Recap: Regular Season 2015 (Week 2) – Seahawks @ Packers

Bereits als der Spielplan veröffentlicht wurde, war anzunehmen, dass der Start in die Saison 2015 ein ganz schwieriger werden und die Möglichkeit von 0-2 nach zwei Partien höher sein würde. Darüber haben wir jetzt Gewissheit. Die Seattle Seahawks unterlagen im zweiten Saisonspiel den Green Bay Packers im Lambeau Field in Wisconsin mit 17:27 und stehen vor dem ersten Heimspiel schon unter Druck.

Es war eine Nacht zum Haare raufen. Fehler, die man vom Team kennt, wurden gemischt mit neuen Fehlerquellen, die die Packers mit ihrem kompromisslosen Angriffs- und Abwehrspiel aufrissen.

Offense:

Nur 17 Punkte erzielten die Seahawks gegen Green Bay. Deutlich zu wenig, um gegen das Team um den besten Quarterback der NFL zu bestehen. Diesmal trugen Special Teams und Defense nicht zum Punktestand bei – die Leistung der Offense kann mit dem verglichen werden, was sie auch eine Woche zuvor in St. Louis (ebenfalls 17 Punkte der Offense) auf die Beine gestellt hatte.

  • Die O-Line war insbesondere in der 1. Halbzeit unterdurchschnittlich. Vor allem im Run Blocking, das sonst trotz schwacher Form einigermaßen gut funktioniert, war ein großes Problem. Das soll nicht heißen, dass das Pass Blocking wesentlich besser war. Eine Pocket war diesmal phasenweise – besonders im 3. Quarter – erkennbar. Eine Steigerung gegenüber dem Rams-Spiel war zu erwarten, jedoch nur begrenzt zu sehen.
  • Das Running Game war in der 1. Hälfte aufgrund des schwachen Blockings sowie der soliden Packers-Defense kaum vorhanden. Zwölf Mal lief RB Marshawn Lynch im ersten Abschnitt – sechsmal davon für 0 oder negative Yards. Ab der 2. Halbzeit funktionierte es etwas besser, weil Wilson bei der Read-Option endlich eigene Runs einstreute und am Ende insgesamt 78 Yards erlaufen hatte. Lynch hingegen wurde auch in der 2. Hälfte sehr gut von den Packers beherrscht und konnte kaum Akzente setzen. Sein Fumble blieb aufgrund einer Strafe gegen Green Bay ohne Folgen.
  • QB Russell Wilson machte ein solides Spiel. Vor allem zu Beginn der 2. Halbzeit schaffte er es, die Offense zielstrebig und konsequent über das Feld zu führen und durch eigene Runs den Ball zu bewegen. Die Interception beim Sceen Play war ärgerlich und der letzte Sargnagel für das Spiel. Man könnte Wilson für die Interception die Schuld in die Schuhe schieben. Doch man könnte auch einfach sehen, dass das ein super Play von Jayrone Elliott war. Der besiegelte übrigens auch das Spiel mit dem forcierten Fumble an RB Fred Jackson.
  • 33% bei 3rd Downs, 100% in der Redzone – insgesamt ist das in Ordnung. Ohne die Drive-Killer (siehe Sonstiges), wären da auch mehr verwertbare 3rd Down Möglichkeiten bei rausgekommen.

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  • Im gesamten Spiel wurde nur zweimal ein Ball in die Richtung von TE Jimmy Graham geworfen, wovon dieser einen für 11 Yards Raumgewinn verwerten konnte. Dafür hatte TE Luke Willson einen sensationellen One-Handed Catch für 24 Yards und wirkte zeitweise, als spiele er als Ballfänger genau die Rolle, die eigentlich für Graham vorgesehen sei. Jimmy Graham ist derzeit noch ein Fremdkörper in der Seahawks-Offense. Nach dem Spiel sagte Head Coach Pete Carroll, dass man sechs Wege hatte, um den Ball zu Graham zu bringen. Von diesen sechs war keiner so recht zu erkennen. Offensichtlich wollen die Verantwortlichen mit Graham nicht den gleichen Fehler machen wie mit Percy Harvin, auf den das Spiel der Offense zugeschnitten wurde. Aktuell sieht es aber nach dem krassen Gegenteil aus. In den kommenden Spielen muss ein Mittelweg gefunden werden, um Graham mehr aktiv am Spiel zu beteiligen. Spielt man ihn nicht an, entstehen auch keine Räume für Marshawn Lynch und die anderen Wide Receiver. Die Verwunderung über die momentane Einbindung und Rolle von Graham im Spiel der Seahawks lässt die Frage zu, warum der Hochkaräter im Trade für Center Max Unger geholt wurde, wenn von seinen Stärken überhaupt nicht Gebrauch gemacht wird.

