Kopfsache: Erich Grau

Erich Grau kann sich nicht daran erinnern, jemals eine Gehirnerschütterung gehabt zu haben. Das liegt jedoch nicht daran, dass er möglicherweise der erste deutschen Footballer sein könnte, der an CTE erkrankt ist, sondern daran, dass er laut eigener Aussage einfach nie eine Gehirnerschütterung erlitten hat.

Das passt zu den neuesten Erkenntnissen über CTE, die besagen, dass die Krankheit nicht durch Gehirnerschütterungen, sondern durch häufige Schläge auf den Kopf ausgelöst wird. Schläge, wie sie beim American Football Spielzug für Spielzug vorkommen.

Wir treffen Erich Grau, 63, zu Hause in Ansbach zum Interview. Dort erzählt uns der ehemalige Quarterback der deutschen Nationalmannschaft, wie er sein Leben neu geordnet hat, nachdem er am Tiefpunkt angelangt war. Tiefpunkt, das bedeutete im Fall des inzwischen pensionierten Pädagogen, den Weg von Lehrer- zum Klassenzimmer nicht mehr zu finden. Das bedeutete, Münzen nicht mehr abzählen zu können. Das bedeutete Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten, vergessene Termine, Schreibfehler an der Tafel.

Das bedeutete. Vergangenheitsform. Denn Grau, Gründungsmitglied der deutschen Football-Liga und mit den Ansbach Grizzlies neunmal in Serie im Finale um die Meisterschaft, hat in seinem Leben Störfaktoren reduziert.

Einst arbeitete er neben dem Lehrerberuf als Fernseh-Kommentator und Sportdirektor des AFVD, jetzt geht er in eine Gedächtnissprechstunde und lernt dort, sich auf wenige wichtige Dinge zu konzentrieren. Dazu gehört der Sport noch immer, wenngleich der nicht mehr American Football heißt, sondern beispielsweise Skibob (aktiv) oder Leichtathletik (als Trainer).

Im Interview spricht Erich Grau über neue Strategien gegen das Vergessen, das Schicksal ehemaliger Teamkameraden und den Umgang mit den Gefahren von American Football heute.

Herr Grau, bereuen Sie es heute, zwölf Jahre lang American Football gespielt zu haben?

Haben sich Footballspieler zu Ihrer aktiven Zeit Gedanken darüber gemacht, dass sie ihre mentale Gesundheit aufs Spiel setzen?

Wenn das Bewusstsein für Gefahren damals so gering war: Sind Ihnen weitere mögliche Fälle von CTE aus Ihrem Bekanntenkreis bekannt?

Kann American Football durch Regeländerungen sicherer gemacht werden?

Wer trägt die Verantwortung für die Risiken?

Muss in den Sportverbänden heute generell ein Umdenken stattfinden, um American Football sicherer zu machen?

Können Sie als möglicher CTE-Betroffener heute noch nachvollziehen, dass sich Menschen für American Football begeistern?

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