Recap: Regular Season 2015 (Week 1) – Seahawks @ Rams

Spiel eins der Seahawks „in the books“. Seattle startet mit einer Niederlage bei den St. Louis Rams in die Saison 2015. Die Neulinge glänzten. O-Line und Secondary stellten sich als die großen Baustellen heraus. Ein Spieler wurde vermisst. Und ein mysteriöser Kickoff war der Anfang vom Ende. Die Analyse.

Nach dem Ausbau unserer Vorberichterstattung beschäftigen wir uns auch mit der Analyse der Spiele von nun an ausführlicher und blicken auf Offense, Defense, Special Teams und sonstige Vorkommnisse.

Offense:

31 Punkte erzielten die Seahawks, doch nur 17 davon kamen durch die Offense zustande. Nur ein einziger Drive wurde in der Endzone beendet – das ist zu wenig bei den Waffen, die Seattle zur Verfügung hat. Und da waren wieder diese bereits bekannten Startschwierigkeiten.

  • TE Jimmy Graham spielt seit dieser Saison in Seattle. Das sollte man nochmals erwähnen, weil es in der 1. Halbzeit nicht wirklich bemerkbar war. Graham war als Passempfänger kaum ins Spiel eingebunden, Offensive Coordinator Darrell Bevell versuchte es stattdessen mit seinen geliebten Screen Plays – mit mäßigem Erfolg. Erst im 4. Quarter schien Bevell sich zu erinnern, dass Graham jetzt zu seinen Waffen gehört.

  • Zu den vielen Bubble Screens sei an dieser Stelle noch folgender qualifizierter Kommentar abgegeben:

https://twitter.com/evan_hill1/status/643120278113878017

  • Es gibt deutsche Football-Experten, die bewerten Spieler gerne im Vakuum, unabhängig von den äußeren Faktoren. So sollte man auch die O-Line der Seahawks zunächst betrachten. Trainer Tom Cable sagte vor ein paar Wochen, das sei die talentierteste Gruppe, die er jemals trainiert habe. Dass Potenzial da ist, kann gut sein. Das kann hauptsächlich Cable bewerten. Zweite Basis der Bewertung muss dann das Matchup sein. Zufällig spielte diese Truppe aber gegen eine der besten D-Lines der NFL. Dass sie dabei nicht gut aussieht, war in gewisser Weise schon zu erwarten. Gegen die Rams war die O-Line ein großes Problem, weil Russell Wilson nie die Zeit hatte, seine Receiver auf langen Routes zu bedienen. Zufällig ist auch Jimmy Graham ein Spieler, der seine Stärken bei tiefen Pässen ausspielen kann. Jetzt ist Kombinieren angesagt.

  • Die RB-Neuzugänge Fred Jackson und Thomas Rawls hatten ihre ersten Carries in der Regular Season. Nichts besonderes, aber solide und ohne Fehler. Mehr war nicht drin, da die Probleme in der O-Line ein vernünftiges Running Game nicht zustandekommen ließen. Marshawn Lynch bemühte sich ebenfalls, stieß aber aufgrund der Umstände an seine Grenzen.
  • Zu Beginn des Spiels wollten die Seahawks ihren Gegner mit vielen Empty Backfield-Spielzügen überraschen, also ohne traditionellen Running Back. Die Folge waren Screens, wenig Raumgewinn und kaum Punkte in Halbzeit eins.
  • QB Russell Wilson (32/41, 251 Yards, 1 TD, 1 INT) war auf der Flucht – den ganzen Abend über. Sechsmal wurde er zudem gesacked. Darauf basierend kann er nicht ausreichend bewertet werden. Und trotzdem fiel eines auf: Wilson warf extrem viel, denn die Offense war sehr lange auf dem Feld. Lange Pässe – Fehlanzeige. Stattdessen wegen Zeitmangel viele kurze Pässe und nur kleine Raumgewinne.

Defense:

Wie die Seahawks-Defense ohne SS Kam Chancellor und relativ uneingespielt aussieht, haben wir jetzt gesehen. Hoffentlich das erste und letzte Mal.

  • Zu erkennen war auch, dass FS Earl Thomas noch nicht mit 100% in die Tackles geht, sondern noch ein bisschen zögert. Wer mag es ihm übel nehmen, nachdem er die gesamte Preseason über keinen Fuß aufs Spielfeld gesetzt hatte. Ab und zu wirkte es, als sei ET noch nicht ganz auf der Höhe. Doch spätestens beim Forced Fumble war der alte Earl Thomas wieder zu erkennen.
  • Neben Thomas spielte SS Dion Bailey den Part von Kam Chancellor. Er stolperte und ließ seinen Gegenspieler Lance Kendricks spät im 4. Quarter ungedeckt zum spielausgleichenden Touchdown rennen. Aber an Bailey allein lag es nicht, der machte seinen Job ansonsten ordentlich. Insgesamt wirkte die Secondary bei mittleren und langen Pässen der Rams überfordert. Es fehlte jemand, der in den Zwischenräumen aktiv ist und diese Pässe unterbindet. Wir alle wissen, wer das ist…

