Seahawks-Offense 2022 – Weg mit Wilson, Showtime mit Smith

Seattle Seahawks, Offense 2022, Geno Smith, Russell Wilson

Foto: Jane Gershovich/Getty Images

Offense wins Games, Defense wins … na ja. Das war sie nun also, die Saison 2022. Beendet mit einer 9-8-Bilanz in der Regular Season, an dem sicher die Offense einen sehe großen Anteil hatte: Mit 23,9 Punkten im Schnitt lagen die Seahawks dabei auf Platz neun in der NFL. 23 Punkte waren es auch im Wildcard-Game gegen die 49ers, das reichte bekanntlich nicht zum Weiterkommen – doch war von dieser Offensive wirklich mehr zu verlangen? Gegen die beste Defense der Liga? Wohl kaum. Damit blicken wir auf die gesamte Offense der Hawks in der Saison 2022 – Positionsgruppe für Positionsgruppe.

Seahawks-Quarterbacks: Vom Ersatz- zum Rekordmann

Es war DIE Frage der Offseason: Bekommt Geno Smith oder Drew Lock die Rolle des Starters? Ende August dann Klarheit: Geno macht’s. Der einstige Zweitrunden-Pick und Standby-QB diverser Teams, der bei den Jets anfangs als Starter durchwachsen performte, spielte am Ende das beste Jahr seiner Karriere. Mit 30 Touchdowns warf er fast so viele wie in den acht Jahren zuvor und beendete die Regular Season mit einem Passer Rating von 100,9 (Platz fünf der NFL) und 4.282 Passing Yards (Platz acht der NFL). Und: Er machte den Abgang von Russell Wilson vergessen. Gleich drei von Wilsons Franchise-Rekorden knackte Geno – zugegeben mit einem Saisonspiel mehr: Wilson warf in seinem besten Jahr 4.219 Yards und kam auch in Sachen Completions und Completion-Rate nie ganz an die Werte heran, die sein Nachfolger in der abgelaufenen Saison lieferte. Dazu lief Smith selbst für 366 Yards und warf sich in die Tackles, wann immer es nötig war.

Geno Smith spielte zweifelsohne eine tolle Saison – eine über jeglichen Erwartungen. Aber auch keine fehlerfreie – so viel ist auch klar. Doch belächelt werden dürfte er in der Liga nicht mehr, hauptsächlich nicht von seinen Ex-Teams, die er allesamt schlagen konnte. Ob die Franchise nun darüber nachdenkt, im Draft einen potenziellen Nachfolger für den 32-Jährigen auszuwählen? Oder Drew Lock auszuprobieren? Das wären die nächsten Fragen für die kommende Offseason. Positiv für alle Seahawks-Fans jedenfalls: Nach dem Playoff-Aus richtete sich Geno Smith an die Öffentlichkeit, betonte, seine Karriere in Seattle beenden und das Vertrauen weiter zurückzahlen zu wollen. Jetzt wird er Free Agent (wie Lock ebenfalls). Pete Caroll und sein Team hatten schon vor ein paar Monaten bei einer wichtigen Entscheidung ein glückliches Händchen. Hoffentlich beweisen sie dies erneut. Was bleibt, ist auf alle Fälle Dankbarkeit, denn Geno schenkte uns ein Jahr, von dem wir wohl nie gedacht hätten, es so erleben zu dürfen. Und die Zeile der Saison nach dem Auftaktsieg gegen Wilsons Broncos: „They wrote me off, I ain’t write back though“.

Seahawks-Running Backs: Potenzial und die Penny-Frage

Die Seahawks haben im Backfield schon einige starke Läufer hervorgebracht – Marshawn Lynch oder Chris Carson. Nun machte Rashaad Penny Hoffnung, der nächste zu werden: Schon die Saison 2021 beendete er mit 749 Yards und einem Schnitt von 6,3 Yards pro Lauf, 2022 startete er mit 6,1 im Schnitt und kam in den ersten fünf Spielen auf 346 Yards. Dann folgte allerdings die schwere Knöchelverletzung beim Spiel in New Orleans. Ein jähes Ende der Saison, was fortan Zweitrunden-Pick Kenneth Walker III auf den Plan rief: Der Rookie von Michigan State bekam in den ersten Spielen in der Offense drei bis acht Läufe pro Partie und scorte seinen ersten Touchdown nur wenige Minuten nach Pennys Verletzung in New Orleans (ein 69-Yard-Run!). Damit war er sofort der klare RB1 dieser Offense. Fünf Spiele mit über 100 Rushing Yards stehen am Ende in der Statistik, zum Ende der Regular Season sogar drei am Stück. Walker knackte die Schallmauer von 1.000 Rushing Yards (in nur elf Spielen als echter Starter und belegte damit Platz zwölf unter den RBs der NFL) und verbuchte neun Touchdowns (und keinen einzigen Fumble!). Auch der Schnitt von 4,6 Yards pro Lauf kann sich letztlich sehen lassen. Er zeigte explosive Runs, war auch im Passspiel eingebunden und stellte sein Entwicklungspotenzial unter Beweis.

