Preview: Regular Season 2020 (Week 8) – 49ers @ Seahawks

Preview Week 8, 2020 San Francisco 49ers

Die Seattle Seahawks stehen vor dem möglicherweise richtungsweisendsten Spiel in dieser noch jungen NFL-Saison. Nach der bitteren Pille bei den Arizona Cardinals steht direkt das nächste Divisionsduell gegen die San Francisco 49ers vor der Tür. Gefühlt könnte der Besuch des Erzrivalen im CenturyLink Field entscheiden, in welche Richtung es dieses Jahr für das Team aus dem Pacific Northwest geht. Mit einer Niederlage könnte Seattle gar auf Rang 3 in der starken NFC West zurückfallen, während die Mannschaft mit einem Sieg den Grundstein für den Divisionssieg legen kann.

Im vergangenen Jahr befand Seattle sich in einer ähnlichen Situation und stand nach sieben Wochen ebenfalls bei einer Bilanz von 5-1. Im Heimspiel gegen die Baltimore Ravens wurden die Seahawks dann jedoch auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, als sie dem Team des späteren MVPs relativ deutlich unterlagen. In dieser Partie, die wohl rückblickend einen Bruch in der vergangenen Saison darstellte, wurde vielen Fans klar, dass die Seahawks gut waren, jedoch wahrscheinlich nicht gut genug, um mit den besten Teams in der NFL mithalten zu können.

Am Sonntag werden die Seahawks gegen die 49ers zeigen, was für ein Team sie dieses Jahr sind: Pretender oder Contender?

Das Spiel:

  • Kickoff: Sonntag, 22.25 Uhr
  • Austragungsort: CenturyLink Field (Freiluft/Stadion)
  • Wettervorhersage: 13 Grad Celsius, Sonne
  • Schiedsrichter: Craig Wrolstad
  • Empfang: NFL GamePass, ProSieben MAXX, ran
  • Wettprognose: Seahawks -2,5
  • Schnellcheck: San Francisco 49ers
  • Hashtag: #SFvsSEA

Der Injury Report:

Cornerback Shaquill Griffin wird aufgrund einer Gehirnerschütterung nicht spielen können. Wer die bisherigen Performances von seinem Ersatz Tre Flowers verfolgt hat weiß, warum es für Seattle in einem solch wichtigen Spiel suboptimal ist, ihn und nicht Griffin starten zu müssen. Da der Einsatz von Slot-Cornerback Ugo Amadi ebenfalls unwahrscheinlich ist, müssen die Seahawks höchstwahrscheinlich einen Spieler aus dem Practice Squad in den aktiven Kader hochziehen. Für ihn könnte erstmals PUP-Rückkehrer D.J. Reed zum Einsatz kommen, der im vergangenen Jahr noch für San Francisco auflief und nach längerer Verletzungspause gesund ist.

Left Guard Mike Iupati wird aller Voraussicht nach wegen einer Rückenverletzung nicht spielen können. Für ihn würde Jordan Simmons einspringen. Angespannt sieht es auch auf der Running Back-Position aus. Alle drei Angeschlagenen sind Game-Time Decisions. Nicht rechnen sollte man mit einem Einsatz von Carlos Hyde (Oberschenkel). Chris Carson (Fuß) und Travis Homer (Knie) sind angeschlagen, haben aber durchaus Chancen auf Spielanteile.

Auf der Safety-Position ist nicht sicher, ob Jamal Adams und Ryan Neal spielen können. Adams trainierte am Freitag und könnte demnach spielen. Neal dürfte ebenfalls rechtzeitig fit sein. Sollte es für beide nicht reichen, springt wohl Damarious Randall ein. Auch der Einsatz von DE Benson Mayowa ist wegen einer Knöchelverletzung gefährdet. Der Neuzugang Carlos Dunlap ist im Übrigen aufgrund mehrer Corona-Testungen, die ihm noch bevorstehen erst in Woche 9 verfügbar.

Immerhin sieht es bei den 49ers nicht viel besser aus. Nummer-eins-Receiver Deebo Samuel wird definitiv ausfallen. Auch Linebacker Kwon Alexander und Safety Jaquiski Tartt werden wahrscheinlich nicht spielen können. Schon besser stehen die Chancen für Jimmie Ward. Insgesamt sieht die Verletzungssituation bei den 49ers ebenfalls nicht gerade rosig aus.

Die Matchups:

Seahawks-QB Russell Wilson vs. 49ers-Secondary: Die 49ers mussten insbesondere in der Defensive mehrere schwerwiegende Verluste und Verletzungen hinnehmen. Mindestens zu einem Teil der Saison oder gar für das ganze Jahr fehl(t)en Spieler wie Nick Bosa, Richard Sherman, Dee Ford, Kwon Alexander, Jimmie Ward oder Jaquiski Tartt. Das zeigt wieviel Verletzungspech die Niners bislang hatten und wir reden hier lediglich über die Defensive. Auf dem Papier hätte man vor der Saison diese Defensive als eine der besten in der NFL gesehen. Es steckt schlichtweg so viel Talent in dieser Unit. Gegen diese verletzungsgebeutelte Verteidigung sollte Russell Wilson mit seiner Passing-Offensive jedoch einen großen Matchup-Vorteil haben.

