Head Coach-Kandidaten – Die Favoriten der GSH-Redaktion

Auf der Suche nach dem perfekten Head Coach: John Schneider, General Manager der Seahawks

Foto: Tom Hauck/Getty Images

Die Seahawks sind mittlerweile schon seit zwei Wochen ohne Head Coach und bis auf Gerüchte, mit wem gerade als potentieller Nachfolger gesprochen wird, wurde noch nicht viel verkündet. Über die Mechanik der Trainersuche und mögliche Kandidaten hat Simon letzte Woche bereits einen Artikel geschrieben, heute wollen wir als Redaktion auf unsere Lieblingskandidaten schauen. Hier kommen unsere Top 6-Kandidaten, die nächstes Jahr als Head Coach an der Seitenlinie der Seahawks stehen sollten.

Jonas Meister wünscht sich Dan Quinn

Die Cheftrainer-Suche bei den Seahawks geht weiter und mein Favorit ist und bleibt Dan Quinn. Ja, er mag bei weitem nicht die junge und hippe Variante à la Ben Johnson sein. Stattdessen bringt er Stabilität und Konstanz. Das mag zunächst langweilig klingen, doch blicken wir doch mal darauf, was der größte Nachteil der jungen Trainergeneration ist und das ist eben ihre Unerfahrenheit. Weder Johnson, noch Mike MacDonald waren je in der Position eines Head Coaches. Klar, wir als 12s sehen, was McVay und Shanahan in der NFC West veranstalten, doch davon sollten wir und gerade das Front Office der Seahawks sich nicht blenden lassen. Da muss man nur einen Blick auf das Brandon Staley-Experiment bei den Chargers werfen, der als Super Bowl-Winning Defensive Coordinator kam und schon im zweiten Jahr kläglich scheiterte.

Bei Dan Quinn hingegen weiß John Schneider als General Manager und neuer starker Mann in Seattle, was er bekommt. Quinns Legion of Boom führte die Seahawks zu ihrem ersten Super Bowl-Ring und brachte dem amtierenden Defensive Coordinator der Cowboys seinen ersten Head Coaching-Job ein. In Atlanta führte Dan Quinn die Falcons in seiner zweiten Saison in den Super Bowl und konnte nach seiner Entlassung 2020 trotzdem eine positive Win-Loss-Bilanz vorweisen. Aus Georgia ging es für Quinn dann direkt nach Texas, wo er die Cowboys-Defense drei Jahre in Folge in den Top 5 der NFL hielt.

Dass er No-Names wie DaRon Bland in einem Jahr zum All Pro formte und Trevon Diggs nach einem schwierigen Rookie-Jahr ebenfalls zu einem Star machte, spricht für die Art und Weise wie Dan Quinn Spieler entwickeln kann. Über seine Coaching-Philosophie, für die er sich viel bei seinem Mentor Pete Carroll abgeschaut haben dürfte, schwärmen Ex-Spieler wie KJ Wright bis heute. Und dass auch Dan Quinn und seine Unit einmal einen schlechten Tag haben ist menschlich. Die schwere Playoff-Niederlage gegen die Packers sollte uns 12s nicht blenden. Stattdessen gilt es meiner Meinung nach den Fokus auf die Pluspunkte von Dan Quinn zu legen: zum einen hat er Stallgeruch in Seattle und zum anderen ist sein Coaching-Stil in der NFL mit einem Super Bowl-Sieg, zwei weiteren Super Bowl-Teilnahmen sowie der Fähigkeit mehrere Jahre in Folge eine Top-Defense zu formen, bewiesenermaßen erfolgreich. Alles das macht ihn für mich zum Top-Kandidaten, um eine junge, hungrige Seahawks-Defense auf Jahre besser zu machen und eine talentierte Seattle-Offense als Head Coach über einen Coordinator so managen zu lassen, dass das Team weiterhin ein konstanter Playoff-Teilnehmer bleibt und auf lange Sicht wieder ein Super Bowl-Contender wird.