Deejay Dallas war wie schon in den beiden Jahren zuvor der Rotations-RB, steigerte seine Zahlen im Vergleich zur Vorsaison aber leicht und kam letztlich auf 186 Rushing Yards und 5,3 im Schnitt – dieses Jahr aber gänzlich ohne Touchdown. Als Returner kam er regelmäßiger zum Einsatz und wird dies wohl in der neuen Saison beibehalten. Travis Homer verzeichnete in der Regular Season lediglich 19 Läufe für 74 Yards und war wie Dallas im Passspiel gelegentlich ein Faktor. Tony Jones Jr., der von den Saints kam, war dagegen in dieser Saison kaum zu sehen. Ebenso wie Godwin Igwebuike, der zuvor für die Lions spielte, in Seattles Special Teams allerdings im letzten Saisondrittel als Returner glänzte.

Die Team-Bilanz für diese Spielzeit: Platz 18 der NFL in Rushing Yards pro Spiel (120,1), das allerdings bei Platz 27 in Sachen Rushing-Attempts pro Spiel. Touchdowns am Boden gelangen dem Team in der Offense insgesamt zwölf, ebenfalls Platz 27 ligaweit.

Pennys und Homers Verträge laufen aus, sie gehen als Free Agents in die Offseason. Penny wurde im vergangenen Jahr für eine Saison (5,75 Millionen Dollar) gesigned – man darf gespannt sein, wie das Offense-Backfield also in der neuen Saison aussieht. Ein Name, der übrigens mit Blick auf die Free Agency durchs Netz kursiert, ist Cleveland Browns RB Kareem Hunt. Eine mögliche Verstärkung?

Seahawks-Wide Receiver: Das Tandem und der Rest

Zu den Top-Receiver-Duos der NFL gehörten auch in dieser Saison Tyler Lockett und DK Metcalf. Lockett knackte im vierten Jahr in Folge die 1.000-Yard-Schallmauer, Metcalf zum zweiten Mal in seiner Karriere. Während die Touchdown-Produktion bei Lockett von acht in der Vorsaison auf neun angestiegen ist, fing DK den Ball nur sechsmal in der Endzone und damit halb so oft wie im Jahr davor. Die bessere Catch-Quote in dieser Offense hatte Lockett, beide zusammen verursachten drei Fumbles, die allesamt verloren gingen. Alles in allem eine beruhigende Situation für die Seahawks, mit der Gewissheit, dass beide auch ohne Russell Wilson können, noch bis 2026 Vertrag haben und zuverlässig produzieren. Gerade Lockett ist die Konstanz in Person und bekommt wohl weiter viel zu wenig Wertschätzung in der Liga.

Übrigens: Nur fünf Duos fingen in dieser Saison mehr Yards. Das waren Hill/Waddle von den Dolphins, Brown/Smith von den Eagles, Diggs/Davis von den Bills sowie Evans/Godwin von den Buccaneers. Und die Chiefs mit JuJu Smith-Schuster und Tight End Travis Kelce, wenn man auch andere Positionen einbeziehen möchte. Allerdings: Nirgends sind die Yards so gut verteilt wie bei Lockett (1.033) und Metcalf (1.048). Der lieferte sich übrigens wieder einmal hitzige Duelle mit gegnerischen Cornerbacks, allen voran Jalen Ramsey, bevor Metcalf im Wildcard-Game gegen die 49ers mit 136 Yards und zwei Touchdowns sein wohl bestes Saisonspiel hatte. Zwei Scores in einem Spiel gelangen Metcalf in der Regular Season 2022 gar nicht, Lockett immerhin einmal. Und auch in Sachen 100-Yard-Spiele waren beide gleichauf: Dreimal fingen beide jeweils dreistellig – Metcalfs Playoff-Spiel eingerechnet. DK führt ebenfalls das interne Ranking der gespielten Snaps unter den Skill-Positions mit 895 an, Lockett kommt auf 827, musste aber ein Spiel aufgrund einer Fingerverletzung aussetzen.

