine Kultur aufzubauen, die nicht nur Siege sondern auch ein Gefühl von Zugehörigkeit hervorrief. Seahawks-Vizepräsident Bert Kolde sagte 2017 anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Seahawks-Kaufs durch Allen: „Die Franchise ist nichtmehr nur ein Nachkömmling. Wir sind nichtmehr nur Südalaska, wir sind jetzt der große pazifische Nordwesten!“

Am Tag vor Allens Tod war dies tausende Kilometer von Seattle entfernt zu sehen. Die Seahawks besiegten nicht nur die Oakland Raiders in London sondern jeder konnte sehen, wie die 12s eine Stadion und eine ganze Stadt übernahmen. Der Auftritt von Team und Fans war eine lautstarke, leidenschaftliche Erinnerung daran, wie Paul Allen dazu beitrug, aus einem lokalen Außenseiter eine globale Marke mit Titelambitionen zu machen.

Paul Allens Vermächtnis ist mehr als American Football, lebensverändernde Technologien oder seine Wohltätigkeit. Aber für Millionen von Seahawks-Fans weltweit wird er für immer als der Mann in Erinnerung bleiben, der den Football in Seattle rettete und die Franchise durch seine Entscheidungen in ungeahnte Höhen trug.

Vielen Dank dafür. Ruhen Sie in Frieden, Mr. Allen!

Paul Allen starb am 15. Oktober 2018 im Alter von 65 Jahren an den Folgen des Non-Hodgkin-Lymphoms. Paul Allen war weder verheiratet noch hatte er Kinder.

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