Das Fantasy Football-„1 mal 1“ – German Sea Hawkers erklären den Hype

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Foto: Jane Gershovich/Getty Images

Verfolgt man die NFL eine Weile, stößt man zwangsläufig auf den Begriff Fantasy Football. Doch was hat es damit auf sich? Vorab: Mit klassischer Fantasy hat das Ganze weniger zu tun. Ihr spielt also nicht mit Elfen und Zwergen, sondern mit ganz normalen NFL-Spielern. Das Wort Fantasy kommt eher daher, dass ihr die Spieler ganz nach eurer Fantasie in euer Team draften könnt, völlig egal für welche Franchise sie eigentlich ihre Schuhe schnüren.

Bei so vielen Fragen und Funktionen wollen wir von den German Sea Hawkers hier einmal ausführlich versuchen, euch einen Einstieg zu liefern. Und zwar für alle, die vielleicht das erste Mal auf das Thema gestoßen sind und noch keinen wirklichen Plan haben, womit sie es eigentlich zu tun haben.

Wo und wie spiele ich Fantasy Football überhaupt?

Beginnen wir mit der Frage nach dem „Wo“. Fantasy Football lässt sich auf den verschiedensten Plattformen spielen. Die in Deutschland bekanntesten Möglichkeiten haben wir euch hier einmal aufgelistet:

Sleeper Fantasy ist die jüngste, aktuell aber auch die vermutlich beliebteste Plattform für Fantasy Football und richtet sich insbesondere an alle, die gerne auf ihren mobilen Endgeräten auf die App zugreifen. Eine Desktop-Version gibt es aber auch. Werden aktuell Mock Drafts (Erklärung folgt) oder Gesuche nach neuen Mitspielern auf Twitter gepostet, gehört der passende Link meist zu Sleeper. Auch die großen Wettbewerbe wie die Down Set Talk-Fantasy Football-Bundesliga oder der German Charity Bowl werden auf dieser Plattform gespielt.

Den ersten Kontakt zum Fantasy Football hatten viele über die von der NFL selbst angebotenen Plattform NFL Fantasy. Sie richtete sich lange Zeit eher an die Desktop-User, verfügt mittlerweile aber auch eine brauchbare App. Viele Ligen und Spieler sind jedoch in den vergangenen zwei Jahren zu Sleeper gewechselt, was es schwieriger macht, hier Anschluss zu finden. Ähnlich sieht es mit den Plattformen von Yahoo und ESPN aus, die in den USA deutlich größer und bekannter sind als in Deutschland.

Vor der Saison 2022 waren 10 Millionen Spieler bei ESPN und 7 Millionen bei Yahoo angemeldet. Zum Vergleich: Sleeper kam auf lediglich 3 Millionen User. Uns persönlich fällt im deutschen Raum jedoch niemand ein, der eine Liga auf einer der beiden großen Plattformen spielt. Unsere Empfehlung geht für Spieler aus dem DACH-Raum also klar in Richtung Sleeper. Nachdem wir nun also die Frage des „Wo“ geklärt haben, kommt es zur vermutlich interessanteren Frage: Wie spiele ich Fantasy Football überhaupt? Zuerst benötigt ihr ein paar Freunde, denn allein ist Fantasy Football ziemlich öde. Mindestens acht Leute sollten eine Liga bilden, ideal sind zwölf.

Ab vierzehn wird es schon hart, kann aber für diejenigen unter euch, die tief in die NFL-Kader eintauchen wollen, ebenfalls reizvoll sein. Warum? Weil jeder Spieler pro Liga auch nur einmal verfügbar ist. Wenn also euer Onkel väterlicherseits, der es eigentlich mit den San Francisco 49ers hält, mit einem schmierigen Grinsen WR DK Metcalf in sein Team holt, seid ihr erst einmal machtlos. So oder so, in einer Liga kommen oft sehr unterschiedliche Gestalten zusammen:

Doch noch einmal ganz von vorn: Wie funktioniert Fantasy Football denn jetzt?

In einem Draft, ähnlich dem NFL-Draft, in dem jedes Jahr die Rookies aus dem College in die Profiliga wechseln, wählt ihr, einer nach dem anderen, einen aktuellen NFL-Spieler in euer Team. Hierbei solltet ihr nicht zu sehr nach Sympathie auswählen, sondern eher danach, wie ihr am Ende der Saison die meisten Punkte der Liga auf das Scoreboard bringt. Punkte bekommt ihr nur, wenn die von euch ausgewählten Spieler in den realen NFL-Spielen gute Leistungen bringen. Das heißt Touchdowns werfen oder fangen, Yards auf dem Boden oder durch die Luft erzielen oder durch Interceptions und Fumbles die gegnerische Offense limitieren.