Alle anderen nominellen WRs kommen zusammengerechnet auf 552 Yards. Davon gingen 387 auf die Kappe von Marquise Goodwin, der auch vier TDs erzielen konnte, ehe er sich an Weihnachten gegen die Chiefs verletzte. Dee Eskridge war in seinem zweiten Jahr in der NFL weniger zu sehen als im ersten und verbuchte sieben Catches, Laquon Treadwell nur sechs, Penny Hart drei sowie Rookie Dareke Young und Cade Johnson je zwei. Johnson war dafür noch im Wildcard-Spiel präsent, fing drei Bälle für 39 Yards und war zweitbester Receiver bei der Niederlage gegen die 49ers.

Free Agents werden nun Penny Hart, Cody Thompson und Marquise Goodwin, auch in dieser Positionsgruppe könnte also etwas Bewegung hereinkommen, andere attraktive Free Agent-WRs wären Allen Lazard (Packers) oder DJ Chark (Lions).

Tight Ends: Jeder scort, keiner sticht heraus

Auf über 1.000 Receiving Yards gemeinsam kommen auch die vier Tight Ends der Seahawks, die in der Offense in dieser Saison eingesetzt wurden: Im Wilson-Trade von den Broncos kam Noah Fant, während Gerald Everett zu den Rams wechselte. Fants Connection mit Geno Smith war zunächst noch nicht so wie gewünscht. Im Oktober nahm er dann erstmals Fahrt auf, ab November fing er mehr und mehr Bälle und kommt am Ende auf 486 Yards und vier TDs – eine etwas geringere Produktion als in Denver, aber es gab ja noch andere.

349 Yards (Career-High) und drei TDs beispielsweise hat Will Dissly vorzuweisen, der in der ersten Saisonhälfte mehr Anspiele bekam und sich dann ebenfalls an Weihnachten gegen die Chiefs verletzte. Das dritte Mal in fünf Jahren beendete er eine Saison auf der IR-Liste. Colby Parkinson startete in der Saison 2022 erstmals richtig durch, brachte 322 Yards zustande und fing seine ersten beiden Touchdowns in der NFL. Besonders in den ersten und den letzten drei Spielen der Regular Season trat er in der Offense auf den Plan. Tyler Mabry ist der vierte im Bunde, der seine bisherige Karriere im Practice Squad verbrachte. Er fing lediglich einen Ball am vorletzten Spieltag gegen die Jets – dafür aber gleich auch seinen ersten Touchdown.

Solide Tight Ends gibt es einige in der Liga und auch auf dem Seahawks-Roster. Ein Kelce oder Kittle ist allerdings nicht dabei – wollen die Seahawks reagieren, wären Mike Gesicki (Dolphins) oder Dalton Schultz (Cowboys) in der Offseason attraktive Free Agents.

Seahawks-Offensive Line: Richtige Richtung erkennbar

Das ist eine Story: Zur Geschichte des zweitjüngsten NFL-Teams des Jahres 2022 aus Seattle in dieser Saison gehörte auch die O-Line mit ihren Rookies: RT Abraham Lucas spielte 1.042 Snaps, LT Charles Cross sogar 1.167 und war damit Nummer zwei aller Spieler hinter CB Tariq Woolen (1.252). Cross war der neunte Pick im Draft (Mississippi State) und Lucas als „Hometown-Boy“ aus Washington State-Drittrundenpick. Beide waren integrer Teil der Offense und gehörten laut der Pass Block-Win Rate von ESPN zur oberen Hälfte aller Starting Tackles.

Hinzu kommt Konstanz auf der Guard-Position: Rechts Gabe Jackson mit 700 Snaps und links Damien Lewis mit 1.075. Lewis steht in Sachen Run Block-Win Rate von ESPN auf Platz vier aller Guards mit 76 Prozent gewonnenen Duellen. Center Austin Blythe spielte 1.044 Snaps und trug ebenfalls seinen Teil zum Erfolg bei, war im Vergleich aber noch vor Jackson wohl der wackeligste Teil dieser Unit in der Offense. In der von ESPN errechneten Pass Block-Win Rate steht die O-Line der Seattle Seahawks zum Saisonende auf Platz acht mit 63 Prozent.

Die Zahlen der Seahawks-Offense 2022:

Passing: 251,9 (10.) Vorsaison: 23.
Rushing: 120,1 (18.) Vorsaison: 11.
Overall: 351,5 (13.) Vorsaison: 20.
Scoring: 23,9 (9.) Vorsaison: 16.

Eine Saison, die die 12s so von ihrem Lieblingsthema aus Seattle nicht erwartet hatten – Der Kommentar der German Sea Hawkers zum Jahr 2022 der Seahawks.