  • Schaut man auf die Verteilung der Plays vor dem letzten Drive (der bewusst rausgenommen wird, da er in der Garbage Time stattfand), so stellt man fest, dass Offensive Coordinator Darrell Bevell ein ausgeglichenes Play Calling hatte. Von 49 Plays in der Offensive waren 25 Pass Plays und 24 Run Plays. Aufgrund der Tatsache, dass die Packers unser Running Game anfangs derartig unter Kontrolle hatten, kann man mit der Verteilung leben. Diesbezüglich kann Bevell kein Vorwurf gemacht werden.

Defense:

Nach 34 Punkten im Auftaktspiel diesmal 27 Punkte gegen die Defense der Seattle Seahawks. Wieder wurden zu viele Punkte zugelassen. Mit der Aufarbeitung beginnt die Suche nach Gründen.

  • Das Tackling der Defense sah verbessert gegenüber dem Rams-Spiel aus, aber noch nicht auf dem gewohnten Level. Vor allem die LB Bobby Wagner und K.J. Wright spielten besser als in der vergangenen Woche, verpassten aber dennoch den ein oder anderen Tackle. Folgenschwer war insbesondere ein Missed Tackle von Wagner, wodurch Packers-RB James Starks ein langer Run ermöglicht wurde, bleiben in Erinnerung. Neben dem Tackling sah die Kommunikation auf dem Feld auch verbessert aus. Doch auch hier ist, wie beim Tackling, noch Luft nach oben.
  • In der Secondary begann das Spiel mit einer kleinen Überraschung. Für Dion Bailey spielte diesmal DeShawn Shead als Strong Safety. CB Richard Sherman kehrte auf seine angestammte linke Seite zurück. Grund dafür waren die guten Leistungen von Marcus Burley, der gegen die Packers als Nickelback einen super Job und wohl sein bestes Spiel für Seattle machte. CB Cary Williams scheint sich auch immer besser ins System einzufügen. Wenn man ihm noch ein bisschen mehr Zeit gibt, kann er den Maxwell-Abgang vergessen machen. Auch Earl Thomas sah schon wesentlich besser aus als noch in St. Louis. Das Tackling mit Hochgeschwindigkeit kommt zurück.
  • Natürlich schreit so manch ein Fan nach der erneuten Niederlage wieder laut nach Holdout-SS Kam Chancellor. Doch eins ist relativ sicher: Auch er hätte am Ausgang dieses Spiels nichts geändert. Ob es am Fehlen von Chancellor liegt oder am Aderlass im Allgemeinen – bisher spielt die Seahawks-Defense nicht auf dem Niveau der vergangenen Jahre. Zu viele Big Plays werden abgegeben und in wichtigen Siuationen wird der Gegner nicht gestoppt. Zum zweiten Mal in Serie gab Seattle über 27 Punkte ab und konnte eine Führung nicht halten. Wenn wir saisonübergreifend bewerten, war das in den vergangenen vier Spielen der Fall (NFC Title Game, Super Bowl, @Rams, @Packers). Pete Carroll hat einige Leitsätze. Einer davon lautet: „It’s not how you start, it’s how you finish.“ Es ist egal, wie du beginnst, es zählt wie du das Spiel beendest. Derzeit haben die Seattle Seahawks ein Problem mit dem „Finish“.

Special Teams:

Waren die Special Teams in der vergangenen Woche noch ein entscheidender Faktor, so waren sie gegen die Packers kaum relevant.

  • Kicker Steven Hauschka verwandelte sein einziges Field Goal aus 54 Yards souverän und wackelte auch bei den PATs nicht.
  • Punter Jon Ryan fiel nicht besonders auf, außer dadurch, dass er zu oft aufs Feld musste, weil die Seahawks einen Drive wieder einmal ohne Punkte beenden mussten.
  • Tyler Lockett blieb als Returner relativ blass, was daran lag, dass das Blocking der Special Teams miserabel war.

Sonstiges:

Kommen wir nun zum Grund, warum die Seahawks dieses Spiel verloren haben. Individuelle Fehler und vor allem Strafen!

  • Das Elend begann bereits im ersten Drive der Packers, als die Seattle-Defense Packers-QB Aaron Rodgers bereits gestoppt hatte. Der Haken: Zu viele Spieler auf Feld – First Down Packers. Im selben Drive dann noch das erste Offside von DT Michael Bennett, wodurch Rodgers ein Free Play erhielt, dem Pass Rush nach links auswich und James Jones in der Endzone fand. Das zweite Offside von Bennett erfolgte bei einem Second & 17 (!), als GB an der eigenen 13-Yard Line stand. Wieder ein Free Play, alle WR liefen tief, eine berechtigte Pass Interference-Flagge gegen Richard Sherman. Bennett sollte sich überlegen, ob diese Leistung zu seinen Aussagen bezüglich Gehaltsforderungen passt. Die im Grunde ordentliche Leistung der Defense wurde durch Dummheiten zerstört und resultierte in insgesamt zehn Packers-Punkten, die mit Strafen für die Seahawks in Verbindung gebracht werden müssen.

