Free Agency 2019: Ein erster Überblick

Als Fan der Seattle Seahawks gibt es zwei Möglichkeiten, die Free Agency anzugehen. Nummer eins: Man wird hysterisch, weil das Lieblingsteam als einziges in den ersten paar Tagen des neuen Liga-Jahrs passiv bleibt und andere Franchises die Millionendeals verteilen. Alle guten Spieler sind weg, oh nein. Oder Nummer zwei: Man macht sich bewusst, dass die Seahawks es unter Head Coach Pete Carroll und General Manager John Schneider noch nie eilig hatten damit, Spieler überzubezahlen. Stets ließen sie den zu Beginn überhitzten Markt köcheln und warteten, bis er sich abgekühlt hatte.

Zu Option zwei – der durchaus empfehlenswerteren Herangehensweise für 12s – passt dann auch die Feststellung, dass die erste Verpflichtung Seattles in der Free Agency 2019 ein Kicker war. Es folgten vernünftige Deals, um die Linebacker-Positionsgruppe zu festigen und die O-Line zu stabilisieren (zumindest fürs Laufspiel, wenn man so will). Und es folgte der erwartbare Abschied des letzten noch verbliebenen Defensive Backs der glorreichen Legion of Boom – Earl Thomas.

Hier ein Überblick zu den bisherigen Transaktionen der Seattle Seahawks in der Free Agency 2019.

Transaktionen

Neuzugänge:

  • K Jason Myers, 4 Jahre, 15,45 Millionen US-Dollar
    Oh, ein alter Bekannter. Myers hatte in der Preseason 2018 noch den Zweikampf gegen Sebastian Janikowski um den Kicker-Platz bei den Seahawks verloren. Bei den New York Jets wurde er anschließend Pro Bowler, weil er unter anderem über 90 Prozent (33/36; 6/7 aus 50+ Yards) seiner Versuche verwandelte. Die Hoffnung, dass damit die Kicker-Schmach der vergangenen Jahre ein Ende hat, ist groß. Das Risiko hält sich mit garantiertem Gehalt nur im ersten Vertragsjahr in Grenzen. Falls jemand fragt, was nun mit Sam Ficken passiert: 3/6 war nie eine Bilanz, die in der NFL als Stamm-Kicker qualifiziert.
  • LG Mike Iupati, 1 Jahr, 3,25
    Was macht ein 31 Jahre alter, ziemlich verletzungsanfälliger Spieler in der O-Line der Seahawks? Richtig, für den Erfolg des Laufspiels blocken. Iupati ist auch in hohem Alter noch ein starker Blocker für den Lauf und könnte, bleibt er fit, J.R. Sweezy direkt ersetzen. In Seattle ist der Guard mit seinem langjährigen Trainer Mike Solari (damals in San Francisco) wieder vereint. Ein risikoarmer Einjahresvertrag.

Abgänge:

