12 Fragen an… Virgil Matthews

12 Fragen an Virgil Matthews

Der gebürtige US-Amerikaner Virgil Matthews (33) stammt aus Spanaway, Washington (rund 50 Meilen von Seattle entfernt) und spielt Basketball in der zweithöchsten deutschen Spielklasse, der Pro A. Dort läuft er für den BV Chemnitz 99 auf. Der Fan der Seattle Seahawks hat vor wenigen Tagen für ein weiteres Jahr in Chemnitz unterschrieben und bereitet sich aktuell in den USA auf die neue Saison vor. Im Interview mit den German Sea Hawkers spricht Matthews über US-Sport, die Seattle SuperSonics und American Football.

Virgil‚ Du hast vor ein paar Monaten Deine zweite Saison mit den Chemnitz 99ers beendet. Wo erholst Du Dich aktuell nach einer langen Spielzeit – in Amerika oder in Deutschland?
Zunächst war ich zuhause im Raum Seattle, um mich zu erholen. Aber dann ging es auch recht schnell schon wieder los mit Workouts. Die absolviere ich in einem Summer Camp mit dem Namen French Woods Sports and Arts Center in Hancock‚ NY.

Du bist in Spanaway, Washington rund 50 Meilen von Seattle entfernt geboren. Welchen Einfluss hatten die großen Profiteams in Washington – die Seahawks, die Mariners und die SuperSonics – auf Deine Kindheit?
Es war immer toll, Profiteams in naher Umgebung zu haben. Ich war immer Los Angeles Lakers-Fan, aber besonders das Jahr, in dem die SuperSonics in Tacoma spielten, war auch schön. Ansonsten war ich immer schon Fan der Seahawks und Mariners.

Die gingst nach der High School (Federal Way High School) zunächst zwei jahre ans Community College in Centralia, Washington. Dort empfahlst Du Dich für größere Aufgaben und wechseltest ans College in Montana, um dort für die Grizzlies auf Körbejagd zu gehen. Waren die Teams aus Seattle ein Grund für Dich, dass Du eine professionelle Karriere im Sport verfolgen wolltest?
Nein, nicht wirklich. Ich komme aus einer sportlichen Familie. Mein Onkel war ein sehr guter Basketballer, er hat mir gezeigt, wie man hart arbeitet. Meine Großeltern waren auch sehr sportbegeistert, daher kommt vermutlich meine Begeisterung. Und meine Eltern haben mich immer unterstützt, das ist natürlich auch wichtig.

Die SuperSonics wurden im Sommer 2008 von Seattle nach Oklahoma City verlegt. War das ein harter Schlag für Dich?
Als das damals passierte, war es zunächst nicht so dramatisch. Ich glaube nicht, dass die Leute damals schon realisierrten, wie schwer es sein würde, wieder ein neues Team in Seattle zu bekommen. Seit die Sonics weg sind, hat sich Seattle zu einer basketballverrückten Stadt entwickelt. Das macht es jetzt viel schmerzhafter für die Menschen.

Nach einer erfolgreichen College-Karriere in Montana wurdest Du im NBA Draft 2006 nicht ausgewählt. Undrafted Free Agents waren auch viele Spieler der Seattle Seahawks nach erfolgreichen jahren am College zunächst. Du kennst das Gefühl. Welche Mentalität braucht man, um dann nicht aufzugeben und weiter die Chance zu suchen, Pmfibasketballer zu werden?
Normalerweise kann man es sich schon zu College-Zeiten ganz gut ausrechnen, ob man gedrafted wird oder nicht. lch war nie ganz auf dem NBA-Level, deshalb wusste ich schon früh, dass ich meine Karriere wohl in Übersee fortsetzen würde. Daher nehme ich mir immer vor, mich zu verbessern und so gut wie nur möglich zu sein. Mehr als das kann ich nicht tun.

Über Umwege kamst auch Du zur Profikarriere. Du spieltest zunächst in Olympia, Washington in der lntemational Basketball League und kamst 2014 über Ehingen nach Chemnitz in die Pro A. ln ein Land, in dem König Fußball regiert. Wie war Dein erster Eindruck von Deutschland?
Ich spielte schon vor meiner Zeit in Olympia in Deutschland. Mein erster Eindruck war, dass alles einfach anders ist. Die Umstellung ist nicht einfach, wenn man von einem College kommt, an dem alles top organisiert wurde und man dann auf einmal alles selbst machen muss und nicht die gleichen Bedingungen (T rainingseinrichtungen‚ Ressourcen) vorfindet. Jedoch ist Deutschland ein sehr guter Standort für mich als Profi, das hilft ungemein. Dass König Fußball hier regiert, habe ich schon erwartet. Dennoch war es überraschend, wie verrückt die Leute danach sind.

