„No Time To Sleep“ – Russell Wilson verlängert seinen Vertrag

Das Warten hat ein Ende – Russell Wilson hat seinen Vertrag verlängert. Wir hatten schon lange aufgehört, die vielen Beiträge verschiedener Sportportale über zähe Verhandlungen, Ultimaten und gescheiterte Angebote zu zählen, denn wir glaubten von Anfang an daran, dass der Deal zustande kommen werde. Es war letztendlich auch nur eine Frage der Zeit, denn dieser neue Vertrag ist richtungsweisend für die Erfolgsgeschichte der Seattle Seahawks in den kommenden Jahren.

Im folgenden Beitrag wollen wir uns am Morgen nach der großartigen Neuigkeit mit den Details und Konsequenzen des Deals beschäftigen, mögliche Gewinner und Verlierer nennen und ein erstes Fazit ziehen.

Der Deal:

  • Gesamtvolumen der Vertragsverlängerung – $87,6 Millionen
  • Signing Bonus – $31 Millionen
  • Garantiertes Geld insgesamt (inklusive Signing Bonus) – $61,53 Millionen (68,4% garantiert)
  • Gehalt pro Jahr nach 2015 – $21,6 Millionen
  • Vertragslaufzeit – bis 2019, der neue Deal wurde an den Rookie-Deal gekettet, der 2015 noch gültig ist

Der Vertrag:

Die Cap Hits der kommenden Jahre nochmals im Überblick:

  • 2015: $7.054M
  • 2016: $18.54M
  • 2017: $18.8M
  • 2018: $21.7M
  • 2019: $23.2M

Die Einordnung:

Wilson wird mit diesem neuen Vertrag nach der anstehenden Saison der hinter Aaron Rodgers am zweitbesten bezahlte Quarterback (Jahresgehalt) in der NFL sein. Er ist der siebte Spieler überhaupt, der dann mehr als $20 Millionen pro Jahr verdient. Nur Ben Roethlisberger und Colin Kaepernick haben in ihren Verträgen mehr garantiertes Geld verankert, Cam Newton kassiert eine ähnliche Summe.

Die Summe macht Sinn, wenn man bedenkt, dass etablierte Quarterbacks wie Andrew Luck, Eli Manning oder Philipp Rivers in der nächsten Zeit wohl neue Verträge in der gleichen Größenordnung unterschreiben werden und zuletzt weniger erfolgreiche Spielmacher ebenfalls Arbeitspapiere mit ähnlicher Struktur unterzeichnet haben. Es ist ganz einfach ein Teil des Geschäfts – das muss man so hinnehmen.

Im Verlauf der Offseason kamen Gerüchte auf, dass Wilson und die Seahawks einen Deal anpeilen, der den Quarterback zum bestbezahlten Spieler aller Zeiten machen könnte. Diesen hat Wilson wohl abgelehnt, sollte es ihn gegeben haben. Er wollte mehr garantiertes Geld, um Sicherheit zu haben – das ist clever. Und einen rekordverdächtigen Vertrag hat er dennoch abgeschlossen.

Die Konsequenzen:

Die sind nicht so schlimm, wie man sie zunächst erwartet aufgrund dieser enormen Summe. Der Cap Hit liegt in 2015 bei „nur“ rund $7 Millionen. In den darauffolgenden zwei Jahren liegt er jeweils noch unter $20 Millionen. Dies ermöglicht es den Seahawks, Vertragsverlängerungen oder Ausbesserungen mit anderen Kandidaten wie Bobby Wagner, Kam Chancellor, Bruce Irvin, Brandon Mebane, J.R. Sweezy oder Russell Okung vorzunehmen, um die Erfolgsgaranten an Bord zu behalten

Je mehr Details des Vertrags bekannt werden, desto besser wird man sich ein Bild davon machen können, wie es um die Zukunft anderer Spieler in Seattle bestimmt ist.

Die gesamte Salary Cap-Übersicht gibt es hier.

Die Seahawks haben die folgenden Spieler für mindestens die kommenden drei Jahre unter Vertrag: Russell Wilson, Jimmy Graham, Richard Sherman, Earl Thomas, Kam Chancellor, K.J. Wright, Michael Bennett, Cliff Avril und Marshawn Lynch. Das ist eine geballte Ladung Qualität, wie sie sonst kaum an einem Franchise-Standort vorhanden ist.

Natürlich ist es schwierig, viele Spieler wie Stars zu bezahlen. Doch in Seattle haben die Verantwortlichen den Masterplan dafür entwickelt – und sie haben die Fähigkeit, Rookies und andere Talente zu Stars zu machen wie kein anderes Team. Dieses Können müssen sie sich erhalten, damit sie den Wert von günstigen Rookie-Verträgen für sich ausspielen können.