  • FS Earl Thomas, Baltimore Ravens
    Der Abschied war abzusehen. Earl Thomas und die Seahawks trennen sich im guten. Der Safety bekommt bei den Baltimore Ravens seinen Mega-Deal und Seattle muss sich nach einem neuen Safety umsehen. In der vergangenen Saison füllten Delano Hill und Tedric Thompson die Thomas-Lücke neben Allrounder Bradley McDougald mit durchwachsenen Leistungen. Da sollte also noch etwas passieren in Free Agency oder Draft.
  • RB Mike Davis, Chicago Bears
    Die Seahawks sind das Team von Chris Carson und Rashaad Penny. Was sich im Laufe der vergangenen Saison abzeichnete, ist nun Gewissheit. Der jüngere und vielseitigere Penny mit dem großen Entwicklungspotenzial hat den älteren Davis von der Position des zweiten Läufers verdrängt. Weitere Tiefe könnte neben den Bekannten J.D. McKissic und C.J. Prosise Neuzugang Bo Scarbrough bringen, den die Seahawks im Dezember 2018 ins Team holten.
  • CB Justin Coleman, Detroit Lions
    36 Millionen US-Dollar über vier Jahre – so viel wollten die Seahawks nicht mitgehen für ihren Nickelback (das ging bei Jeremy Lane 2016 ziemlich schief). Über zwei Jahre hinweg war Coleman eines der größten Schnäppchen im Kader Seattles. Nun bekommt er in Detroit seinen Zahltag und die Seahawks müssen sich nach Alternativen umsehen. Die könnte, in Person von Akeem King, schon in den eigenen Reihen vorhanden sein.
  • G J.R. Sweezy, Arizona Cardinals
    Wieder einmal bleibt die Offensive Line nicht zu 100 Prozent identisch zur Vorsaison. Grund dafür ist der Abgang von Sweezy, der bei den Arizona Cardinals wohl ein bisschen mehr Geld und ein Jahr mehr Laufzeit bekommt. Möglicherweise zeigt das, dass Seattle sich mit Jordan Simmons auf Guard ganz wohl fühlt. Oder aber in Person von Mike Iupati den passenden und kostengünstigeren Ersatz schon ins Auge gefasst hatte.
  • DT Shamar Stephen, Minnesota Vikings
    Stephen war Teil der Rotation in der Verteidigungslinie. Mehr aber auch nicht. Er kehrt nach einer Saison in Seattle zurück an alte Wirkungsstätte in den hohen Norden.
  • QB Brett Hundley, Arizona Cardinals
    Einen Sechstrundenpick tauschten die Seahawks im August 2018 nach Green Bay zu den Packers, um Hundley als Backup für Russell Wilson in den Pacific Northwest zu holen. Als solcher machte er in der vergangenen Saison dann glücklicherweise kein Spiel. Nun ist halt wieder einmal die Frage, ob es Sinn macht, Picks zu verwenden für Spieler, die man ein paar Wochen später wieder verliert. Und: In der fünften Saison nacheinander wird ein neuer Backup-Quarterback – ob nun Paxton Lynch oder jemand anderes – Seattles Bank wärmen. Hoffentlich nur das.
  • S Maurice Alexander, Buffalo Bills
    Bei den Seahawks knüpfte Alexander nie an die Leistungen aus Rams-Tagen an, wo er noch als Starter agierte. Oder aber die Hürde in Seattle war größer. Über neun Einsätze, hauptsächlich als Special Teamer, kam der Safety 2018 nicht hinaus.

Vertragsverlängerungen:

  • LB K.J. Wright, 2 Jahre, 15,5 Millionen US-Dollar
    Selbst der Spieler hatte nicht damit gerechnet, in Seattle zu bleiben. Schon gar nicht, nachdem die Seahawks zunächst Mychal Kendricks‘ Vertrag verlängerten. Doch dann wendete sich alles zum Guten. Wright bleibt mit einem Vertrag, der nur im ersten Jahr Garantien enthält und wird seine Karriere wohl in Seattle beenden. Die Frage ist nur, ob nach einer oder nach zwei Spielzeiten. Bobby Wagner freut’s übrigens am meisten.
  • RG D.J. Fluker, 2, 9
    Diese geballte Dosis Power, Energie und Motivation konnten sich die Seahawks nicht entgehen lassen. Fluker bleibt, um auch 2019 D-Liner in der NFC West in den Boden zu stampfen.
  • LB Mychal Kendricks, 1, 5,5
    Die Verlängerung macht Sinn, denn Kendricks ist jünger als Wright und Wright und verdammt talentiert. Viel hängt bei ihm aber von der Anhörung vor Gericht Anfang April wegen Insiderhandels ab. Sollte er ins Gefängnis müssen, sind die Seahawks abgesichert, weil der Vertrag keinerlei Garantien enthält. Sollte Kendricks aber spielen dürfen, formt er mit Wagner, Wright und Mingo ohne Zweifel eines der talentiertesten Linebacker-Teams der NFL. Die Verantwortlichen in Seattle gehen nach eigenen Recherchen zum Fall davon aus, dass Kendricks 2019 spielen wird.
  • CB Akeem King, 1, 1,4
    Möglicherweise der Nachfolger von Justin Coleman auf der Nickelback-Position.
  • RT George Fant, 1, 3 (Tender)
    Wer will mehr von Fant als Tight End sehen? Vielleicht 2019 dann ohne Stolperer, George?!
  • DT Quinton Jefferson, 1, 2 (Tender)
    Der Verteidiger absolvierte 2018 zwölf Spiele von Beginn an. Eine günstige Option für die Rotation in der D-Line.
  • CB Neiko Thorpe
    Der Special Teamer und Fan-Liebling bleibt ein weiteres Jahr in Seattle.