Head Coach Quoten von bookies.com

Nächster Head Coach Quote Wahrscheinlichkeit
Dan Quinn +350 22,2%
Ben Johnson +450 18,2%
Frank Smith +650 13,3%
Raheem Morris +750 11,8%
Mike Vrabel +1000 9,1%
Elijah Evero +1200 7,7%
Bobby Slowik +1200 7,7%
Patrick Graham +1500 6,3%
Mike Kafka +1500 6,3%
Andere Kandidaten +475 17,4%

Thomas Wagner wünscht sich Mike Vrabel

Mein Take als nächster Seahawks Head Coach: Mike Vrabel! Könnte es das „Match made in Heaven“ sein? Vrabel, der als Verteidiger bei den Patriots gezeigt hat, was harte und ehrliche Arbeit ist? Oder etwa, dass Talent alleine keine Playoffspiele gewinnt?

Vrabel hat in Nashville bereits bewiesen, dass er aus vorhandenem Spielermaterial mit einfachen Mitteln, einer gewissen Arbeitsmoral und Einsatz das Maximum herausholen kann. Gerade in Kombination mit GM John Schneider könnte ein kongeniales Duo Entstehen.

Freilich, es braucht noch einen innovativen Offensiv Koordinator, um das Potential in Gänze freizulegen. Doch das Roster in Seattle ist nicht im Rebuild – und so braucht es einen durchaus erfahrenen Trainer, der sofort weiß, wo der Hammer hängt und wie man die Playoffs erreicht.
Und genau das kann Vrabel.

Simon Kell wünscht sich Frank Smith

Den allermeisten wird es beim Namen Frank Smith wahrscheinlich genau so gegangen sein wie mir: Who the fuck is this? Frank Smith, 42 Jahre alt, ist Offensive Coordinator bei den Miami Dolphins. Vorher hatte er Stationen an zwei unbekannten Colleges und durchlief dann einige NFL-Teams. So arbeitete er unter anderem unter Sean Payton in New Orleans, John Fox in Chicago und Jon Gruden bei den Raiders. Seine Aufgabenschwerpunkte waren die Offensive Line, die Tight Ends und später auch das Run Game, bevor er nun erstmals Offensive Coordinator wurde.

Laut Dolphins Head Coach Mike McDaniel hat Smith ein hervorragendes Verständnis des Spiels und ist ein extrem guter Lehrer. Zudem hat er die angeborene Fähigkeit, Probleme zu erkennen bevor sie auftreten. Diese Kombination, so McDaniel, sei äußerst selten und habe ihm sehr dabei geholfen, NFL-Cheftrainer zu sein. Eine besondere Verbindung hat Smith auch zu TE Darren Waller, dem er während seiner Zeit bei den Raiders half, seine Alkohol- und Drogensucht zu überwinden und aus ihm den Pro Bowl-Tight End der Saison 2020 formte. Smith ist dafür bekannt, den Fokus darauf zu legen, die Stärken zu stärken und ein positives und optimistisches Selbstbild als Basis für Erfolg zu etablieren. Es gibt neben Darren Waller noch zahlreiche weitere Beispiele für Spieler, die unter ihm bessere Leistungen erzielt oder statistisch evidente positive Ausreißer erzielt haben.

Und letztlich ist das genau das Set an Eigenschaften, was ich von unserem nächsten Head Coach erwarte: Er soll ein netter Mensch sein, er soll in der Lage sein, eine koordinierende Funktion zu übernehmen und Probleme schnell und einfach zu lösen. Er soll ein breites Verständnis des Spiels haben und schon in verschiedenen Systemen gecoacht haben. Er soll in der Lage sein, einzelne Spieler besser zu machen, aus ihnen das Maximum herauszuholen. Mit so einem Trainer lässt sich eine Legacy aufbauen und ein Super Bowl gewinnen.