Zwar haben die 49ers in Jason Verrett einen Cornerback, der endlich und zum ersten Mal in seiner Karriere verletzungsfrei zu bleiben scheint und die Runde seines Lebens spielt. Jedoch ist er einer der wenigen Leuchttürme in der von Defensive Coordinator Robert Saleh gecoachten Defensive. Diese Defensive ist alles andere als übel: Sie stehen bei EPA/Dropback auf Rang 13 und bei DVOA auf selbigem Platz, hatten jedoch wenn es nur um die gegnerischen Quarterbacks geht nicht einen allzu schwierigen Schedule.

Zur Erinnerung: Gegen die Top Defensive der 49ers aus dem letzten Jahr brachte die Seahawks-Offensive trotz schwächerem Personal und lauflastigerem Play Calling trotzdem noch 21 bzw. 27 Punkte auf das Scoreboard. In diesem Spiel sollte es für die nach Punkten pro Spiel sowie DVOA stärkste Offensive der Liga wieder einmal über die 30 Punkte-Marke gehen. Alles andere wäre eine kleine Enttäuschung und würde für die Defensive der 49ers sprechen.

Die Seahawks spielen in diesem Jahr in neutralen Spielsituationen so viele Passspielzüge wie kein anderes Team in der NFL (63 Prozent). Angesichts der angespannten Verletzungssituation auf der Running Back-Position würde es wundern, wenn die Seahawks diesen Wert am Sonntag nicht übertreffen. Dann wird es für die Niners Defensive trotz solider Passverteidiger schwierig, DK Metcalf, Tyler Lockett sowie David Moore im Passspiel in Schach zu halten. Und hierbei muss berücksichtigt werden, dass möglicherweise die beiden Starting Safeties Tartt und Ward ausfallen werden und der Pass Rush gegen eine solide Offensive Line der Seahawks wahrscheinlich zu selten Druck gegen Wilson ausüben kann.

Möchte Seattle das Spiel gewinnen, muss die Offensive weiter auf dem Gaspedal bleiben. Wilson dürfen dabei fatale Einzelfehler wie gegen die Cardinals aber nicht passieren.

Seahawks-Defensive vs. 49ers-HC Kyle Shanahan: Man könnte argumentieren, dass Kyle Shanhan die beste offensive Waffe ist, die die 49ers besitzen. Mit seinem kreativen Play Calling im Lauf- sowie im Passspiel setzt er die zur Verfügung stehenden Spieler nahezu optimal ein. Er ist stark darin, die Stärken seiner Spieler zu fördern und die Schwächen zu kaschieren.

Und damit wären wir direkt bei Quarterback Jimmy Garoppolo. Er spielt in diesem Jahr ziemlich schwach und zeigt, wo seine Limitierungen als Passer liegen. Vor allem gegen Druck und bei langen Passversuchen sah Jimmy G in dieser Saison alles andere als gut aus. Bei Pro Football Focus ist er Quarterback 27 von 36. Dass Shanahan die Defizite seines Quarterbacks kennt und ihm scheinbar nicht vollumfänglich vertraut zeigt ein Blick in die Air Yards des Quarterbacks. In dieser Kategorie liegt Garoppolo vor allem auch bedingt durch das Play Calling weit hinten in dieser Metrik. Seine intendierten Air Yards pro Passversuch liegen bei nur 6,2 (Zum Vergleich Wilson: 9,2 Air Yards pro Passversuch) und seine Air Yards pro Completion liegen bei lediglich 3,9 (Wilson: 7,3 Air Yards pro Completion).

Wie diese Zahlen schon vermuten lassen ist die Offensive der 49ers im Passspiel auf vielen Screens, kurzen Passrouten und Yards after Catch aufgebaut. Positiv für die Seahawks ist, dass vor allem das Screen-Game von den Linebackern um K.J. Wright gegen viele Gegner bisher gut neutralisiert wurde. Zwar war die Defensive der Seahawks gegen den Pass immer relativ anfällig, mit Wide Receiver Deebo Samuel fehlt den 49ers jedoch ihr bester Receiver und Deep-Threat. Deshalb müssen Tight End George Kittle und Rookie-Receiver Brandon Aijuk die Last im Passspiel tragen.

Wie oft die 49ers tief gehen werden, ist angesichts des Ausfalls von Samuel jedoch fraglich. Zu begrüßen wäre deshalb eine aggressivere Herangehensweise der Defensive der Seahawks, die versucht das Kurzpassspiel und die Screens der 49ers wegzunehmen. Sollte Garoppolo dann mehr tief gehen müssen, könnten sich Fehler in seinem Spiel einschleichen, die in Turnover enden könnten. In dieser Kategorie ist die Defensive der Seahawks im Übrigen auf Platz 1 in der NFL.