Exclusive Rights Tender:

  • LB Austin Calitro
  • LB Emmanuel Ellerbee
  • C Joey Hunt
  • DE Branden Jackson
  • S Shalom Luani
  • RB J.D. McKissic
  • WR David Moore
  • LS Tyler Ott
  • CB Kalan Reed
  • G Jordan Simmons

Ohne Vertrag:

  • DE Dion Jordan
  • K Sebastian Janikowski

Und sonst so? 

Wide Receiver Jermaine Kearse ist aktuell teamlos. Unter der Woche erzählte er im Radiogespräch mit Doug Baldwin und Cliff Avril, dass er sich natürlich eine Rückkehr nach Seattle vorstellen könne, wenn denn die Konditionen stimmen. Das dürften um die vier Millionen US-Dollar Jahresgehalt sein, mehr als das was aktuell Jaron Brown verdient, mit dem Kearse vergleichbar wäre. Prognose: Es kann nur einen geben. Andere Veteranen auf der Receiver-Position, die immer mal wieder mit den Seahawks in Verbindung gebracht werden, sind Jordy Nelson (ein Liebling von John Schneider, der Nelson 2008 im Front Office der Packers nach Green Bay holte) und Dez Bryant. 2018 hieß der Oldie-Passempfänger Brandon Marshall. Er machte oft einen etwas glücklosen Eindruck und wurde Mitte der Saison entlassen, weil David Moore ihm die Show stahl.

Long Snapper Jake Olson ist eine absolute Pflichtverpflichtung für die Seattle Seahawks, höchstwahrscheinlich als Undrafted Free Agent nach dem NFL Draft 2019. Warum? Darum. Wo, wenn nicht in Seattle? Pete Carroll wird’s möglich machen.

Wide Receiver Doug Baldwin erzählte im Radio vergangene Woche, dass in dieser Offseason noch weitere Operationen auf ihn warten. Er hatte sich nach einer verletzungsgebeutelten Saison 2018 bereits Eingriffen an Knie und Schulter unterzogen. Diesmal handelt es sich wohl um eine sogenannte „Sports Hernia“-Verletzung, chronische Schmerzen in der Leistengegend sind die Folge davon. Wann die Operation erfolgen soll und wie lange Baldwin danach ausfallen wird, ist noch unklar. Aber: Für den inzwischen 30 Jahre alte Baldwin wird es ein immer weiterer Weg zurück zur Bestform.

Center Max Unger hat bei den New Orleans Saints überraschend seine Karriere beendet. In vier Jahren bei den Heiligen verpasste Unger nur ein einziges Spiel, erhielt eine Vertragsverlängerung und schaffte es in den Pro Bowl. Im Nachhinein betrachtet stellt sich der Trade aus dem Jahr 2015 (First-Round Pick + C Max Unger im Tausch für TE Jimmy Graham + Fourth-Round Pick) als einer der größeren Fehler in der Carroll-Schneider-Ära heraus. Die Seahawks-Verantwortlichen gingen nach 13 verletzungsbedingt verpassten Spielen Ungers in den Jahren 2013 und 2014 davon aus, dass die besten Jahre des Centers vorbei seien und schickten in nach New Orleans. Anschließend brach die O-Line völlig auseinander.