Wie viele Punkte diese einzelnen Aktionen wert sind, unterscheidet sich von Liga zu Liga. Wichtig ist nur, dass ihr die Verteilung der Punkte stets auf dem Schirm habt. Die weit verbreitetsten Scoring-Unterschiede liegen in den Punkten, die ein Spieler für das alleinige Fangen des Balles erhält. Diese variieren von gar keinem Punkt (Standard, kaum noch gespielt), über einem halben Punkt (Half-PPR) bis zu einem ganzen Punkt (Full-PPR). Die anschließend erzielten Yards werden in allen Varianten natürlich hinzugerechnet.

Fantasy Football: Wie genau läuft dieser Draft ab und wann ist der eigentlich?

Der Fantasy-Draft findet logischerweise vor Saisonbeginn statt. Es ist zu empfehlen, den Draft so kurz wie möglich vor dem Start der Regular Season abzuhalten. Die Laune auf die kommende Saison wäre vermutlich schnell vergangen, wenn sich euer im Juni ausgewählter Erstrunden-Pick im ersten Spiel der Preseason das Kreuzband reißt. Sobald ein Termin gefunden ist, muss die Reihenfolge festgelegt werden. Im ersten Jahr einer neuen Liga bietet es sich an, die Plätze auszulosen. Bei länger bestehenden Ligen kann sich etwa der Letztplatzierte der Vorsaison zuerst seine Draftposition aussuchen. Oder man macht es eben so:

Die Draftposition hat in der Regel allerdings keinen großen Einfluss auf das letztendliche Abschneiden, da Fantasy-Drafts anders als der echte NFL-Draft im sogenannten Snake-Format abgehalten werden. Das heißt: Derjenige, der Pick Nummer 1 hat, muss fast zwei volle Runden warten, bis er wieder am Zug ist. Pickt jemand hingegen an Position 12, darf er direkt danach noch einmal ran. So geht es dann immer weiter, bis die Kader aller Mitspieler gefüllt sind. Auch die Kadergröße sowie die Zusammenstellung der zu aufzustellenden Positionen kann von Liga zu Liga variieren. So sieht der Kader einer traditionellen Fantasy Football-Mannschaft aus:

  • 1 Quarterback
  • 2 Running Backs
  • 2 Wide Receiver
  • 1 Tight End
  • 1 Flex (d. h. entweder RB, WR oder TE)
  • 1 Kicker
  • 1 Defensive Team
  • 6 Ersatzspieler ohne Vorgabe von Positionen

Viele Ligen, gerade die sogenannte Home Leagues, die man mit seinen Freunden und Bekannten gründet, spielen mit diesem Kader. Aus unserer Sicht gibt es jedoch einige Verbesserungsvorschläge, die auch innerhalb der Fantasy-Community an Beliebtheit gewinnen.

Nummer 1: Werdet den Kicker los. Die Position des Kickers hat in der NFL sicherlich ihre Berechtigung, für Fantasy Football ist sie jedoch ziemlich überflüssig. Drei Punkte pro Field Goal, sogar fünf Punkte bei einer Entfernung ab 50 Yards, solch ein Kicker kann im Laufe eines Spiels ganz schön viel Einfluss auf das Ergebnis deines Fantasy-Spiels haben. Das Problem: Es gibt keine verlässliche Möglichkeit, vorherzusehen, welcher Kicker in welchem Spiel wie viele Punkte erzielt. Justin Tucker kann da noch so treffsicher sein, wenn die Ravens keine Field Goals schießen, weil sie jeden vierten Versuch ausspielen, geht auch er leer aus. Zudem kann es passieren, dass ein Spiel verloren geht, weil der gegnerische Kicker auf einmal zu sechs Field Goals aus 30 Yards antritt. Um diese zu verwandeln, bedarf es keines Zauberfußes und zack, 18 Punkte mehr für deinen Gegner.

Nummer 2: Spielt mit Receiver-Flex. Statt einer festen Tight End-Position solltet ihr die Möglichkeit einräumen, auch Wide Receiver aufzustellen. Denn was sind Tight Ends am Ende des Tages? Wide Receiver mit im Idealfall besseren Blocking-Qualitäten und einem physischeren Körperbau. Für Blocking gibt es im Fantasy Football aber keine Punkte, ergo handelt es sich um ganz normale Receiver, die auch als solche behandelt werden sollten. Kelce, Andrews, Kittle und dann? Niemand sollte gezwungen werden einen Mike Gesicki oder Cole Kmet aufzustellen, wenn er bessere Receiver auf der Bank hat.