  • CB Richard Sherman musste aufgrund der angespannten Personallage der Secondary im Slot als Nickelback ran. Dort verteidigte er, was möglich war, hatte aber großes Glück, als ein langer Ball der Rams in Halbzeit eins nicht wegen deutlich erkennbarer Pass Interference gegen ihn ausgelegt wurde. Vielleicht ist das der Superstar-Bonus.
  • CB Cary Williams übernahm die Rolle von Abgänger Byron Maxwell und brachte sich bei einem Blitz im 4. Viertel sensationell ein, als er Rams-QB Nick Foles den Ball aus der Hand schlug und selbst anschließend zum Touchdown in die Endzone trug.

  • Die großen Lücken im Halbfeld wurden auch von den Linebackers nicht geschlossen. Sie verpassten einige wichtige Tackles, so zum Beispiel Bruce Irvin beim Touchdown von Tavon Austin früh im Spiel. Insgesamt dominantes Spiel der Seahawks-Front Seven, wenn man den ersten Drive der Rams ausnimmt.
  • Erfreulich ist dennoch, dass ein effektives Viertel (4.) fast ausgereicht hätte, um das Spiel zu gewinnen. Das Turnover-Duell haben die Seahawks gewonnen, das Spiel leider nicht.

Special Teams:

Erfolgreiche Special Teams sind extrem bedeutungsvoll für den Ausgang des Spiels und für die Seahawks ein überlebenswichtiger Faktor – das wurde am Sonntagabend wieder einmal deutlich.

  • Da wollte man sich gelassen und ganz ohne großen Erwartungsdruck anschauen, ob Tyler Lockett die Leistung aus der Preseason auch in der Regular Season bringen kann, doch nach ein paar Minuten hatte der Rookie diese Frage schon selbst beantwortet – mit einem Punt Return Touchdown. Außerdem war auch als Wide Receiver die Connection mit Russell Wilson vorhanden, Lockett hatte einen schönen Sideline Catch.

  • Kicker Steven Hauschka traf aus normaler Entfernung, was zu treffen war. Field Goals 3/3, PAT 2/2. Und dann war da noch dieser komische Kickoff zum Start der Overtime…
  • War das in der Overtime nun ein Onside Kick oder nicht? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Die Seahawks erklärten, auch da sei etwas schief gegangen. Eigentlich war ein sehr hoher, langer Ball geplant, den Tavon Austin dann nicht returnen kann, weil schon umzingelt, doch daraus wurde bekanntlich nichts. Ob Pete Carroll mit dieser Aussage lügt oder nicht? Dafür spricht, dass Kickoff und Formation sehr seltsam aussehen. Dagegen spricht, dass bislang relativ selten ein Onside Kick gesehen wurde, bei dem der Ball direkt hoch in die Luft gespielt wird. Normalerweise treten alle Kicker den Ball in den Boden, damit er eine schwer berechenbare Richtung bekommt. Wenn Hauschka den Ball vor die Endzone und sehr hoch kicken will, um Tavon Austin zu vermeiden, sieht das von der Bewegung so aus. Vielleicht war er also wirklich nur misslungen – wer weiß.

  • Der Punt, der zum Return Touchdown von Tavon Austin führte, sollte anders ausgeführt werden. Jon Ryan traf ihn nicht sauber. Ansonsten machte er keine Fehler, dieser aber war schmerzhaft.

Sonstiges:

Themen, die nicht Offense, Defense oder Special Teams direkt betreffen, werden in dieser Rubrik behandelt.

  • Zu. Viele. Strafen: Sieben für 46 Yards.

  • Eine große Bitte: Stellt den Play Call beim letzten Spielzug (4th & 1) der Overtime nicht in Frage. Diesmal war es ein Run von Marshawn Lynch – er funktionierte nicht und das Spiel war gelaufen. Vor einem halben Jahr im Super Bowl XLIX war es ein Pass kurz vor der Endzone und der Aufschrei war riesengroß, weil ebenfalls erfolglos. Was wir daraus lernen? Alle wissen es besser, aber egal wie der Trainer es ansagt – falsch ist es immer, außer das Play ist erfolgreich. Diese Diskussion müssen wir jetzt nicht anfangen.

Verletzungen:

Erfreulicherweise sind keine Verletzungen bekannt.

Ausblick:

In Week 2 geht es nach Green Bay zu den Packers. Gut: Die haben keine so starke D-Line wie die Rams. Schlecht: Die sind im Passspiel noch deutlich stärker als die Rams. Die zwei Problembereiche der Seahawks müssen dringend bearbeitet werden in den kommenden Tagen. Und die Offense muss es endlich schaffen, von Beginn an effektiv zu sein. Sonst ist der 0-2-Start garantiert.