Die 49ers sind gerade in neutralen Spielsituationen sehr lauflastig. Mit einer Laufrate von 53,8 Prozent in den Early Downs ist San Francisco hier auf Platz 3 in der NFL knapp hinter Minnesota und Tennessee. Gegen Seattle wären die 49ers jedoch gut beraten auf den Pass zu setzen.  Sie sollten sich von dieser Philosophie lösen, zumal die Laufverteidigung der Seahawks nach diversen Metriken eine der besseren in der Liga ist. Darüber hinaus wird Nose Tackle Damon „Snacks“ Harrison am Sonntag aller Voraussicht nach sein Debüt geben und die Seahawks hier weiter verstärken.

Nichtsdestotrotz muss Seattle gegen das kreative Laufspiel von OC Shanahan absolut diszipliniert spielen. Bei den 49ers spielt es fast keine Rolle, welcher der Running Backs startet, da gefühlt jede Woche auch aufgrund von Verletzungen ein anderer hinter der immer besser werdenden Offensive Line der 49ers abliefert.

Es ist zu erwarten, dass Kyle Shanahan Defensive Coordinator Ken Norton Jr. vor große Matchup-Probleme stellen wird. Die bereits angesprochene Disziplin in der Verteidigung und vor allem damit auch besseres Tackling als noch im Spiel gegen die Cardinals ist der Weg Shanahan’s Offensive zu limitieren. Ansonsten werden YAC-Monster wie Kittle und Aijuk den Seahawks Kopfschmerzen bereiten und dieses Spiel eng machen.

Der X-Faktor: Jamal Adams

Gegen die 49ers müssen die Seahawks um den Einsatz von Safety Jamal Adams bangen. Adams ist ein Spieler, der gerade in diesem Spiel Lösungen für die Defensiv-Probleme der Seahawks bieten könnte. Im Slot könnte er öfter versuchen, George Kittle aus dem Spiel zu nehmen (wenngleich das vollumfänglich nahezu unmöglich ist). Bei den kurzen Pässen sowie in der Laufverteidigung wäre er eine riesige Bereicherung für die Defensive der Seahawks. Es wäre ungemein wichtig, wenn er am Sonntag auf dem Feld stehen könnte.

  • Spieler des Spiels: Russell Wilson, der sich nach der unterdurchschnittlichen Performance wieder von seiner besten Seite zeigen wird.
  • Statistik des Spiels: Quarterback Russell Wilson ist der Bounce-Back-König der NFL. Nach einer Niederlage während der Regular Season hat der Spielmacher einen Record von 31-8. Das ist die beste Bilanz eines Quarterbacks in der Historie der NFL in dieser Kategorie. Offensive Coordinator Brian Schottenheimer merkte in der wöchentlichen Pressekonferenz an, dass er den selben Russell Wilson wie jede Woche nach seinen drei Interceptions in Woche 7 sah: „War er darüber verärgert? Ja natürlich, aber er lässt sich davon nicht beeindrucken. Er ist fantastisch in der Art und Weise, wie er seinen Verstand nach dem neutralen Denken ausrichtet. Genau das habe ich in großartigen sowie in schwierigen Momenten von ihm gesehen. Das Spiel am Sonntag war ein solcher schwieriger Moment.“
  • Anekdote des Spiels: Die letzten drei Aufeinandertreffen der beiden Teams waren allesamt absolute Nailbiter. Zwei Spiele gingen in Overtime. Eines endete bekanntlich in Woche 17 der letzten Saison zum Leid der Seahawks an der Goalline der 49ers. Können sich die Seahawks revanchieren? Die letzten drei Partien: Sieg für San Francisco (2018), Sieg für Seattle (Woche 10, 2019), Sieg für San Francisco (Woche 17, 2019). Eigentlich sollte nun wieder ein Sieg für die Seahawks an der Reihe sein.

Der Hype-Faktor: Warum Russell Wilson seit dieser Saison kochen darf

Offensive Coordinator Brian Schottenheimer philosophiert sehr unterhaltsam zu „Let Russ Cook“:

Das Fazit:

Die Seattle Seahawks müssen ihre Stärke ausspielen und gegen eine angeschlagene Verteidigung der San Francisco 49ers wieder in Person von Russell Wilson aus allen Rohren feuern. Auf diesem Wege könnten die Gastgeber früh eine Führung herausspielen, der die Niners dann hinterherlaufen müssen. Wenn das der Fall ist, sind die 49ers schlecht beraten, über das Laufspiel gegen diese Seahawks-Defensive zu versuchen, wieder heranzukommen.

Muss die 49ers-Offensive in einem Shootout mithalten, könnte das dieser Offensive mit den angesprochenen Ausfällen schwer fallen, da Kyle Shanahan’s Angriffsabteilung auf kurze Pässe und Screens ausgelegt ist. In einem offensiven Showdown gegen Wilson wird Garoppolo höchstwahrscheinlich nicht bestehen können.

Prognose: Die Seahawks gewinnen mit 41:28.