Max Brending wünscht sich Ben Johnson

Dass die Detroit Lions das erste Mal seit Menschengedenken im NFC Championship Game spielen, liegt zu einem nicht zu vernachlässigenden Teil am künftigen Head Coach der Seattle Seahawks: Offensive Coordinator Ben Johnson. Also zumindest wenn es nach mir geht. Leider sind einige Teams hinter dem 37-jährigen her, die Seahawks müssen sich also anstrengen, um sich die Dienste des Mannes zu sichern, der Jared Goff aussehen lässt, wie Tom Brady zu besten Zeiten. Eines der wichtigsten Argumente für Johnson ist seine Position als offensiver Coach und Play Caller. Insbesondere bei Head Coaches mit defensivem Background passiert es schnell, dass der talentierte Offensive Coordinator nach einer guten Saison abgeworben wird. Daher bin ich großer Verfechter davon, den Posten des Head Coach direkt mit einem offensiven Mastermind zu besetzen. Doch Ben Johnson bietet noch mehr als nur seine Position. Sowohl im Pass- als auch im Laufspiel landeten die Lions in den Top 8 nach EPA/Play. Das Playcalling ist ausgewogen und kreativ, mit Rushingtandems kennt Johnson sich aus, Wide Receiver Amon-Ra St. Brown spielt so, wie man es sich von Jaxon Smith-Njigba erhofft und Rookie Tight End Sam LaPorta sieht jetzt schon aus wie ein Superstar. Kurzum: Ben Johnson ist genau das, was die Offensive um Geno Smith jetzt braucht. Fehlt nur noch frischer Wind auf der Position des DC, aber auch das wird unser neuer HC schon richten.

Henri Wolfarth wünscht sich Bobby Slowik

Bobby Slowik, blutjunge 36 Jahre, war noch vor 12 Monaten kein bekannter Name. Durch seine Arbeit als Offensive Coordinator bei den Texans mit Rookie-Sensation C.J. Stroud ist er nicht nur ins Rampenlicht vieler Teams gerückt, sondern hat zugleich einen kometenhaften Aufstieg hingelegt. Derart blitzartig, dass die meisten nicht wissen, dass er vor einigen Jahren noch als Analyst für PFF gearbeitet hat oder zuvor bereits in Washington (2011 – 2013) und danach in San Francisco (2017 – 2018) erste Coaching Erfahrungen auf der defensiven Seite des Balles als Assistant und Quality Control Coach sammelte, ehe es ihn unter Kyle Shanahan auf die offensive Seite des Balles verschlug. Dort arbeitete er sich 2022 bis zum Passing Game Coordinator San Franciscos hoch.

Seine Arbeit mit den Texans im nächsten Karriereschritt als Offensive Coordinator unter Head Coach und Kumpel DeMeco Ryans war beeindruckend. Er trug entscheidend zum beeindruckenden Rookie-Jahr von C.J. Stroud bei und setzte die Playmaker der Texans schematisch so gut wie nur wenige andere seiner Zunft ein. Trotz aller legitimen Bedenken hinsichtlich mangelnder Erfahrung ist es unmöglich, sich nicht die Frage zu stellen, ob Slowik vielleicht wirklich der nächste Sean McVay oder Mike McDaniels sein könnte. Wenngleich weiche Faktoren von außen nur schwer zu beurteilen sind, macht Slowik auf seinen Pressekonferenzen darüber hinaus eine gute und für sein Alter reife Figur als Kommunikator.

Noch nicht überzeugt von Slowik? Folgendes hatte ein gewisser Kyle Shanahan zu seinem Ex-Assistant zu sagen: „Bob war so talentiert wie jeder, mit dem ich je zusammengearbeitet habe. Ich wollte ihn überhaupt nicht verlieren. DeMeco wusste, dass er etwas Besonderes war.“

Bobby Slowik als neuer Head Coach wäre ein riskanter Move, der jedoch eine Menge Potenzial mit sich bringt. Es wäre zugleich eine Abkehr von dem, was die Seahawks seit 2010 unter Carroll hatten. Doch ich denke, dass es gerade jetzt Zeit für eine neue Vision, neue Ideen und neues Personal ist, ohne am Vergangenen festzuhalten und zu versuchen, genau das zu kopieren. Es ist Zeit für eine neue Ära der Seahawks. Bobby Slowik hat das Potenzial diese erfolgreich einzuläuten und Seattle wieder von Super Bowls träumen zu lassen.

Daniel Humburg wünscht sich Mike MacDonald

Mike Macdonald 36 Jahre jung aber hat schon mehr als 10 Jahre Trainererfahrung im Profi-Football in den Knochen. Macdonald arbeitete sich den Trainerstab der Ravens hoch, nachdem er ein Angebot für ein Praktikum bei ihnen erhielt.

Bevor Macdonald von John Haurbaugh 2018 zum LB Coach der Ravens gemacht wurde, lud der Head Coach der Ravens ihn zu einem Interview als DC ein. Auch wenn Macdonald den Job damals nicht bekam, hat es ihn doch motiviert den nächsten Schritt auf der Karriereleiter zu machen.