Nummer 3: Werdet die Defense los oder spielt mit IDP, also einzelnen Defendern. Das Auswählen einer kompletten Team-Defense zu Beginn der Saison ist ähnlich mühselig wie die eines Kickers. Defensive Leistungen übertragen sich in der Regel kaum auf die darauffolgende Saison, ergo habt ihr kaum eine Möglichkeit vorherzusehen, welche Defense dieses Jahr gute Leistung zeigen wird. Eine Lösung wäre jede Woche die Defense auszuwählen, die gegen die Arizona Cardinals spielt, aber lassen wir das. Eine weitere Option wäre das Spielen mit IDP (Individual Defensive Players), also das Draften und Aufstellen von individuellen Defensivspielern, die ihrerseits für jedes Tackle, jeden Fumble und jede Interception belohnt werden. Wer hier tiefer einsteigen oder weitere Informationen haben möchte, dem legen wir gerne die Kollegen von Mics in Motion ans Herz.

Auf welche Weise kann ich Fantasy Football denn noch spielen?

Bislang haben wir uns auf die sogenannten Redraft-Ligen konzentriert. Das bedeutet, jedes Jahr wählt ihr ein komplett neues Team aus dem Pool der vorhandenen NFL-Spieler aus. Es gibt unzählige Möglichkeiten und Sonderregeln, die jede Liga individuell machen können. Hier wollen wir jedoch auf die zwei bekanntesten weiteren Formate eingehen: die Keeper- und die Dynasty-Liga.

Die Keeper-Liga verläuft ähnlich wie die Redraft-Liga. Jedes Jahr picken du und deine Ligamitglieder ein neues Team, mit einer Ausnahme: Nach der Saison oder vor dem neuen Draft darf sich jeder Teammanager einen oder mehrere Spieler aussuchen, die er in seinem Team behalten möchte. Dafür verliert der Teammanager einen Pick im kommenden Draft. Um welche Runde es sich dabei handelt, variiert von Liga zu Liga. Manche Ligen verzichten auch komplett auf den Verlust von Draftkapital.

Eine Dynasty-Liga ist eher für Fortgeschrittene. Die Kader sind bedeutend größer und du behältst dein Team im Idealfall über mehrere Jahre. Es gibt jedes Jahr einen Draft, gezogen werden allerdings nur die Rookies, die neu in die NFL kommen. Die Draftpicks sind wie in der echten NFL neben deinen Spielern das wichtigste Kapital. Du kannst sie einsetzen, um dir den besten jungen Spieler in dein Team zu holen oder du tradest sie zu einem Ligakonkurrenten und erhältst im Gegenzug einen seiner Spieler.

Dynasty-Ligen sind besonders zeitaufwendig, da du ständig überlegen solltest, wo dein Team steht und wie du die nächsten Jahre planen möchtest. Greifst du dieses Jahr an und lädst dein Team mit starken Veteranen auf? Bist du im Mittelfeld und versuchst langsam an die Spitze zu kommen? Oder bist du im Umbruch und tauschst deine alternden Stars gegen Draftmunition für die kommende Auswahl der Rookies ein? Hierfür bleibt natürlich ein wenig Scouting der College-Stars nicht aus. Alle Picks zu traden, kann jedoch auch zu traurigen Szenen führen:

Fantasy Football: Die Liga hat begonnen, wie verhalte ich mich?

Sobald die Saison beginnt, gilt es alles zu tun, um Woche für Woche Siege einzufahren. An jedem Spieltag geht es ins direkte Duell gegen einen Ligakonkurrenten. Hast du mehr Punkte als dein Gegner, gewinnst du die Woche. Wichtig für den Gesamtsieg sind nicht unbedingt die meisten Gesamtpunkten, sondern die meisten Spieltags-Siege. Es mag also vorkommen, dass der Spieler mit den meisten Punkten am Ende der Saison die Playoffs verpasst, weil er jede Woche aufs neue Pech in seinen Gegnern hatte und knapp verliert (das ist allerdings sehr unwahrscheinlich).

Wichtig zu wissen ist zudem: Dein Kader ist nicht in Stein gemeißelt. Viele Spieler werden nicht gedraftet und landen auf dem sogenannten Waiver Wire. Dort können sie jede Woche (in der Regel ab Mittwoch) aufgenommen und euren Kadern hinzugefügt werden. Da ihr eine gewisse Anzahl an Spielern nicht überschreiten dürft, müsst ihr im Gegenzug einen eurer bisherigen Spieler gehen lassen. Dieser wird dann wiederum für alle anderen Ligamitglieder verfügbar.

