Weichenstellung in der Free Agency – Welche Spieler sollten die Seahawks halten?

Seattle Seahawks Safety Ryan Neal Free Agency

Foto: Lindsey Wasson/Getty Images

Free Agency in der NFL oder die Offseason, die die Geduld aller Football-Fans Jahr für Jahr auf die Probe stellt. Denn dass aktuell keine Football-Spiele stattfinden, bedeutet jedoch nicht, dass keine großen Entscheidungen in der Liga bevorstehen. Ganz im Gegenteil: Das NFL-Kalenderjahr endet am 14. März 2023. Dementsprechend können vertragslose Spieler mit Beginn der Free Agency am 15. März 2023 bei neuen Teams anheuern. Wie immer stehen die Franchises also vor der Frage: Verlängern oder ziehen lassen? Mit dem neuen Vertrag für Geno Smith haben John Schneider und Co. das bereits größte Offseason-Fragezeichen beantwortet. Doch Geno wäre nicht der einzige Free Agent der Seahawks gewesen, über den die 12s sprechen sollte!

Zeit also, für die German Sea Hawkers gemeinsam einen Blick auf die relevantesten vertragslosen Spieler zu werfen und zu prüfen, inwiefern ein Festhalten an jeden Spieler individuell sinnvoll ist.

In Free Agency gehen lassen

Rashaad Penny

Umstritten war der damalige First Round-Pick Rashaad Penny immer. Dabei geht es allerdings um eine grundsätzliche Diskussion: Ist ein Running Back überhaupt einen Erstrundenpick wert? In der Retrospektive hätte Seahawks-GM John Schneider hier wohl anders gewählt, denn Penny kämpft seit Beginn seiner Karriere mit regelmäßigen Verletzungsproblemen. In 5 Jahren bei den Seahawks absolvierte der Running Back lediglich 42 von 82 möglichen Spielen. Ansonsten hatte Penny bislang nur einen guten Stretch von einigen Spielen am Ende der Saison 2021. Nicht ohne Grund drafteten Carroll und Schneider im vergangenen Jahr mit Kenneth Walker früh eine Alternative im Backfield, das sich zu beweisen wusste. Die Wege von Rashaad Penny und den Seahawks sollten sich in der Free Agency deshalb trennen.

Cody Barton

Cody Barton absolvierte 2022 sein viertes Jahr in Seattle. Seine Leistungen zu evaluieren, ist dabei aber nicht ganz einfach. Für Barton spricht, dass er nahezu jederzeit verfügbar und verletzungsfrei blieb. Außerdem startete er in der abgelaufenen Saison so oft, wie nie zuvor (elfmal) und machte am Ende jedes der 17 Spiele. Gegen den Inside-Linebacker spricht allerdings seine Inkonstanz, oder genauer gesagt sein fehlender Durchbruch. Bartons Leistungen mögen bisweilen Potenzial, gerade in Pass Coverage haben, doch gegen den Run weist er Schwächen auf. Insgesamt ist Cody Barton für mich ein Linebacker der Kategorie „okay“. Aber ist „okay“ genug für eine Vertragsverlängerung? Findet Seattle nicht mindestens einen Spieler mit ähnlichem Level im Draft, in der zweiten oder dritten Runde? Allesamt offene Fragen, die eine langfristige Verlängerung mit Barton in der Free Agency meiner Meinung nach wenig sinnig macht.

Marquise Goodwin

Der 32-jährige Wide Receiver gehört mittlerweile zur älteren Garde. Mit 27 Receptions für 387 Yards und 4 Touchdowns war Goodwin in der Saison 2022 für die Seahawks eine solide Nummer 3 hinter den gesetzten Metcalf und Lockett. Doch auch hier die Frage: Findet sich ein solches Niveau nicht auch mit einem Rookie im Draft, der deutlich jünger ist? Dazu kommt, dass Tyler Lockett dieses Jahr 31 wird und Seattle eine langfristige Alternative auf Receiver neben Metcalf benötigt, falls sich das Alter bei Lockett bemerkbar machen sollte. Marquise Goodwins Leistungen waren in Ordnung, doch passt perspektivisch nicht in das Anforderungsprofil, welches Seattle hier nach der Free Agency haben sollten.

Drew Lock

Ein wenig Komik hat die jetzige Situation im Vergleich zur vorherigen Offseason schon. Hatten die meisten Seahawks-Fans (inklusive mir) 2022 noch Drew Lock als Starter auf Quarterback gefordert, sieht die Sache heute ganz anders aus. Nach der beeindruckenden Comeback-Saison von Geno Smith lautete die Frage nicht mehr „Geno oder Lock?“, sondern „Geno oder Rookie im Draft“ oder „Geno UND Rookie im Draft?“. Lock sportlich zu bewerten ist kaum möglich, da er abseits der Preseason keinen einzigen Snap in der Regular Season oder in der Wild Card-Round bekommen hat. Aus dem Seahawks-Camp sind allerdings lobende Worte über ihn zu hören, denn charakterlich soll Lock seine Rolle als Backup vorbildlich angenommen und den Teamgeist gestärkt haben. Deshalb könnte Coach Carroll ihn als „Character-Guy“ als zweiten Quarterback halten wollen, sportlich ist Drew Lock 2023 nach der Free Agency jedoch nicht mehr relevant.

In der Free Agency verlängern

Ryan Neal

Ryan Neals Durchbruch in der abgelaufenen Saison war überraschend. Durch den langen Ausfall von Jamal Adams rotierte der Safety insgesamt zehnmal in die Startaufstellung und machte am Ende 14 Spiele. Besonders in Coverage wusste Neal zu überzeugen und gemeinsam mit Quandre Diggs bildeten die beiden ein starkes Safety-Duo. Wann und wie gut Jamal Adams 2023 zurückkommt, ist offen und die Seahawks haben einige Needs, die es im Draft anzugehen gilt. Ryan Neal als erfahrenen Mann neben jungen Cornerbacks in der Secondary zu halten, wäre im wahrsten Sinne des Wortes auf seine Position bezogen nach der Free Agency, eine Absicherung!

Poona Ford

Zugegeben: Hierüber kann man diskutieren. Ford ist definitiv kein Top-Defensive Tackle und wird dies auch nicht mehr werden. Die gesamte D-Line ist ein Need in Seattle und hier muss junges Talent im Draft her. Poona Ford spielte 2022 mit 3 Sacks keine herausragende Saison und ist daher keine langfristige Lösung. Ein erfahrener Veteran auf einem einjährigen „Prove-It-Deal“ für wenig Geld halte ich jedoch für keine schlechte Idee, wenn aus dem Draft junge Rookies für den Pass Rush kommen. Sollte in der Free Agency er gehen, ist das kein Beinbruch für die Seahawks, aber ich würde Ford für einen kurzen und günstigen Vertrag noch ein Jahr halten.

Nach der Free Agency

Fokus auf den Draft

Geno Smith war der größte Name, der kommenden Free Agents. Die Hawks verlieren durchaus Qualität, wenn die übrigen Spieler Seattle den Rücken kehren, doch die absoluten Leistungsträger bleiben unter Vertrag. Die Free Agency sollte hier genutzt werden, um den Kader weiter zu stärken, mit besonderem Augenmerk auf die Defense. Der Hauptfokus in dieser Offseason wird aber ein anderer sein: Zum ersten Mal seit 2010 verfügen Pete Carroll und John Schneider über mehrere Erstrundenpicks im Draft und diesmal sogar mit Top-5-Pick. Es wird also spannend, zu beobachten sein, in welche Richtung die Seattle Seahawks hier gehen.