Macdonald behauptete sich in seiner neuen Position, sodass John Harbaugh seinem Bruder Jim empfahl, er solle Mike als seinen DC an die University of Michigan holen. Diese Empfehlung sollte sich für alle Beteiligten auszahlen. Macdonald machte die Wolverines zu einer Top 10 Defense und schickte drei Top 45 Draft Picks in die NFL. Im Vorjahr war die Wolverines Defense gerade so in den Top 90 platziert.

Nachdem sich die Ravens 2021, aufgrund von einer sehr schlechten defensiven Leistung – nach DVOA Platz 20 der Liga/ Platz 22 per PFF – von Don Martindale als Defensiv Coordinator trennten, holte HC John Harbaugh Mike MacDonald von Bruder Jim zurück und gab ihm den Job für den er ihn schon 2018 interviewt hatte.

Macdonald katapultierte die Ravens Defense in der folgenden Saison in die obersten Sphären der Liga – Nr. 5 per DVOA/ Nr. 6 per PFF – und legte diese Regular Season nochmal einen drauf – Nr. 1 per DVOA/ Nr. 2 per EPA/Play/ Nr. 3 per PFF-

Dazu muss aber auch gesagt werden, dass die Ravens Defense STACKED ist. Gerade auf LB, Safety und an der Line of Scrimmage ist in Baltimore die Hölle los, positiv gesprochen. Dass man Spieler wie Kyle Hamilton, Raquon Smith und Justin Madubuike in der Liga als Stars feiert, ist auch Macdonalds verdienst. Er setzt seine Spieler gekonnt in Szene und lässt sie mit ihren Stärken glänzen und verbirgt ihre Schwächen.

Mike Macdonald setzt, wie Clint Hurtt unter Pete Carroll zuletzt, auf eine 3-4 Defense und einen hohen Anteil an 2-4-5 Nickel Snaps. Das hat in Seattle eher semi-gut funktioniert, wieso sollte also gerade Macdonald den Umschwung für die Seahawks bringen? Weil er das Scheme an seine Spieler anpasst, aber den Spielern auch das nötige Wissen vermittelt, um in seiner Art von Defense zu brillieren. Er arbeitet mit ihnen gemeinsam die Details für ihren Erfolg heraus und lässt sie so zu der besten Version ihrer selbst werden. Aber vor allem setzt er darauf, dass die Grundlagen sitzen, gerade was Tackling angeht. Diese Grundlagen exerziert er geradezu immer wieder durch. Exerzieren lässt er auch an der Line of Scrimmage, da weniger die Grundlagen als vielmehr sein Defense Kredo für die moderne NFL. Druck, Druck und nochmal Druck auf den QB gegenüber aufbauen und ihn durch versteckte Coverages verwirren und zu Fehlern zwingen. Dem Gegner so wenig Zeit wie möglich zu lassen und ihm so viele Coverage Probleme wie möglich zu präsentieren, ist schon lange ein Ansatz in der NFL. Aber Macdonald schafft es auch diese vehement und sehr kreativ zu verfolgen. Pre-Snap und Post-Snap sieht seine Defense komplett unterschiedlich aus. Pre-Snap erkennt man nicht was der DC spielen lassen will, da jedes Play gleich aussieht. Und Post-Snap weiß der QB schon gar nicht mehr, was er tun soll. So viel Druck bekommt er auf den Hals gehetzt und so viele Coverage-Varianten entwickeln sich in kürzester Zeit auf dem Platz. Shifts, Stunts und Blitzes sind hier die Zauberwörter, die auch am kommenden Spieltag Brock Purdy und Kyle Shanahan die Knie schlottern lassen. Das sind beides Konzepte, die Seattle ebenfalls umsetzen wollte, es aber wegen fehlender Disziplin und personellen Ausfällen einfach nicht geschafft hat. Diese Disziplin kann Macdonald aber einem Team beibringen und mit seiner Arbeitsmoral sowie seiner Detailbesessenheit einem Team einen ganz neuen Weg ebnen. Ich glaube, sowohl Offensiv als auch Defensiv kann Macdonald ein Team formen und führen.