Das Aufnehmen der Spieler funktioniert auf zwei verschiedene Arten: Entweder nach Waiver Priority, das bedeutet der Spieler mit der schlechtesten Sieg/Niederlagen-Bilanz und/oder der bislang geringsten Waiver-Aktivität bekommt als erstes Zugriff auf seinen präferierten Spieler. Die andere Möglichkeit ist der Einsatz von FAAB (free agent acquisition budget). Davon haben alle Spieler zu Beginn der Saison gleich viel. In der Regel ist es ein gerader Betrag von einhundert oder eintausend virtuellen Dollar. Wollt ihr einen Spieler bekommen, müsst ihr auf ihn bieten. Der Manager mit dem höchsten Einsatz erhält den Spieler für sein Team. Insbesondere bei langwierigen Verletzungen von Starspielern kann es sich lohnen, zu Beginn der Saison relativ viel FAAB für den potenziellen Ersatzmann auf den Tisch zu legen.

Das ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit, um an neue Spieler heranzukommen. Der zweite und vermutlich auch spannendere Weg ist, mit den Mitspielern zu traden, das heißt, ihr tauscht eure Spieler untereinander. Das ist alles andere als leicht, denn niemand will sich über den Tisch ziehen lassen. Ihr müsst also versuchen, ein Angebot zu machen, von dem sowohl ihr als auch euer Konkurrent profitieren.

Beispiel: Ihr startet schwach in die Saison, weil sich euer Erstrunden-Pick verletzt und vermutlich noch vier Wochen ausfällt. Ihr bietet einem Mitspieler, bei dem es deutlich besser läuft, diesen angeschlagenen Superstar zum Tausch an. Im Gegenzug erhaltet ihr einen objektiv gesehen schwächeren Spieler, der aber fit ist und euch genau jetzt helfen kann. Euer Konkurrent ist gedanklich womöglich schon in den Playoffs und freut sich auf einen weiteren Spieler, der ihm in ein paar Wochen helfen wird. Lasst euch auf keinen Fall entmutigen, wenn es in den ersten Wochen nicht direkt läuft, es ist noch kein Fantasy-Meister vom Himmel gefallen. Bleibt dran und seid vorwiegend aktiv auf dem Waiver Wire und versucht es mit Trade-Angeboten, denn nur so kann die Liga euch und euren Mitspielern Freude bereiten.

Wann ist die Fantasy-Saison vorbei? Wer gewinnt die Liga?

Am Ende der regulären Fantasy Football-Saison (14. NFL-Spieltag), kommen die 6 besten Teams in die Playoffs und spielen dann an den Spieltagen 15, 16 und 17 die Meisterschaft aus. (Die Fantasy Football Saison endet in der Regel bereits am 17. Spieltag, da viele Teams in der NFL am 18. Spieltag ihre Stammkräfte für die Playoffs schonen. Oder es für einige Teams auch um nichts mehr geht, da sie die Playoffs bereits verpasst haben.) Am Ende gibt es also ein großes Finale, das über den ersten Platz eurer Liga entscheidet. Völlig egal, wie viele Punkte ihr bis dahin gemacht habt, egal ob ihr furios in die Playoffs eingezogen seid oder bis zur letzten Sekunde gezittert habt. Im Finale fängt alles bei null an.

Zum Ende dieses Beitrags vielleicht noch der Hinweis, dass man sich wirklich ewig mit Fantasy Football beschäftigen kann, indem man Analysen liest, Statistiken vergleicht, Videos schaut. Oder man schaut 5 Minuten pro Woche mal kurz rein, ändert seine Aufstellung und verschwindet wieder und gewinnt am Ende vielleicht doch gegen den, der sich intensiv damit beschäftigt hat, da einfach auch eine große Portion Glück mitspielt. Das ist das Schöne und manchmal auch ärgerliche am Fantasy Football. Aber Spaß macht es auf jeden Fall und das ist natürlich die Hauptsache.

Für viele weitere Infos zu den Seattle Seahawks, der kommenden Regular Season und auch ab und an zum Fantasy Football, folgt den German Sea Hawkers e.V. auf TwitterInstagram und YouTube. Dort könnt ihr unsere Beiträge kommentieren, Fragen an die Redaktion stellen und natürlich den Weg auf unsere Website finden, wo es noch mehr Inhalte zu unserem NFL-Lieblingsteam aus dem Pacific Northwest gibt!