  • Aber auch auf Seiten der Offense gab es Penaltys, die Seattle am Ende Drives und somit Punkte gekostet haben. LT Russell Okung machte mit einem False Start aus einem Second & 11 ein Second & 16 und brachte sein Team damit aus Field Goal-Reichweite. Zwei Plays später folgte der Punt. Eine ähnliche Situation gab es einen Drive später. Wieder steht Seattle an der GB 36-Yard Line. Nach einem Lauf von Lynch für 2 Yards erhält Guard J.R. Sweezy eine 15-Yard-Strafe für eine derartig unnötige Aktion: ein am bodenliegende Packers-Spieler wurde von ihm nochmals angesprungen, obwohl das Play schon längst vorbei war. Aus Second & 12 wird Second & 27 – der Drive war gelaufen. Zweimal wurde aus guter Feldposition die Chance auf Punkte verschenkt.
  • Derartige Fehler sind den Seahawks im Laufe des Spiels noch mehrmals passiert. Am Ende stehen zwar „nur“ sechs Penaltys für 92 Yards auf dem Konto. Es kommen aber noch die Strafen hinzu, die nicht angenommen wurden und erheblich Schaden angerichtet haben (erfolgreiche Free Plays). Insgesamt wurden 128 Yards durch Strafen von den Packers nicht angenommen. Ein Touchdown und eine Two-Point Conversion sind ebenfalls direkt auf Plays mit Strafen zurückzuführen.
  • Es ist das erste Mal seit 2011, dass Seattle drei Spiele (saisionübergreifend) hintereinander verloren hat. 2011 war das letzte Mal, dass die Seahawks mit 0-2 gestartet sind und ein Spiel mit zehn Punkten Abstand oder mehr verloren haben. Dennoch besteht noch kein Grund zur Panik. Auch wenn nur 12% aller 0-2-Teams die Playoffs unter dem aktuellen Format erreicht haben, sollte man nicht schwarzmalen. Denn es gibt auch Ausnahmen: Vier Teams schafften es anschließend noch in den Super Bowl, drei davon gewannen den Titel:
    • 2007 Giants L, 45-35 at Cowboys; L, 35-13 vs. Packers; Won next 6 W, 17-14 over Patriots
    • 2001 Patriots L, 23-17 at Bengals; L, 10-3 vs. Jets Won 3 of 4 W, 20-17 over Rams
    • 1996 Patriots L, 24-10 at Dolphins; L, 17-10 at Bills Won next 7 L, 35-21 to Packers
    • 1993 Cowboys L, 35-16 at Washington; L, 13-10 at Bills Won next 7 W, 30-13 over Bills

Verletzungen:

Bis auf Safety Steven Terrell, der während des Spiels mit einer Hüftverletzung raus musste, sind die Seahawks unbeschadet aus der Partie gegangen.

Fazit und Ausblick:

Wer so viele Fehler macht, kann einen Aaron Rodgers nicht in seinem Wohnzimmer schlagen. Vor allem nicht die Seahawks mit einer Offense, die sich bei langen Downs unglaublich schwer tut. Auf Seiten der Defense muss Michael Bennett unbedingt seine Offside-Probleme abstellen. Es ist nicht das erste Mal, dass er sein Team damit Punkte kostet. Bennett war es auch, der den New England Patriots nach der finalen Interception im Super Bowl von der 1-Yard Line auf die 6-Yard Line verhalf und die Chance auf einen Safety zunichte machte. Dreimal sprang er gegen die Packers Offside. In den drei Free Plays erzielte Rodgers 51 Yards und einen Touchdown sowie 52 Yards durch die Pass Interfence.

Vergangenes Jahr standen die Seattle Seahawks nach Week 6 mit 3-3 bei .500 und am Ende trotzdem an der Spitze der NFC. Zugegeben, das wird dieses Jahr schwieriger. Nach zwei schweren Auswärtsspielen bestreiten Seattle nun drei der nächsten vier Partien zu Hause im CenturyLink Field. Zu weit sollte das Team aber nicht nach vorne schauen, sondern sich lieber auf das Spiel gegen die Chicago Bears konzentrieren. Den eins ist klar: Sollte es auch daheim gegen die angeschlagenen Bears nicht zu einem Sieg reichen, könnte die Stimmung in Seattle schnell kippen. Die beiden Auftaktniederlagen lassen nicht mehr viel Spielraum für Fehler und nicht eingeplante Niederlagen.