Doch auch andere Sportarten entwickeln sich hierzulande und erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Wie siehst Du als Amerikaner die Entwicklung der US-Sportarten in Deutschland?
Total verrückt, wie ich in meiner Zeit hier in Deutschland miterleben durfte, wie die neuen Sportarten immer mehr Einzug erhalten. American Football ist im Fernsehen, die NBA gibt’s online. Man sieht definitiv Verbesserungen.

Die Seahawks sind Dein Lieblingsteam. In Seattle spielt aktuell Tight Endjimmy Graham, der am College neben Football auch erfogreich Basketball spielte. Wäre das auch etwas für Dich gewesen? Hast Du mehrere Sportarten gleichzeitig betrieben?
Ich hatte viel Spaß beim Baseball, als ich jünger war. Ich spielte bis zur High School, verlor dann aber den Fokus. Das lag sicher auch daran, dass ich mich in der High School in Basketball verliebt habe.

Ein anderer Sportler; der zweispurig erfolgreich war und wie Du aus Washington kommt, ist Nate Robinson. In elf jahren NBA wurde der ehemalige Washington Husky zur Legende. Vor der anstehenden Saison wollte er es nochmals wissen und warb mit einem Video für sich und seine American-Football-Skills. Würdest Du ihm die NFL zutrauen – vielleicht sogar in Seattle?
Er war immer ein herausragender Athlet. Ich glaube absolut, dass er das Zeug für die NFL hat, wenn er sich darauf fokussiert und bereit ist, harte Arbeit zu investieren. Ich bin zwar nicht sicher, ob die Seahawks vom Schema her gut zu Robinson passen, aber ich glaube schon, dass er es schaffen könnte.

Die Seahawks bereiten sich aktuell auf die kommende Spielzeit vor. Die vergangene endete in der Divisional Round, nachdem unser Lieblingsteam in den zwei jahren zuvor jeweils den Super Bowl erreicht hatte. Was war für Dich als Fan bislang der schönste Moment?
Der Super Bow-Titel war sehr aufregend für die Stadt und die Fans. Der war lange überfällig, denn unser Team spielte erfolgreich. Jetzt müssen nur noch die Mariners endlich die World Series im Baseball gewinnen.

Thomas Rawls und Jimmy Graham sind auf einem guten Weg, bis zum Saisonstart fit zu sein. Die O-Line wurde im Draft verstärkt. Russell Wilson ist wie immer hochmotiviert und die LOB ist wieder in ursprünglicher Form vereint. Was traust Du den Seahawks 2016/17 zu?
Wir hoffen auf Großes. Mit dem Erfolg wächst auch die Ervvartungshaltung. Das ist auch bei den Seahawks passiert, denn wir erwarten jetzt, dass sie jedes Jahr vorne dabei sind.

Du bist jetzt 33 Jahre alt. Im American Football sieht man in dem Alter nicht mehr so viele Spieler auf dem Feld. Beim Basketball schon eher. Wie sieht Deine Zukunft aus?
Im Moment plane ich meine Zukunft wirklich von Jahr zu Jahr. Es kommt darauf an, wie ich mich körperlich fühle und ob ich das Gefühl habe, noch auf hohem Level weiterzuspielen. Deshalb heißt es aktuell: Ein weiteres Jahr in Chemnitz und dann sehen wir weiter.

Virgil, wir bedanken uns für das Gespräch.

 

Über die Rubrik

„12 Fragen an…“ ist eine Rubrik, in der regelmäßig Interviews unserer Redaktion mit Persönlichkeiten veröffentlicht werden, die in einer Beziehung zur deutschsprachigen Fangemeinde und den Seattle Seahawks stehen. In den Gesprächen geht es um Zusammenhänge zwischen den Interviewpartnern und unserem Lieblingsteam, Erlebnisse und Erfahrungen im American Football und persönliche Geschichten. Alle bisher erschienenen Interviews aus der Serie gibt’s hier zum Nachlesen.