Statistik des Monats: 2-0 – lang ist’s her

Pete Carroll und John Schneider (Foto: imago)

2019. Die Seattle Seahawks sind mit einem Record von 2-0 erfolgreich in die Saison gestartet. 2-0, da war doch was? Richtig! 2013 starteten die Seahawks genauso gut in die Saison, bauten die Siegesserie sogar auf 4-0 aus und holten am Ende die Vince Lombardi Trophy. Der Flug nach Miami zum Super Bowl kann also schon gebucht werden, oder? Eine historische Einordnung des guten Saisonstarts.

2-0 – insgesamt zum erst elften Mal ist den Seahawks dieses Kunststück zum Auftakt (also in den ersten beiden Saisonspielen) ihrer 44. Saison gelungen, also nicht wirklich häufig. In den 80er Jahren gelang das sogar viermal (1984-1986, 1988) – die 80er waren nicht nur musikalisch der Hammer. Die ersten Jahre im Century Link Field (damals Seahawks Stadium, Qwest Field) konnten hier noch mithalten, als Seattle in den ersten fünf Jahren in der neuen Spielstätte dreimal mit einer Bilanz von 3-0 startete (2003, 2004, 2006).

Die schlechten Startqualitäten der Seahawks, die wir vor allem aus den vergangenen Jahren in Erinnerung haben, werden durch insgesamt 15 1-1-Starts sowie 18 0-2-Starts untermauert, was letzten Endes eine Gesamtbilanz von 37-51 zum Auftakt ergibt.

Warum kommen die Seahawks so langsam aus den Startlöchern?

Das liegt hauptsächlich an der Auswärtsschwäche Seattles, vor allem im ersten Auswärtsspiel der Saison. Dieses gewannen die Seahawks in ihrer Franchise-Geschichte nur in 14 von 44 Fällen (31,8 Prozent). Eine Spezialität von Seattles Lieblings-Kaugummikauer Pete Carroll sind diese ersten Auswärtsspiele auch nicht gerade, hat der Head Coach in seiner Zeit bei den Seahawks nur zwei von 13 solcher Partien in den ersten zwei Wochen (15 Prozent) gewonnen.

Doch so schlecht die Seahawks oft am Anfang der Saison abgeschnitten haben, in den vergangenen 20 Spielzeiten hatten sie nach acht Spielen neunmal einen positiven Record, sechsmal war der Record 4-4 und nur fünfmal war er negativ (in der Carroll-Ära sogar nur einmal), davon viermal wegen eines 0-2-Starts.

Auswärtsbilanz hin, Startschwierigkeiten her – bei einem Saisonstart wie in diesem Jahr muss doch jetzt wieder was drin sein, oder? 2013 lief ja immerhin auch alles glatt.

Nun, ganz so leicht ist es dann doch leider nicht, auch wenn die jüngere Vergangenheit hier sehr positiv aussieht für die Seahawks. Denn so selten ein erfolgreicher Start geworden sein mag, so erfolgsversprechender ist er. Vor der Jahrtausendwende erreichte Seattle nur nach zwei von sechs 2-0-Starts die Playoffs, da nur 50 Prozent dieser Starts in einem positiven Record umgemünzt werden konnten. Nach der Jahrtausendwende hingegen waren die Seahawks stets in den Playoffs wenn sie mit zwei Siegen in die Saison starteten, was sich daran zeigt, dass sie dann immer einen positiven Record hatten.

Auffällig bei den 2-0-Starts seit 2000 ist eine Regel, die sich scheinbar etabliert hat: Der Record der ersten Saisonhälfte, also nach den ersten acht Spielen, war immer besser als der Record der zweiten Saisonhälfte. Die einzige Ausnahme hierbei war die Super-Bowl-Saison 2013 – und hier kommt dann auch Pete Carroll ins Spiel.

In seinen bisher neun Saisons als Seahawks-Cheftrainer war er in Saisonhälfte eins viermal besser (Record: 40-31-1) und in Saisonhälfte zwei fünfmal besser (Record: 49-23). Carroll entspricht also eher dem Gegenteil der im vorherigen Absatz beschriebenen Regel. Unter ihm sind die Seahawks in den zweiten acht Partien der Saison besser als in den ersten acht.

Wer daraus nun Schlüsse bezüglich des Super-Bowl-Ausgangs ziehen möchte, wird merken, dass die Seahawks bei einem besseren Record in der ersten Saisonhälfte den Super Bowl verloren (2005, 2014) und bei einem besseren Record in der zweiten Saisonhälfte Super-Bowl-Champions wurden. Letzteres könnte ein Hinweis darauf sein, dass ein gesunder Kader hintenraus den Ausschlag gibt. Jedoch spielen viele weitere Faktoren (Spielplan, Zeitpunkt der Bye Week, Gegnerstärke, Verletzungen, Form etc.) eine Rolle. Und: Im Super Bowl der Saison 2014 entschied am Ende ein Spielzug über Sieg oder Niederlage – weshalb die Record-Rechnerei in diesem Fall nicht allzu ernst genommen werden darf.

Ein wichtiges Detail sind die Records der beiden Saisonhälfen bei den 2-0-Starts dennoch. Abgesehen von den eingangs erwähnten Jahren 2003, 2004 und 2006 waren der Record bei den anderen 2-0-Spielzeiten in beiden Saisonhälften positiv, wohingegen der Record in den genannten drei Runden nur in Saisonhälfte eins positiv war.

Konstanz ist hier das Stichwort. Die Leistungsträger müssen gesund bleiben und alle im Team ihre Leistung Woche für Woche abrufen, denn bei jedem der Playoff-Runs bis in den Super Bowl hatten die Seahawks sowohl eine Top-Ten-Offense als auch eine Top -Ten-Defense.

Die Historie zeigt, dass sich die 12s auf eine Saison mit positiver Bilanz und Playoff-Teilnahme freuen dürfen. Das kommt nicht unerwartet, denn mit Quarterback Russell Wilson hatten die Seahawks stets einen positiven Record und verpassten nur einmal die Playoffs (2017). Ob es dann am Ende allerdings für den Super Bowl oder gar für eine weitere Vince Lombardi Trophy reicht, bleibt von zahlreichen anderen Faktoren abhängig.

Dieser Text ist ein Gastbeitrag von Sven Monhof.