Die Gewinner:

  • Russell Wilson – Der Quarterback kassierte mit seiner Unterschrift direkt $31 Millionen Signing Bonus, die das Rookie-Gehalt aus der Saison 2015 ausgleichen werden und für ihn damit eine Art Versicherung sind, sollte er sich in der anstehenden Saison schwer verletzen oder seinen Marktwert durch schlechte Leistungen senken. Außerdem gehört er mit diesem Deal zu einer auserlesenen Gruppe von Spielmachern, die in der Gehaltsliste der NFL ganz oben stehen. In den ersten drei Jahren verdient Wilson sogar mehr als Spitzenverdiener Aaron Rodgers von den Green Bay Packers. Der neue Vertrag läuft aus, wenn Wilson 30 Jahre alt ist, er geht als nur über vier Jahre, was für Wilson bei den Verhandlungen ausschlaggebend war. Er könnte also dann nochmals einen oder gar zwei Deals abschließen, sollten körperliche Verfassung und spielerische Leistung es zulassen.
  • Seattle Seahawks – Die Seahawks haben vieles richtig gemacht, indem sie sich nicht unter Druck setzen ließen und einen teamfreundlichen Kontrakt ausgehandelt haben. Der neue Wilson-Vertrag schränkt sie zwar gewissermaßen ein, aber dennoch ist es für General Manager John Schneider noch möglich, das Team zusammenzuhalten. Vor allem kann er sich gemeinsam mit Head Coach Pete Carroll direkt noch vor dem Saisonauftakt um Camp Holdout Kam Chancellor und Defense-Herzstück Bobby Wagner kümmern, um deren Verträge zu restrukturieren oder zu verhandeln.
  • Bobby Wagner (?) – Natürlich verdient der Linebacker einen hochdotierten Vertrag aufgrund seiner Leistungen in den vergangenen Jahren. Er kommt aus der selben Rookie-Klasse wie Wilson und ist ein wichtiges Puzzleteil der Seahawks-Defensive. Durch die Auszahlung von Russell Wilsons Rookie-Deal bleibt unter dem Salary Cap von 2015 noch Raum für eine Vertragsverlängerung mit Wagner. Diese könnte noch vor Beginn der Saison in trockenen Tüchern sein.

Die Verlierer:

  • Bruce Irvin – Der First-Round Pick von 2012 hat stets gute Leistungen abgeliefert. Doch hat er damit genug getan, um einen neuen, kostspieligen Vertrag zu rechtfertigen? Wilsons neuer Deal macht eine Verlängerung mit Irvin nicht gerade wahrscheinlicher.
  • Russell Okung – Auch für den O-Linder sind die Chancen auf eine Vertragsverlängerung nicht gestiegen. Höchstwahrscheinlich wird sich Seattle nach der Saison nach einer kostengünstigeren Alternative umschauen. Auch die Verletzungsanfälligkeit Okungs macht einen Verbleib bei den Seahawks nicht wahrscheinlicher.
  • Seattle Seahawks – Spieler wie Kam Chancellor oder Michael Bennett fordern neue Verträge für sich. Der Erfolg ist es, der diese Problematik hervorruft. Doch ist es nicht ein Problem der schöneren Sorte, sich mit Konsequenzen von Erfolg herumschlagen zu müssen?

Das Fazit:

Natürlich wird viel diskutiert werden, ob Russell Wilson diesen Deal wert ist. Vielleicht sprechen die Statistiken aus den einzelnen Spielen nicht unbedingt für diese hohe Summe. Doch die Resultate tun es ganz sicher. Mit Wilson sind die Seahawks so erfolgreich wie nie zuvor. Ob das wiederum damit zusammenhängt, dass neben Wilson eine Jahrhundert-Defense und ein einzigartiger Running Back in den Farben der Seahawks auflaufen, ist in erster Linie nicht wichtig, da diese Spieler mit eigenen Verträgen langfristig an die Franchise gebunden sind.

Oft fragte man sich, wie der so makellose Charakter des Russell Wilson mit seinen angeblichen Gehaltsforderungen einhergehen kann. Der rücksichtsvolle Wilson, der wöchentlich kranke Kinder besucht, seine Teamkameraden zum Offseason-Training zusammenruft, gegen häusliche Gewalt kämpft vs. den „gierigen“ Russell Wilson, der einer der bestbezahlten Spieler der NFL werden will und dabei angeblich keine Rücksicht auf seine Mitspieler oder die Zukunft der Seahawks nimmt.

Wir finden, er hat den richtigen Mittelweg gefunden. Zwar ist er jetzt einer der bestbezahlten Spieler aller Zeiten, doch er hat seinem Team genug Luft zum Atmen gelassen, um weitere Leistungsträger zu halten und den Anlauf zu weiteren Titeln zu starten. Denn eins steht fest: Die Seahawks haben ein Fenster von mindestens zwei, im Optimalfall bis zu fünf Jahren, um aus einem Ring mehrere Ringe zu machen. Und Wilson weiß, Titel kann er sich mit viel Geld nicht kaufen, die bekommt er nur mit einer intakten Mannschaft. Deshalb heißt es von nun an endlich wieder: „No Time To Sleep. Championship Mindset. Go Hawks!“